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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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War einer von den zwanzig Jungs damals.« Er bewegt den Kopf hin und her, als wäre ihm das Hemd am Hals zu eng. »Einer von zwanzig aus ganz Argentinien. Und als er wieder daheim war, haben diese Typen die Transferrechte gekauft.«
    »Hat Alejandro Raguzzi die Transferrechte gekauft.«
    »Ist mir scheißegal. Fakt ist, dass ihr drei sie jetzt habt und ihn verscherbeln wollt.«
    »Verscherbeln? Verscherbeln??« Fernando spürt, wie er an seine Grenzen kommt. Ruso versucht, ihn am Arm zu packen, aber er reißt sich los.
    »Genau: verscherbeln, du Arschgeige«, erwidert Pittilanga senior. »Du hältst mich wohl für einen Vollidioten? Der nicht weiß, wie viel ein Spieler heutzutage wert ist? Nur weil ich nicht studiert habe, lasse ich mich noch lange nicht verscheißern!«
    Bleich, aber mit ruhiger Stimme wendet Fernando sich an den Dolmetscher: »Bitte sagen Sie den Herren, dass ich mich für diesen Vorfall entschuldige. Für diesen Irrsinn.«
    »Irrsinn? Ich zeig dir gleich, was Irrsinn ist, du Abzocker!«, brüllt Pittilanga senior und schlägt mit beiden Händen auf den Tisch. Die Ukrainer stehen auf. Nur Mauricio und Mario Pittilanga sitzen noch. »Und was soll überhaupt dieser Schwachsinn, ihn als Verteidiger spielen zu lassen? He? Was soll der Scheiß?«
    Diesmal übersetzt der Dolmetscher, was in den Gesichtern der Urkainer sofort Wirkung zeigt. Obwohl er völlig außer sich ist, bemerkt Pittilanga senior, dass er einen wunden Punkt getroffen hat, und nimmt es als Ansporn, endgültig zum Angriff zu blasen.
    »Das haben Ihnen diese Scheißkerle nicht erzählt, stimmt’s«, wendet er sich direkt an die Vertreter aus Dnipropetrowsk. »Nein. Natürlich nicht. Da haben sie lieber schön die Klappe gehalten. Mein Junge ist nämlich Stürmer. Ich …« Er hält inne, als fehlten ihm zum ersten Mal die Worte. »Ich hab ihn selbst ausgebildet. Zum Stürmer. Mittelstürmer. Von klein auf. Von klein auf hab ich ihn ausgebildet. Und jetzt kommen diese Arschlöcher an und reden ihm allen möglichen Schwachsinn ein!«
    »Ich fürchte, dass wir unter diesen Bedingungen –«, sagt Mauricio emotionslos.
    »Die Bedingungen könnt ihr euch in den Arsch schieben!«
    Pittilanga senior will sich auf sie stürzen. Er wirft den Stuhl um, schiebt den Tisch beiseite. Fernando bereitet sich auf die Attacke vor. Wenn schon, denn schon. Wenn er schon eine in die Fresse kriegen soll, will er wenigstens auch selber austeilen. Aber es kommt nicht so weit, weil Pittilanga junior aus seiner Starre erwacht, aufspringt und sich seinem Vater in den Weg stellt. Er legt ihm die flache Hand auf die Brust, als müsste er einen Zug stoppen oder eine einstürzende Wand abstützen. Und der Vater lässt es mit sich machen, obwohl er nach wie vor brüllt, immer wütender brüllt.
    »Wie ihr diesen Schwindel aufzieht, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ihr die große Kohle abzocken wollt!«
    »Große Kohle? Hast du sie noch alle, du Vorstadtneger?«
    Es ist das erste Mal, dass Fernando jemanden mit diesem Wort beschimpft. Kaum hat er es gesagt, bereut er es, fühlt sich schuldig, macht sich Vorwürfe. Erneute Attacke von Pittilanga senior, erneutes energisches Eingreifen von Pittilanga junior, der immer noch keinen Ton gesagt hat.
    »Wir versuchen, dem Jungen eine Zukunft zu ermöglichen!«, sagt Fernando so schnell, dass er fast über seine eigenen Worte stolpert. Hauptsache, es erlöst ihn aus dieser Situation, Hauptsache, es übertüncht, was er gerade von sich gegeben hat. »Hast du vergessen, wo er gespielt hat, bevor wir ihn unter unsere Fittiche genommen haben?«
    »Das war nur vorübergehend.«
    »Noch ein paar Monate, dann ist das Leihgeschäft beendet! Dann ist er frei. Vogelfrei!«
    »Eierfrei!«
    »Eierfrei und allesfrei! Oder glaubst du wirklich, Platense will ihn wiederhaben?«
    »Wenn nicht Platense, dann eben ein anderer Club!«
    »Jemanden in seinem Alter? So einen …« Fernando kann sich gerade noch rechtzeitig bremsen. Beinahe hätte er » So einen Rumpelfüßler « gesagt.
    Wieder Schweigen. Der Dolmetscher klingt jetzt nervös. Die Ukrainer beschränken sich nicht mehr nur aufs Zuhören, sie fragen auch nach. Und treffen Entscheidungen. Fernando hätte heulen können, denn er weiß, wie diese Entscheidungen aussehen. Innerhalb von fünfzehn Minuten ist alles den Bach runtergegangen.
    »Dr. Guzmán«, sagt der Dolmetscher schließlich an Mauricio gerichtet. »Unter diesen Umständen scheint es uns nicht möglich …« Die

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