Vier Morde und ein Hochzeitsfest
was ich unternommen hätte, um Onkel Fred zu finden.
Walter und Jean hatten ihren Laden The One-Stop getauft. Gegenüber befand sich ein Supermarkt, der vierundzwanzig Stunden geöffnet hatte, und die beiden wären längst aus ihrem Geschäft verdrängt, wenn die Kunden nicht in einem Aufwasch ein Brot hätten kaufen, ihrer Spielleidenschaft hätten nachgehen und zwanzig Dollar auf einen Klepper im Rennen auf der Bahn in Freehold hätten setzen können.
Walter saß zeitungslesend an der Kasse, als ich das Geschäft betrat. Es war früher Nachmittag und der Laden war leer. Walter legte die Zeitung beiseite und stand auf. »Hast du ihn gefunden?«
»Nein. Tut mir Leid.«
Er holte tief Luft. »Mein Gott. Ich dachte schon, du wärst gekommen, um mir mitzuteilen, dass er tot ist.«
»Glaubst du, dass er tot ist?«
»Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll. Erst dachte ich, er wäre einfach nur weggegangen. Hätte einen Schlaganfall bekommen oder so. Aber jetzt weiß ich gar nichts mehr. Es ergibt alles keinen Sinn.«
»Hast du auch davon gehört, dass Fred Arger mit dem Müllabfuhrunternehmen gehabt haben soll?«
»Dad hatte mit allen möglichen Leuten Arger«, sagte Walter.
Ich verabschiedete mich von Walter, warf den Buick an und fuhr quer durch die Stadt zu der Rouladenfabrik. Ich stellte den Wagen auf dem Besucherparkplatz ab, ging hinein und bat die Frau am Empfangstresen, Ronald Bescheid zu sagen.
Ein paar Minuten später stand Ronald vor mir. »Es geht um Dad, habe ich Recht?«, sagte er. »Nett von dir, dass du uns bei der Suche behilflich bist. Ich kann es nicht fassen, dass er noch nicht wieder aufgetaucht ist.«
»Hast du irgendeine Theorie, was mit ihm passiert sein könnte?«
»Keine, die ich laut äußern möchte.«
»Die Frauen in seinem Leben?«
Ronald schüttelte den Kopf. »Er war eine Nervensäge. Gemein und hinterhältig. Konnte seinen Piepmatz noch nie im Zaum halten. Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt noch einen hochkriegt, aber läufig ist er immer noch. Mein Gott, mit zweiundsiebzig Jahren.«
»Weißt du von irgendwelchen Zwistigkeiten mit dem Müllabfuhrunternehmen?«
»Nein. Aber er hat jahrelang mit seiner Versicherung im Streit gelegen.«
3
Ich fuhr vom Parkplatz der Fleischrouladenfabrik herunter, zurück in die Stadt. Es war fast fünf Uhr, und die Verwaltungsangestellten verstopften mit ihren Autos die Straßen. Wenn man sich in italienischen Handzeichen üben wollte, dann gab es an gebührenden Paragrafenreitern keinen Mangel. Das war einer der Vorteile von Trenton.
Ich legte einen kurzen Zwischenstopp in meiner Wohnung ein, um letzte Schönheitskorrekturen an mir vorzunehmen. Ich trug noch etwas Wimperntusche auf, richtete mein Haar und raste los.
Morelli saß an der Bar, als ich Pinos Restaurant betrat. Er hatte mir den Rücken zugewandt, die Ellbogen auf den Tresen aufgestützt, den Kopf über das Bierglas gebeugt und war in Gedanken versunken. Er trug Jeans, Joggingschuhe und ein grünkariertes, offenes Baumwollhemd über einem Gold’s Gym-T-Shirt. Eine Frau am anderen Ende des Raums beobachtete ihn in dem Spiegel hinter der Bar. Das kam jetzt häufiger vor. Frauen beobachteten ihn und dachten sich ihren Teil. Als Morelli noch jünger war und seine Gesichtszüge weicher, war es nicht beim Beobachten geblieben. Alle Mütter hatten ihre Töchter vor Joe Morelli gewarnt, und alle Töchter hatten die Warnung in den Wind geschrieben. Heute waren Morellis Gesichtszüge kantiger. Sein Blick war nicht mehr so verlockend für Fremde, Frauen eingeschlossen. Deswegen beobachteten die Frauen ihn nur noch und dachten, wie es wohl mit ihm zusammen sein würde.
Ich wusste natürlich, wie es mit Morelli gewesen war. Morelli war der reinste Zauberkünstler im Bett.
Ich ließ mich auf dem Hocker neben ihm nieder und bestellte mit einem Handzeichen beim Kellner ein Bier.
Morelli musterte mich mit einem anerkennenden Blick. »Kostüm und Stöckelschuhe«, sagte er. »Das heißt, du warst entweder bei einer Totenwache oder bei einem Vorstellungsgespräch für einen neuen Job, oder du hast versucht, einer netten alten Dame einige Auskünfte zu entlocken, die sie dir eigentlich nicht hätte geben dürfen.«
»Letzteres.«
»Soll ich raten? Es hat mit Onkel Fred zu tun.«
»Bingo.«
»Hast du etwas herausgefunden?«
»Schwer zu sagen. Wusstest du, dass Fred ein kleiner Schwerenöter gewesen ist? Er hatte eine Freundin.«
Morelli grinste. »Fred Shutz? Das kann einem Mut
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