Vier Morde und ein Hochzeitsfest
entlangging, spielte sich das Leben in den Küchen ab. Lichter brannten, der Kaffee kochte, Müslischüsseln wurden ausgeteilt. Es war Samstag, aber Trenton schlief nicht aus. Die Kinder mussten zum Football oder zum Tennisunterricht gebracht werden, die Wäsche musste in die Reinigung geschafft, Autos mussten gewaschen werden. Dann stand ein Besuch auf dem Markt an… frisches Gemüse, Eier, Brot, Würstchen.
Die Sonne schien nur schwach am trüben Himmel, und in den schweißnassen Klamotten fühlte sich die Luft eisig an. Es waren noch drei Querstraßen bis zu meiner Wohnung, und ich fing an, meinen Tag zu planen. Das Gelände um die Ladenzeile abgrasen, das Foto von Onkel Fred herumzeigen. Rechtzeitig nach Hause fahren und mich in das kleine Schwarze zwängen. Und die ganze Zeit über nach Bunchy Ausschau halten.
Ich hörte, wie sich ein Jogger von hinten näherte. Ranger, dachte ich, und tat unbekümmert, um mir nicht einen Wettlauf nach Hause aufdrängen zu lassen.
»Hallo, Stephanie«, sagte der Jogger.
Mir versagten die Beine. Der Jogger war Ramirez. Er trug einen Trainingsanzug und Laufschuhe, aber er schwitzte nicht, er war auch nicht aus der Puste. Er lachte, tänzelte auf den Zehenspitzen um mich herum, boxte abwechselnd in die Luft und trat auf der Stelle.
»Was wollen Sie?«, fragte ich ihn.
»Der Champ will dein Freund sein. Der Champ kann dir viel beibringen. Er kann dich hinführen, wo du noch nie gewesen bist.«
Ich war hin- und hergerissen. Einerseits wünschte ich mir, dass Ranger auftauchte und mich rettete, andererseits wollte ich auf gar keinen Fall, dass er Ramirez sah. Rangers Lösung des Problems mit meinem Verfolger hätte vermutlich einen Toten zur Folge gehabt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ranger regelmäßig Menschen umlegte, war relativ hoch. Natürlich brachte er nur die Bösen um, ich konnte mir also keine Kritik anmaßen. Trotzdem wollte ich nicht, dass er jemanden für mich tötete. Nicht mal, wenn es sich um Ramirez handelte. Obwohl, wenn Ramirez im Schlaf gestorben oder zufällig von einem Lastwagen überfahren worden wäre, hätte es mich auch nicht allzu sehr gestört.
»Sie werden mich nirgendwohin führen«, sagte ich. »Und wenn Sie mich weiter belästigen, werde ich etwas dagegen unternehmen, damit das endlich aufhört.«
»Es ist dein Schicksal, mit dem Champ zu gehen«, sagte Ramirez. »Du kannst ihm nicht entkommen. Deine Freundin Lula ist auch mit mir gegangen. Frag sie, ob es ihr gefallen hat, Stephanie. Frag Lula, wie es ist, mit dem Champ zusammen zu sein.«
Ich sah Lula vor meinem geistigen Auge, wie sie nackt und blutüberströmt auf meiner Feuertreppe lag. Gut, dass ich schon abgekotzt hatte, denn wenn ich jetzt noch etwas im Magen gehabt hätte, wäre es mir hochgekommen.
Ich schlenderte einfach weiter, ließ ihn stehen, wo er war. Mit einem Verrückten diskutierte man nicht. Er trabte noch einen halben Häuserblock weit hinter mir her, dann lachte er leise und rief Auf Wiedersehen, dann war er verschwunden und joggte Richtung Hamilton.
Ranger holte mich erst ein, als ich den Parkplatz vor meinem Haus bereits erreicht hatte. Seine Haut glänzte vor Schweiß, und seine Atmung ging schwer. Er war lange und schnell gelaufen,, und er sah aus, als hätte es ihm Spaß gemacht.
»Alles in Ordnung?«, fragte er. »Du bist kreidebleich im Gesicht. Ich dachte, du hättest dich längst wieder erholt.«
»Du hattest wohl Recht mit dem Schinken«, sagte ich.
»Willst du es morgen noch mal probieren?«
»Ich glaube nicht, dass ich für ein gesundes Leben geschaffen bin.«
»Suchst du immer noch Arbeit?«
Ich knackte im Geiste meine Finger. Ich brauchte Geld, aber Rangers Jobs nahmen nie ein gutes Ende. »Was ist es diesmal?« Ranger schloss die Wagentür auf, beugte sich ins Wageninnere und holte einen großen braunen Umschlag hervor. »Ich hätte dir einen NVGler zu bieten, der sich irgendwo in Trenton herumtreibt und mit einer hohen Kaution belastet ist. Einer von meinen Leuten überwacht das Haus seiner Freundin, ein anderer seine Wohnung. Die Mutter von dem Kerl wohnt in Burg. Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, noch einen Mitarbeiter rund um die Uhr vor ihrem Haus zu postieren. Du kennst doch viele Leute in Burg, und ich dachte, vielleicht findest du ja einen Informanten.« Er übergab mir den Umschlag. »Der Mann heißt Alphonse Ruzick.«
Ich kannte die Ruzicks. Sie wohnten am anderen Ende von Burg, zwei Häuser neben Carmines Bäckerei, gegenüber der
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