Vier Tage im August
erwartet, sie sagte zunächst nur Hallo, umarmte dann aber Felix genau so stürmisch, wie er es sich gewünscht hatte. Sie lachten jetzt beide und redeten aufgeregt aufeinander und auf Geoff ein und knieten sich nieder, um den Hund vorsichtig zu streicheln. Sein Fell verfilzt und trocken. Rasiert und hellrosa waren die Stellen, wo der Arzt genäht hatte, die Naht dunkelrot.
Emily trug ein schwarzes Top, auf dem in Gold der Schriftzug YOU CAN DREAM IT – YOU CAN DO IT aufgedruckt war. Sie hatte das Top vom Ausstatter des Teams erhalten, und Gold war die Farbe, die es zu verinnerlichen galt. Felix wusste, dass die Behauptung auf dem Top nicht stimmte, zumindest für ihn nicht. Emily war kein zickiges Mädchen, sondern eine coole Frau. Sein Vorbild. Doch Felix durfte sich nicht mit der überlegenen Emily messen. Im Unterschied zu ihm stimmten bei ihr Anspruch und Leistung überein. Felix hatte noch nichts Bedeutendes geleistet.
Emily und Felix hockten nebeneinander auf dem Boden. Emily konnte den traurigen Anblick des Hundes kaum ertragen, nahm die Hand von Felix und hielt sie fest. Emily war nach der beschwerlichen Reise übermüdet, durcheinander und unterzuckert, weil sie nicht richtig gegessen hatte. Alle Knochen taten ihr weh, aber ihr Körper war Schmerz besser gewohnt als Liebkosungen. Sie war kurz davor, nochmals loszuheulen, wehrte den drohenden Weinkrampf jedoch tapfer ab.
Felix fühlte sich zu ihr hingezogen, es war hoffnungslose Liebe, das wusste er genau, aber er war von Emilys Nähe erregt, sie hielt seine Hand, ihre nackten Schenkel berührten seine, zum ersten Mal hatte er Hautkontakt mit einer Frau, in die er verschossen war. Er hasste es, vierzehn zu sein und bloß wie ein kleiner Bruder geliebt zu werden. Emily war schon im wirklichen Leben angekommen, während er noch immer auf einem Nebenschauplatz wartete. Er wollte das ändern. Schleunigst. Das Blut drängte ihm in den Kopf. Doch nicht nur dorthin. Er befürchtete und wünschte, dass sie es merkte. Was ihm peinlich wäre. Was aber auch eine Chance sein könnte. Es käme darauf an. Leider verschwendete sie keine Gedanken an ihre elektrisierende Wirkung auf ihn.
Geoff macht sich, sagte er.
Er ist ein Kämpfer, lobte Emily.
Ja, bald sucht er wieder Trüffel.
Oder seinen Peiniger, erklärte Emily.
Genau, die Polizei hat ja dafür keine Zeit.
Weil kein Mensch zu Schaden gekommen ist.
Sie schwiegen eine Weile. Felix bemühte sich, seine Erregung zu vertuschen und winkelte die Beine an. Emily nahm den Gedanken auf, dass Geoff das Bild des gewissenlosen Typen vielleicht gespeichert, vielmehr, dass Geoff dessen Geruch im Gedächtnis behalten hatte und diesen Schinder wiedererkannte, falls…
Ja, genau: Was weiß der Hund, fragte Emily etwas überdreht, als hole sie nur aus, um Felix von Hamburg zu berichten. Es war einfach nur grässlich, alles, was geschehen war, entsetzlich.
Felix erkühnte sich, seinen Arm um ihre Schultern zu schmiegen, hielt Emily fest und versuchte, sie zu besänftigen. Geflüster. Geoff röchelte, seine Flanke zuckte, ein träumender Hund. Mit Borem fing sie an. Er verfolgte sie unentwegt. Emily zeigte Felix die letzte SMS auf dem Handy, wütend.
Ihre Enttäuschung brach nochmals auf.
Borem ist mir nachgereist, du glaubst es nicht, sagte sie zu Felix, er ist tatsächlich nach Hamburg geflogen. Plötzlich stand er vor mir, in der Lobby des Hotels, grinste und bildete sich ein, er dürfe mit mir aufs Zimmer. Die beiden Mädchen, mit denen ich das Zimmer teilte, schüttelten den Kopf und lachten verlegen, die Trainerin stellte mich zur Rede. Ich schickte ihn weg.
Doch Borem nahm sie nicht ernst, in der Schwimmhalle fragte er nach ihr, wartete vor der Garderobe, klopfte an die Tür, bis sie herauskam.
Es ist aus, schrie Emily ihn an, verschwinde.
Jetzt war er eingeschnappt.
Emily schlug die Tür zu, am liebsten hätte sie den Schlüssel umgedreht. Sie hockte sich im Schneidersitz auf die Bank vor ihrem Spind, schottete sich von den anderen Mädchen ab, die alle mit ihren Vorbereitungen für den Wettkampf beschäftigt waren und sie aus den Augenwinkeln beobachteten, und malte sich aus, wie Borem durch die Menge zum Ausgang schritt. Leider schaffte sie es nicht, ihn aus der Halle und aus ihrem Kopf hinauszudirigieren, gegen ihren Willen setzte er sich auf die Tribüne. Sie drückte die Fingernägel in ihre Handballen, verbot es sich, an ihn zu denken, sie musste ihn loswerden, er hörte nicht auf, sie anzustarren, sie
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