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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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plötzlich an die Schule in Moreno denken, an der er Spanisch unterrichtet. Die zerbrochenen Fensterscheiben, die kaputten Lampen, die wackligen Tische. Scheißland, sagt er sich, wie immer in solchen Fällen. Seine Empörung ist nicht vollkommen berechtigt, aber er braucht sie, um seine Nerven zu beruhigen. Wie einen Sandsack, auf den man eindreschen kann.
    Mauricio betritt den Versammlungsraum, die anderen folgen ihm. Fernando zählt schnell durch: sieben Leute. Hinter ihm murmelt Ruso: »Zumindest haben sie ihre Maschinengewehre nicht gezückt.«
    Er muss grinsen. Seit einer Woche witzelt Ruso, dass diese Typen in Wahrheit von der russischen Mafia sind und nur ihr Geld waschen wollen. Und dass sie ihre Killer losschicken werden, um sie abzuknallen, sobald sie merken, dass Pittilanga ein Rumpelfüßler ist. Unmerklich wendet Fernando sich ihm zu und murmelt leise: »Die benutzen keine Maschinengewehre, Ruso. Die erwürgen einen mit einem Stück Draht.«
    Mauricio schüttelt bereits Hände. Es sind drei Ukrainer. Oder vier, wenn man den Vermittler Karmasov mitzählt, der in Buenos Aires wohnt. Oder ist er Russe? Fernando glaubt sich zu erinnern, dass Mauricio gesagt hat, er sei Russe. Karmasov stellt alle einander vor, dolmetscht.
    Mario Pittilanga steht ein bisschen weiter hinten, neben einem Mann, der so groß und so dunkelhäutig ist wie er selbst, aber wesentlich dicker und um die fünfzig. Der Junge stellt ihn vor: sein Vater. Überrascht ergreift Fernando die weiche Hand, die ihm Pittilangas Vater ohne zu lächeln entgegenstreckt. Logisch, dass er hier ist, denkt Fernando, aber es fällt ihm schwer, ihn in die Szene zu integrieren, die er sich seit zwei Wochen in seinen schlaflosen Nächten ausmalt. Pittilanga senior und junior sind die beiden Einzigen, die keine Krawatte anhaben. Der Sohn trägt Sportklamotten mit dem Emblem von Atlético Mitre, der Vater ein langes Hemd, dessen oberster Knopf gelöst ist. Unten hat er es in die Jeans gesteckt, die ihm viel zu eng ist, so dass sein Bauch noch dicker wirkt, als er sowieso schon ist.
    Sie setzen sich. Auf der einen Seite des rechteckigen Tischs die Ukrainer aus Dnipropetrowsk, auf der anderen Seite sie drei. An einem Kopfende Pittilanga und sein Vater, am anderen der Vermittler und Dolmetscher. Nachdem alle es sich bequem gemacht haben, herrscht kurz Stille. Dann ergreift Mauricio das Wort.
    »Gut. Zunächst möchte ich Ihnen danken, dass Sie den weiten Weg hierher auf sich genommen haben, um dieses Geschäft zu einem guten Abschluss zu bringen. Und dafür, dass Sie so viel Vertrauen in Mario setzen, dem wir das Allerbeste für diese neue Etappe seiner Karriere wünschen.«
    Karmasov beugt sich vor und dolmetscht. Die Ukrainer sind ganz Ohr, sehen Mauricio an und nicken von Zeit zu Zeit. Ruso macht Fernando ein Zeichen und beugt sich hinter Mauricios Rücken zu ihm. Fernando neigt sich ihm entgegen.
    »Merkst du, wie die Russen reden?«, flüstert Ruso mit einem schelmischen Grinsen.
    »Was?«
    »Erinnert mich an diese Comedyserie aus Uruguay, Hupumorpo ?«
    Fernando ist kurz baff. Ruso ist wirklich ein Kind. Ein Quatschkopf mit der Konzentrationsfähigkeit eines Einzellers. Sie führen hier Verhandlungen über dreihunderttausend Dollar, für die sie sich fast zwei Jahre den Arsch aufgerissen haben, und er hat nichts Besseres zu tun, als ihn an eine Comedyserie aus den Siebzigern zu erinnern?
    »Wie hießen die noch gleich?«, fragt Ruso.
    »Wer?«, fragt Fernando zurück, bereut es aber sofort. Was sollen die Ukrainer von ihnen denken, wenn sie die ganze Zeit hinter dem Rücken ihres Chefunterhändlers tuscheln?
    »Die beiden Komiker aus Uruguay, Mann. Die haben mal einen Sketch gespielt, in dem sie sich als Russen ausgaben, als KGB -Agenten, dabei haben sie nur Unsinn gequasselt. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    Doch, tut er. Aber er sagt es nicht, um Ruso nicht auch noch zu ermuntern. Vielleicht hört er dann ja von selbst auf zu nerven.
    »Einer hieß Espalter. Und der andere?«
    Tja, war wohl eitle Illusion.
    »Lass gut sein, Ruso.«
    »Sag. Espalter und …«
    Fernando überlegt, welche Alternativen er hat. Wenn er antwortet, gibt Ruso vielleicht Ruhe. Wenn er nicht antwortet, nervt er garantiert weiter.
    »Almada.«
    »Almada!«, wiederholt Ruso und nickt zufrieden.
    Fernando richtet sich auf in der Hoffnung, dass Ruso es ihm nachtun wird. Mauricio hat eine Mappe aufgeschlagen und verteilt Exemplare der Verträge, die er vorbereitet hat. Jemand klopft

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