Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
Vom Netzwerk:
Aussprache des Russen hat etwas Metallisches, aber er spricht grammatisch perfekt. »Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt …«
    Die Typen sind höflich. Nur deshalb verlieren sie noch ein paar Worte, bevor sie verschwinden. Aber die Sache ist verloren, und alle acht Personen im Raum wissen es. Fernando lässt sich auf seinen Stuhl fallen und reibt sich das Gesicht, als könnte er sich so aus diesem Albtraum befreien.
    »Genau, halt dir schön die Hände vors Gesicht und schäm dich«, sagt irgendwo im Hintergrund der Vater.
    Dann hört Fernando Schritte, die um den Tisch herum und an ihm vorbeigehen. Als er die Hände vom Gesicht nimmt, sieht er, dass die Ukrainer, der Dolmetscher und die Pittilangas weg sind. In dem Raum sind nur noch sie drei. Auf dem Tisch verstreut die Verträge.
    Fernando tritt ans Fenster und sieht nach draußen. Ruso steht ebenfalls auf, aber er geht zur Ecke, in der das Hotelpersonal einen Tisch mit Kaffee, Getränken und Gebäck vorbereitet hat. Er fragt die anderen, ob sie auch etwas wollen, aber sie sind zu sehr in Gedanken versunken, um ihm zu antworten. Er selbst schenkt sich eine große Tasse Kaffee ein und häuft Gebäck auf einen Teller: Diesen kostenlosen Service wird er sich doch nicht entgehen lassen. Als er sich wieder zum Konferenztisch umdreht, klingelt Mauricios Telefon.
    »Hallo?« Der Anrufer schreit fast. »Ja. Ein Termin, Humberto. Doch, doch, alles in Ordnung. Bin schon unterwegs.«
    Mauricio klingt fröhlich, energisch, sympathisch, also vermutet Ruso, dass er mit seinem Chef spricht.
    »Bestimmt. Wenn Sie Zeit gewinnen wollen, sagen Sie Soledad Bescheid, aber ich sehe da kein Problem. Natürlich. Wie? Ha, ha! Sicher, Doktor. Wiederhören.«
    Er legt auf, klappt das Handy zu und legt es auf den Tisch.
    »Toll, wie schnell du dich berappeln kannst«, sagt Fernando, der nach wie vor nach draußen starrt, auf die andere Straßenseite.
    »Was?«
    Fernando wartet kurz, bevor er fortfährt. »Vor fünf Minuten sind zwei Jahre Arbeit im Orkus verschwunden, und du plapperst fröhlich mit deinem Chef, als wäre nichts passiert. Toll.«
    Unter anderen Umständen hätte Ruso beruhigend eingegriffen. Einen Witz gemacht. Eine blöde Frage gestellt. Aber er hat keine Lust. Auch er hat die Schnauze voll. Darf er nicht auch mal die Schnauze voll haben?
    Mauricio lächelt schwach. »Brauchst du jemanden, mit dem du dich anlegen kannst, Fer? Bitte, nur zu.«
    »Mich mit dir anlegen? Überhaupt nicht. Ich freu mich für dich. Beneide dich. So eine verflucht gute Regenerationsfähigkeit hätte ich auch gern.«
    »Was soll ich deiner Meinung nach tun? Meinem Chef mein Herz ausschütten?«
    Diesmal ist Fernando an der Reihe, schwach zu lächeln. »Herz? Ich wusste gar nicht, dass Anwälte ein Herz haben.«
    »Leck mich am Arsch.«
    »Leck dich selber. Und erzähl mir nicht, dass sich da drin bei dir was regt. Das glaubt dir sowieso keiner.«
    »War ja nicht anders zu erwarten. Der heilige Fernando der Vorstädte ist wieder da.«
    »Der Depp der Nation, meinst du wohl.«
    Mauricio schüttelt den Kopf und wendet sich an Ruso. »Wenn du noch was zu sagen hast, dann sag es jetzt. Gleich wird er nämlich zu seinem berühmten Opfermonolog ansetzen, und dann kommst du nicht mehr zu Wort.«
    Ruso denkt gar nicht daran, etwas zu sagen. Aber wenn er etwas sagen müsste, würde er für Mauricio Partei ergreifen. Fernando übertreibt es mit seiner Wut. In ihr steckt zu viel alter Groll, der hier nicht hingehört.
    »Soll ich dir allen Ernstes glauben, dass es in dir drin anders aussieht? Dass es dir nicht scheißegal ist?«, setzt Fernando nach.
    »Glaub, was du willst. Ist mir wurscht«, erwidert Mauricio.
    Ruso stellt seine halb ausgetrunkene Tasse ab. Lässt auch das restliche Gebäck auf dem Teller liegen. Ihm ist der Appetit vergangen. Trotzdem wird er nicht eingreifen. Sie können ihn mal. Alle beide.
    »Dich mit mir anzulegen, beruhigt das deine Nerven, Fernando?«
    »Mich mit dir anzulegen?«
    »Ja, dich mit mir anzulegen. Ich versteh nämlich nicht, was du hast. Mein Chef hat mich angerufen, und ich bin rangegangen. Geht dir das so gegen den Strich?«
    »Weißt du, Mauri, das mit dem Anruf war halb so schlimm. Aber manchmal reicht ein Indiz als Beweis aus.«
    »Beweis für was?«
    »Dass es dir scheißegal ist. Und dass du ein Speichellecker bist. Du fährst gleich ins Büro, legst deiner Stute von Sekretärin die Hand auf den Arsch und trinkst einen Kaffee mit deinem Wichser von Chef, diesem

Weitere Kostenlose Bücher