Vier Morde und ein Hochzeitsfest
ihm nachgefahren und hat ihn gezwungen in seinen Wagen einzusteigen.«
»Es gab keine Anzeichen eines Kampfes.«
»Das heißt nicht, dass keiner stattgefunden hat.«
Ich ließ das erst mal sacken, während ich meine Pizza aß. Ich hatte den gleichen Gedanken auch schon gehabt, und er gefiel mir nicht.
Ich erzählte Morelli von meiner Unterredung mit Winnie Black.
»Weiß sie etwas von den Bildern?«
»Nein.«
»Noch etwas«, sagte Morelli. »Es gibt was Neues über Benito Ramirez.«
Ich schaute von meinem Pizzateller auf. Benito Ramirez war ein professioneller Schwergewichtsboxer aus Trenton. Er bestrafte gerne andere Menschen, beschränkte die Strafen aber nicht auf den Boxring. Er schlug mit Vorliebe Frauen zusammen. Er hatte es gerne, wenn sie um Gnade flehten und er sie auf ganz widerwärtige Weise quälen konnte. Mir war bekannt, dass einige dieser Quälereien ein tödliches Ende gefunden hatten, aber es gab trotzdem immer wieder Leute, die die schlimmsten Verbrechen von Ramirez verharmlost hatten. Ramirez hatte eine Rolle in meinem allerersten Fall als Kopfgeldjäger gespielt, und ich hatte dazu beigetragen, dass er hinter Gitter kam. Für Lula war seine Verhaftung allerdings zu spät gekommen. Ramirez hätte sie beinahe umgebracht. Er hatte sie vergewaltigt und geschlagen und an den intimsten Stellen mit einem Messer verletzt. Danach hatte er sie nackt auf meiner Feuerleiter liegen lassen, damit ich den blutüberströmten Körper finden sollte.
»Was ist mir Ramirez?«, fragte ich Morelli.
»Er ist wieder draußen.«
»Draußen?«
»Aus dem Gefängnis.«
»Was? Er ist aus dem Gefängnis entlassen? Er hätte Lula beinahe umgebracht. Und er war noch an einigen anderen Morden beteiligt. Ganz zu schweigen davon, dass er mir aufgelauert und mich terrorisiert hat.«
»Er ist auf Bewährung raus, muss gemeinnützige Arbeit verrichten und wird psychologisch betreut.« Morelli unterbrach sich, um noch ein Stück Pizza abzureißen. »Er hatte einen sehr guten Anwalt.«
Morelli hatte das sehr nüchtern festgestellt, aber ich wusste, dass er sich Sorgen machte. Er hatte seine Polizistenmiene aufgesetzt. Die Miene, die alle Emotionen ausschloss. Die mit dem kalten Blick, der sich nichts vergab.
Ich widmete mich verstärkt dem Essen, als würde mich diese Neuigkeit nichts angehen. In Wahrheit machte sich Übelkeit in meinem Magen breit. »Seit wann ist er draußen?«, fragte ich Morelli.
»Seit gestern.«
»Und hält er sich in der Stadt auf?«
»Wie immer. Trainiert in dem Studio in der Stark Street.«
Ein großer Mann, hatte Mrs. Bestier gesagt, Afroamerikaner. Höflich. Schlich in der Eingangshalle meines Hauses herum. Scheiße, das konnte Ramirez gewesen sein.
»Ich möchte, dass du mir Bescheid gibst, wenn du auch nur den Verdacht hast, er könnte sich in deiner Nähe aufhalten.«
Ich hatte gerade einen großen Bissen in den Mund gesteckt, aber ich bekam ihn kaum hinunter. »Klar.«
Wir aßen die Pizza auf und tranken gemächlich unseren Kaffee.
»Vielleicht ist es besser, wenn du heute Abend bei mir schläfst«, sagte Morelli. »Für den Fall, dass Ramirez auf die Idee kommt, dich aufzusuchen.«
Morelli hatte anderes im Sinn als nur mein Wohlergehen. Es war ein verlockendes Angebot. Aber die Schiene kannte ich bereits und sie führte zu nichts. »Ich kann nicht«, sagte ich. »Ich muss heute Abend arbeiten.«
»Ich dachte, die Geschäfte liefen gerade nicht so gut.«
»Es hat nichts mit Vinnie zu tun. Ich arbeite für Ranger.«
Morelli verzog leicht das Gesicht. »Da traue ich mich gar nicht nachzufragen.«
»Nichts Illegales. Ein Job beim Sicherheitsdienst.«
»Wie üblich«, sagte Morelli. »Ranger kümmert sich um die Sicherheit von allen möglichen Dingen. Ranger sorgt auch für die Sicherheit von Bananenrepubliken.«
»Es hat nichts mit Waffenlieferungen zu tun. Das hier ist legal. Wir bewachen den Eingang von einem Mietshaus in der Sloane Street.«
»Sloane Street? Bist du verrückt? Die Sloane grenzt an eine ganz gefährliche Gegend.«
»Deswegen soll das Haus ja auch bewacht werden.«
»Toll. Ranger soll jemand anderen dafür engagieren. Eins kann ich dir sagen: Nachts einen Parkplatz in der Sloane Street zu suchen, ist kein Zuckerschlecken.«
»Ich brauche keinen Parkplatz zu suchen. Tank holt mich ab.«
»Du arbeitest zusammen mit einem Mann, der Tank heißt?«
»Er ist riesig.«
»Meine Güte«, sagte Morelli. »Musste ich mich unbedingt in eine Frau verlieben, die mit
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