Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen
12 war, plante ich meinen ersten Selbstmordversuch. Das Schlimmste war eigentlich, dass ich von meinen Plänen abließ, weil ich wusste, dass mein Selbstmord meiner Mutter schrecklich peinlich sein würde – daran, dass Sie um mich trauern könnte, dachte ich nicht. Meine psychischen Leiden machten sich erstmals physisch bemerkbar, als ich 15 war. Plötzlich fiel ich immer wieder in Ohnmacht. Die Ärzte standen lange vor einem Rätsel, da mir körperlich nichts fehlte. Mit 19 begann meine psychiatrische Behandlung. Inzwischen hat man bei mir eine chronische Depression und eine dissoziative Störung diagnostiziert.
Meine Depression führt dazu, dass ich weniger leistungsfähig bin als andere; da ich jedoch hohe Leistungsanforderungen an mich selbst stelle, treibe ich mich immer wieder gnadenlos an. Das wiederum hat zur Folge, dass es meiner Psyche irgendwann »zu viel« wird und ich in Ohnmacht falle, wenn der Druck zu groß wird.
Demzufolge habe ich nie irgendeine Ausbildung abschließen können. Wegen meiner guten Noten begann ich nach der Schule auf der Universität, hielt auch zwei Semester durch, in denen ich wieder gute Noten bekam, aber dann nahmen meine Schwindelanfälle so überhand, dass ich nicht mehr weitermachen konnte. Ich habe insgesamt vielleicht ein Jahr meines Lebens gearbeitet, immer wieder unterbrochen von Schwindelanfällen und Depressionen. Bald werde ich 27 Jahre alt und bin seit einem knappen Jahr krankgeschrieben. Besserung ist nicht in Sicht. Ich habe ein sehr geringes Selbstbewusstsein und das Gefühl, dass man mich nicht lieben kann. Glücklicherweise habe ich einen fantastischen Mann kennengelernt, der mit dieser Seite von mir zurechtkommt und die Tatsache erträgt, dass ich ständig die Bestätigung brauche, dass er mich auch wirklich liebt.
Meine Mutter hat mich einmal gefragt, was bei meiner Erziehung schiefgelaufen sei, warum ich so geworden bin, wie ich bin, und selbst damals schaffte ich es nicht, ihr ehrlich zu antworten. »Das hat nicht nur eine, sondern viele Ursachen. Es ist nicht deine Schuld«, war meine Antwort. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass wir ein sehr oberflächliches Verhältnis haben. Wir reden wie lose Bekannte miteinander.
Ich habe meine Geschichte nicht erzählt, um Ihnen wehzutun, sondern damit Sie verstehen, wie wichtig es ist, dass Sie in sich gehen und versuchen, die dominante Art Ihrer Erziehung zu verändern. Sehen Sie Ihre Kinder und zeigen Sie ihnen, dass Sie sie von Herzen so lieben, wie sie sind.
Ich stelle mir vor, was passiert wäre, hätte meine Mutter dieselbe Antwort von Jesper Juul bekommen wie Sie. Sie hätte alles empört zurückgewiesen. Bitte tun Sie das nicht.
Für die von Ihnen beschriebenen Situationen habe ich sogar einen praktischen Rat für Sie. Was Ihren Laptop angeht, richten Sie am besten ein Passwort ein, dann kann Ihr Sohn den Pc ohne Ihre Hilfe nicht benutzen. Wenn Sie mal so viel zu tun haben, dass Sie beim besten Willen nicht mit Ihrem Sohn reden können, dann sagen Sie ihm, wann Sie wieder zugänglich sind. Und warum können Sie in Gegenwart des fremden Jungen nicht sagen, dass Sie das Geld nicht für ihn auslegen möchten?
Sprechen Sie »richtig« mit Ihrem Sohn, hören Sie gut zu, was er Ihnen zu sagen hat, und lassen Sie ihn ausreden.
Versuchen Sie, auch die positiven Dinge im Verhalten Ihres Sohnes zu sehen, und bestätigen Sie ihm das.
Natürlich ist es nicht Ihre Aufgabe, den Freund Ihres Sohnes mit durchzufüttern. Doch könnten Sie Ihrem Sohn trotzdem sagen, dass es an sich ein schöner Gedanke von ihm ist, den Freund einzuladen, damit auch er an dem gemeinsamen Spaß teilhaben kann. Andererseits muss er verstehen, dass Sie hart für das Geld arbeiten und dass er nicht so einfach darüber verfügen kann.
Ich selbst habe einen 4-jährigen Sohn, und wenn manchmal (kinderlose!) Freunde auf meine Erziehung reagieren, dann sagen sie, ich würde zu viel erklären. So wird meine Erziehung durch meine Mutter beeinflusst – ich tue das genaue Gegenteil von dem, was sie früher getan hat. Nie im Leben würde ich etwas mit den Worten begründen: »Weil ich es sage.« Was natürlich auch eine negative Seite haben kann, weil dies auch an meinen, ohnehin begrenzten Kräften zehrt. Ich glaube trotzdem, dass es das wert ist.
Schenken Sie Ihrem Sohn also Aufmerksamkeit, loben Sie ihn für seine positiven Eigenschaften, nicht nur für irgendwelche Fähigkeiten, und nörgeln Sie nicht an ihm herum. Niemand von uns
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