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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Köpfen über dem Wall erschienen. Vielleicht hatten sie aber ohnehin vorgehabt, jetzt anzugreifen. Es geschah fast zur gleichen Zeit wie gestern, und wir alle hatten mit unserer Wette nah dran gelegen.
    Mica lag ganz links und beobachtete mit dem Fernglas die gegenüberliegende Baumreihe. TJ lag daneben und schoss. Simbo bettelte immer wieder darum, mit dem Maschinengewehr schießen zu dürfen, und Hardy lud gerade eine Gewehrgranate nach. Muli hatte das Funkgerät am Ohr, und ich konnte mich vor Schreck nicht rühren und saß zusammengesackt in der Mitte des Grabens und hoffte, dass alles schnell vorbeiging. Ich war nicht in der Lage, meine Waffe zu greifen. Konnte ich mich etwa nur noch um das Essen kümmern? Das war sicher auch sehr wichtig, ich unterstützte die anderen gerne. Aber mir reichte das nicht. Ich schämte mich.
    Als der erste Angriff vorbei war, betrachteten wir die Umgebung. Der Staub wirbelte noch durch die Luft und deutete die Stellen an, wo Gewehre abgefeuert worden waren. So erhielten wir einen guten Überblick, wo sich die Aufständischen versteckten.
    Es war der zweite Tag in Quatliam. Und der erste Tag im November.
    In der Ferne rumorte der Pionierpanzer, mit dessen großer Schaufel der Schutzgraben an der Baustelle ausgehoben wurde. Auch die Schützenpanzer waren unterwegs. Immer wieder durchbrach Gewehrfeuer das tiefe Brummen der Panzermotoren. Manchmal nur einzelne Schüsse, oft ganze Salven. Was war dort los? Der ganze Westteil des Dorfes war für uns nicht einsehbar. Wir fühlten uns hier, am Ende des Dorfes, wie der Wurmfortsatz dieses großen Organismus, den unsere Kompanie bildete. Trotzdem war unsere Stellung sehr wichtig. Wenn der Feind hier durchbrach, konnte er den anderen Zügen in den Rücken fallen.
    Dumpfe Schläge erschütterten das Dorf.
    Was ist da los?, wollte TJ wissen.
    Die schießen mit Mörsern, erklärte Muli.
    Und wirklich. Die Aufständischen hatten Mörser in Stellung gebracht und beschossen damit die Baustelle unseres Vorpostens in der Nähe des kleinen Friedhofs.
    Was für ’n Glück, dass die nicht auf uns schießen, sagte ich und betrachtete unseren schutzlosen Graben. Die anderen Züge hatten sich wenigstens in Gebäuden verschanzt. Wir saßen als Einzige im Freien.
    Die dumpfen Schläge gingen weiter, und der Funkverkehr verriet, dass man versuchte, die Mörserstellung aufzuklären. Die Feinde hatten sich zwischen den Häusern versteckt. Das war sehr geschickt. Obwohl ihr Standort ungefähr ermittelt werden konnte, durfte mit der Panzerhaubitze nicht dorthin geschossen werden.
    Diese Idioten, ey, wetterte Hardy. Wenn die irgendjemanden von uns mit dem Scheiß-Mörser erwischen …
    Die Aufständischen gaben uns nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Brandys Gruppe stand im Feuerkampf. Das Knallen der Waffen klang bedrohlich nahe.
    Die stehen fünfzig Meter vor meiner Stellung, meldete er aufgeregt über Funk.
    In diesem Moment schien auch Nossis Trupp zu schießen. Wir hörten die Waffen ganz deutlich hinter uns. Da krachte es heftig. Eine Panzerabwehrrakete schlug vor uns auf dem Acker ein.
    Scheiße, die schießen auf Nossi und treffen uns!, brüllte TJ.
    Wir warfen uns auf den Boden. Die Rakete war von hinten über unsere Köpfe geflogen und vor uns explodiert. In diesem Augenblick ging das bekannte Tackern der Kalaschnikows direkt vor uns wieder los. Sofort sprang Mica zu seinem Gewehr. Er kniete an dem Wall und schoss zurück. Simbo schmiss sich hinter das Maschinengewehr und drückte ab. Der Munitionsgurt verschwand rasend schnell in der Waffe. Hardy unterstütze ihn und schleppte neue Munition aus dem Rucksack heran. Da schepperte es wieder.
    Panzerabwehrrakete!, brüllte Muli und duckte sich.
    Ich drückte meinen Oberkörper an den Wall. Ich konnte einfach nicht den Kopf heben, so sehr ich es auch versuchte. Das Tosen und Donnern der Waffen kam von allen Seiten. Es durchdrang jeden Winkel und zermalmte die Luft. Eine Symphonie des Todes, vor der es kein Entrinnen gab. Regungslos kauerte ich da, fühlte mich von allem Guten im Leben verlassen.
    Dort wo die feindlichen Geschosse aufschlugen, spritzte die Erde auf. Viele kleine Fontänen umgaben uns. Ich hörte Muli brüllen.
    Feuer in der Stellung! In Deckung, sofort alle in Deckung!
    Er sprang nach hinten und lag mir gegenüber auf dem Boden des Grabens. Als ich meinen Kopf hob, sah ich die Erde aufspritzen. Aber nicht nur auf der Wallkrone vor uns, nein, auch hinter und neben uns. Sogar an den

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