Vier Werte, die Kinder ein Leben lang tragen

als Inspirationsquelle und gegenwärtiges Rollenmodell. Das gilt insbesondere für die Pubertät, da er ja nicht von seiner Mutter lernen kann, wie es ist, ein Mann zu sein. Selbst die liebevollste Mutter kann die ständige Abwesenheit eines Vaters nicht kompensieren. Es wäre also das Beste, wenn Ihr Mann öfter präsent wäre – nicht als Erzieher, sondern als erwachsener Kamerad und Hauptbezugsperson.
    Ihr Sohn wird dieses Bedürfnis zum ersten Mal stark empfunden haben, als Sie nach Norwegen zurückgekehrt sind. Die internationalen, amerikanisch geprägten Schulen haben eine ganz andere Kultur als die nordischen Schulen und legen größeren Wert auf Leistung und Ehrgeiz. Unsere nordischen Schulen sind oft nicht besonders gut darin, solchen Kindern ein sinnvolles fachliches Angebot zu unterbreiten und die sozialen Prozesse zu fördern. Ihr Mann hat diesen Integrationsprozess offenbar Arne und Ihnen überlassen. Bei Arne hat das zu großer Einsamkeit geführt, weshalb er insbesondere die Nähe zu seinen Freunden sucht. Damit will ich Ihren Einsatz als Mutter nicht abwerten, sondern bloß feststellen, dass diese Aufgabe nur Arnes Vater gemeinsam mit seinem Sohn lösen könnte.
    Dieselbe Mitteilung hat Ihr Sohn seiner Schule zukommen lassen:
    Wenn ihr mich und meine Bedürfnisse nicht ernst nehmen könnt, warum sollte ich dann eure Forderungen erfüllen? Er behandelt die Schule ganz genau so, wie die Schule ihn behandelt hat. Wir Erwachsene mögen das als kurzsichtig empfinden, logisch ist es allemal.
    Ich wage die Hypothese, dass Ihr Mann (wie so viele andere Männer) mehr für die Zukunft lebt als in der Gegenwart, was sowohl für die Qualität seines eigenen Lebens als auch seiner Familie wenig konstruktiv ist. Daher ist es in gewisser Weise klug und logisch, dass Arne sich für die entgegensetzte Lebenseinstellung entscheidet. Nicht als bewusster Protest, sondern als logische Folge dessen, dass er seinen Vater in wichtigen Phasen seiner Entwicklung entbehren musste. Er verschleudert seine Talente und setzt seine Ausbildung aufs Spiel, doch in existenzieller Hinsicht tut er das Beste, was er kann: Er akzeptiert seine familiäre Einsamkeit, ohne seine Familie anzugreifen oder zu zerstören, und konzentriert sich auf das, was seinem Leben einen Sinn verleiht. Vielleicht meistert er sein Leben derzeit nicht sonderlich intelligent, aber doch sehr klug! Ich bin guter Hoffnung, dass er in drei, vier Jahren in der Lage sein wird, sich konstruktiver zu verhalten, sofern Sie und Ihr Mann seine Einsamkeit akzeptieren und anerkennen – mit der logischen Folge, dass er seine eigenen Entscheidungen treffen darf. Ihre äußerst wichtige Rolle besteht darin, dass er dies nicht allein tun muss. Sie können für ihn da sein, wenn es wehtut und er selbst um Fürsorge bittet.
    Sie dürfen bloß nicht überkompensieren, indem Sie ihm einen allzu großen Service bieten!
    Wenn Sie etwas ändern wollen, können Sie das nicht allein tun. Falls das, was ich geschrieben habe, für Sie überhaupt einen Sinn ergibt, schlage ich vor, dass Sie einen Familienrat einberufen und Ihrem Mann und Ihren Kindern dies alles laut vorlesen. Machen Sie die Reaktionen und Kommentare zum Ausgangspunkt eines Dialogs.
    Für Ihren Mann ist es niemals zu spät, ein Teil des Lebens seines Sohnes zu werden, doch nur, wenn er es selbst vermisst! Er sollte auf keinen Fall »Vater spielen«, um seinen Sohn auf den richtigen Weg zu bringen.
    Vielleicht hat Ihr Mann nicht mehr anzubieten, als er bisher getan hat. In diesem Fall muss Arne eben akzeptieren, einen solchen Vater zu haben, und eine Einstellung dazu finden. Das macht Ihren Mann nicht zu einem schlechten Menschen oder einem unfähigen Vater, doch muss er die Verantwortung für das übernehmen, was er nicht ist, und so seinem Sohn ermöglichen, seinen eigenen Weg zu finden.
    Derzeit ist es Vater und Sohn gemeinsam, dass ihnen ihr Lebensstil wichtiger ist als das Leben selbst – dass sich ihre Lebensstile fundamental voneinander unterscheiden, ist logisch. Sie müssen als Familie entweder lernen, damit zu leben, oder Arne zu Ihrem schwarzen Schaf erklären. Ich hoffe, Sie entscheiden sich zu Arnes Wohl.

Verbrechen und Strafe

    Ich habe einen wunderbaren 6-jährigen Sohn, der Oscar heißt. Meine Ex und ich hatten eine ziemlich turbulente Beziehung und haben uns vor dreieinhalb Jahren getrennt. Was jedoch immer hervorragend lief, war die Kindererziehung. Gemeinsam hatten wir ein Fundament aus Werten, das