Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen
Verantwortung für Ihre Fehler übernehmen sollten.
Gleichzeitig dürfen Sie Ihrem Sohn nicht vorwerfen, dass er mit Ihrer Form der Liebe kooperiert hat. Kinder aller Altersstufen kooperieren mit ihren Eltern, das ist leider ganz normal. Sie passen sich an und übernehmen die Rollen, die gebraucht werden oder die ihre Eltern ihnen (oft unwissentlich) anbieten.
Wenn Sie ab jetzt Ihre Führungsrolle übernehmen und konkret Ihre Erwartungen formulieren, wird Ihr Sohn in dreifacher Hinsicht profitieren: Erstens wird er lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen, zweitens trägt er etwas zur Gemeinschaft bei, und drittens lernt er, dass Liebe nicht nur nehmen heißt, sondern auch geben. Die meisten Mädchen lernen dies, wohingegen selbst emanzipierte Mütter dazu neigen, ihre Söhne zu Persönlichkeiten zu erziehen, mit denen sie ihre Töchter ungern verheiratet sehen möchten. Oftmals sekundiert von passiven Vätern, die schlechte Beispiele abgeben.
Eine solche Veränderung im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern verlangt den Eltern viel ab. Doch ich habe noch nie erlebt, dass die Kinder nicht binnen kürzester Zeit mit der neuen Situation zurechtkamen, wenn ihre Eltern authentisch in ihrem neuen Verhalten waren. Die Eltern hingegen empfinden oft eine Art Leere, weil sie erst neue Wege finden müssen, um ihre Liebe und Fürsorge zum Ausdruck zu bringen. Falls es Ihnen auch so ergeht, versuchen Sie es positiv zu sehen, denn dies ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie Kinder die persönliche Entwicklung ihrer Eltern inspirieren.
Der Vater muss auf die Bühne!
Ich bin Mutter von drei Kindern, die Älteste ist schon ausgezogen, zu Hause wohnen weiterhin der 14-jährige Arne und der 10-jährige Marius. Ihr Vater ist nur selten zu Hause, ein Großteil der täglichen Arbeiten bleibt also an mir hängen.
Mir macht derzeit die Entwicklung von Arne Sorgen. Er ist immer ein wissbegieriger und aufgeweckter Junge gewesen. Seine ersten vier Schuljahre hat er auf einer internationalen Schule verbracht, wo es ihm sehr gut gefallen hat. Vor vier Jahren sind wir nach Norwegen zurückgekehrt, woraufhin sich sein Schulalltag sehr veränderte. Er wurde von Lehrern und Schülern als Nerd betrachtet, weil er in den meisten Fächern viel mehr konnte als seine Klassenkameraden. Außerdem war er es gewohnt, das zu tun, was die Lehrer von ihm verlangten, ohne zu protestieren. Er hat lange gebraucht, um sich zurechtzufinden, doch im Laufe der dreijährigen Mittelstufe hat er sich allmählich dem Stil der Klasse angepasst, wurde also immer nachlässiger und lustloser, was seine schulischen Pflichten anging.
Diese Grundeinstellung färbte dann auf die meisten Lebensbereiche ab. Er tut nicht mehr als unbedingt nötig. Die Hausaufgaben werden ignoriert, er kleidet sich schlampig, räumt nicht mehr auf und hilft auch nie im Haushalt, wenn man ihn nicht ausdrücklich darum bittet. Die einzigen Dinge, für die er sich noch interessiert, sind Computer spiele, Skifahren und das Zusammensein mit seinen Freunden. Ich bin ziemlich verzweifelt und habe das Gefühl, dass er seine Talente verschleudert. Eigentlich möchte ich zu Hause kein straffes Regiment führen, doch ich denke, dass ich einen anderen Kurs einschlagen muss.
Im Moment lebt er nur im Hier und Jetzt und sieht nicht die lang fristigen Konsequenzen, die sein Verhalten haben wird. Was kann ich tun?
Eine besorgte Mutter
Antwort von Jesper Juul:
Es ist schwierig, Ihnen zu helfen, ohne Ihre Familie genauer zu kennen. Lassen Sie mich dennoch ein paar überlegungen anstellen, die sich unter anderem auf meine mehrjährige Zusammenarbeit mit Diplomatenfamilien und die Schwierigkeiten beziehen, die damit verbunden sind, alle vier Jahre das Milieu zu wechseln und später in sein Heimatland zurückzukehren. Doch zuerst will ich etwas zu Arne und seinem Vater sagen.
Die allermeisten Kinder haben zu einem Elternteil eine besondere Verbindung, was nichts mit Liebe oder dem alltäglichen Kontakt zu tun hat. In aller Kürze bedeutet dies, dass ein Kind in der Beziehung zu diesem Elternteil lernen muss, sein Leben und seine Existenz näher zu bestimmen. Steht dieser Vater oder diese Mutter nicht zur Verfügung, dann muss das Kind irgendwie allein klarkommen. Der andere Elternteil kann dies nicht kompensieren. Ich vermute, dass Ihr älterer Sohn eine solche Verbindung zu seinem Vater hat. Vielleicht vermisst er seinen Vater in emotionaler Hinsicht, vielleicht nicht, doch vor allem fehlt er ihm –
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