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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Drecksloch übernachten und hocken permanent aufeinander. Dieser Container hier ist der einzige Rückzugsort, den ich in sieben Monaten Einsatz habe. Die einzige Privatsphäre. Und dieser Rückzugsort ist mir heilig. Und dann kommt der daher, bloß weil er nachts nicht weiß, wohin mit seiner Energie, und nimmt mir diese Privatsphäre. Ich bin bei allem Möglichen tolerant. Aber da verstehe ich keinen Spaß.
    Ich redete eindringlich und entschlossen. Ich war nicht bereit, mich auf eine Diskussion einzulassen, obwohl einige im Zug fanden, ich hätte deutlich überreagiert.
    Einer der länger gedienten Mannschaftsdienstgrade meinte dagegen: Du hast einen höheren Dienstgrad als er. Vor zehn Jahren noch wäre der Typ in so ’ner Situation windelweich geprügelt worden.
    Mü war anderer Meinung. Er schien die Sache schnell bereinigen zu wollen.
    Wenn so etwas noch einmal passiert, fliegen Sie beide nach Hause, wegtreten.
    Genauso gut hätte ich auch mit einer Wand reden können. Ich war immer noch sauer und hatte kaum bemerkt, wie blass Mü gewesen war.
    Die nächste Raumverantwortung rückte schnell näher. Der Abmarsch aus dem Feldlager war erst für fünf Uhr dreißig vorgesehen, aber jede Uhrzeit, die ein Vorgesetzter ausgab, wurde von dem nächsten Untergebenen weiter nach vorne verschoben. Vermutlich hatte jeder in der Befehlskette Angst, zu spät zu kommen. Wenn also der Kompaniechef den Abmarsch um fünf Uhr dreißig befahl, ordnete der Zugführer fünf Uhr an und der Gruppenführer vier Uhr dreißig.
    Also standen wir um halb vier Uhr auf und gingen verschlafen zu den Fahrzeugen. Wir sollten noch vor der Ablösung im Polizeihauptquartier ein kleines Dorf durchsuchen, das vor Isa Khel lag. Es war nicht Quatliam, an dessen Rand wir während der letzten Raumverantwortung den alten Mann und die Kuh erschossen hatten, sondern lag auf der anderen Seite. Angeblich wurde es von talibanfeindlichen Usbeken bewohnt. Weil dort aber ein Waffenversteck gemeldet worden war, sollten wir danach suchen.
    In der Morgendämmerung näherten wir uns zusammen mit dem Hotel Zug. Auch zahlreiche afghanische Polizisten begleiteten uns. Diese sollten die Gehöfte als Erste durchsuchen, wir waren nur zur Absicherung dabei. Auf diese Weise sollte das Partnering immer stärker umgesetzt, die Polizei in die Eigenverantwortlichkeit geführt werden.
    Der Morgen begann entspannt, wir waren nach dem Stress der letzten Tage gut drauf. Aber ich stellte auch fest, dass es mich zusehends Mühe kostete, den gemütlichen Container mit seiner Klimaanlage zu verlassen.
    Eine Stunde später verteilte der Chef die beiden Züge schnell zwischen den Gebäuden des Dorfes. Ein vorher festgelegter Plan konnte reibungslos abgearbeitet werden. Wegen der Nähe zu Isa Khel und der Aussicht auf eines der feindlichen Waffenverstecke, die manchmal durch Sprengsätze gesichert wurden, gingen wir vorsichtig vor. Während die Polizei in die Innenbereiche der Gehöfte eindrang, sicherten wir sie ab, um dann hinter ihnen vorzustoßen. Dabei gingen wir langsam und überlegt vor, bezogen an den Türen Aufstellung, bevor wir diszipliniert in die Höfe eindrangen. Die Polizisten waren mit ihrer Suche so schnell fertig, dass wir annehmen mussten, sie hätten nur einmal den Kopf gedreht.
    Also mussten wir die Gebäude einzeln durchsuchen. Die meisten Menschen waren geflohen, bevor wir das Dorf erreichten. Zu groß erschien ihnen die Gefahr, in etwas hineingezogen zu werden, und sie wollten Frauen und Kinder unseren Blicken entziehen.
    Wie immer, wenn wir einen Hof betraten, stach uns sofort die bittere Armut ins Auge, die hier auf dem Land herrschte. Meistens lagen nur ein paar Schüsseln auf dem Boden herum, in den Zimmern fand sich meistens nur ein Teppich, vielleicht ein oder zwei Kissen, sonst nichts. Das machte die Suche leicht, bedrückte mich aber auch jedes Mal, wenn ich es sah.
    Ein Hof war besonders geräumig. Die hohen Lehmwände schirmten ihn nach außen hin ab, und im Inneren befanden sich einige Nebengebäude, die voller Müll waren. Als wir den Hof gesichert hatten, begannen die Kampfmittelbeseitiger mit dem Metalldetektor zu suchen. Sie konzentrierten sich auf die Dreckhaufen, den Müll in den Schuppen, alles, was als Waffenversteck dienen konnte. Hardy und ich durchsuchten die Latrine, die eigentlich nur ein Loch im Boden war, und die Kochstelle. Dort hing ein kleiner Metalltopf ohne Inhalt.
    Während der ganzen Zeit stand ein stämmiger Mann in weiten

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