Viermillionen Schritte bis zum Ende der Welt
etwas unregelmäßigen achteckigen Arkadengang
umgeben, dessen Zweck bis heute verborgen geblieben ist. Obwohl die Bauten der
Romanik großenteils detailliert erforscht und dokumentiert sind, wissen wir von
der Geschichte dieser Kirche so gut wie nichts. Der zentrale Grundriß, der die
orientalische Bauart der Kirche des Heiligen Grabes in Jerusalem nachahmt,
deutet daraufhin, daß diese Kirche von dem Ritterorden der Templer erbaut
wurde. Dies würde auch erklären, warum ihre Baugeschichte im Dunkeln geblieben
ist.
Das Schicksal des Templerordens ist
eine der dunkelsten Geschichten, die Geldgier und Machtlust hervorgebracht
haben. Die Rittermönch-Gemeinschaft der Templer wurde im 12. Jahrhundert
während der Kreuzzüge in Jerusalem gegründet, um das Heilige Grab Christi gegen
die Muslime zu beschützen und die ankommenden Pilgerscharen zu versorgen und zu
pflegen. Die dazu nötigen Einrichtungen wurden durch Spenden finanziert, die
man nach dem damaligen Brauch in der gesamten Christenheit gesammelt hatte. Die
Spenden flössen so reichlich, daß der auf Betreuung der Pilger spezialisierte
Orden dabei selbst vermögend geworden ist.
Als die Kreuzzüge zu Ende gingen und
die Gebiete um Jerusalem verloren waren, kehrten die Templer nach Europa zurück
und versuchten, in der hiesigen Pilgerbetreuung Fuß zu fassen, allerdings in
Konkurrenz mit den hier schon etablierten Orden, den Benediktinern, Antonitern
oder Johannitern. Zahlreiche neugegründete Klöster, Kirchen, Hospize und
Herbergen, auch entlang des Jakobsweges, stammen aus dieser Zeit der
Neuorientierung. Das alles reichte aber offensichtlich nicht aus, um das
Vermögen, das sie in Jahrhunderten aufgehäuft hatten, gewinnbringend zu
investieren. Da die Staaten, damals wie heute, unter permanenter Geldknappheit
gelitten haben,sind die Templer dazu übergegangen, ihr Geld an die Herrschenden
zu verleihen. Bald standen mehrere Staaten bei ihnen in der Kreide, was dem
Orden eine Machtposition gab, die sowohl von den Schuldnern als auch von den
anderen Orden als bedrohlich empfunden wurde. Das Problem wurde radikal gelöst.
Im Jahre 1310 sind der Großmeister Jacques du Molay sowie die führenden
Persönlichkeiten seines Ordens in Frankreich festgenommen worden. Sie wurden
beschuldigt, in ihrer Gemeinschaft glaubenswidrige Bräuche eingeführt und
gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben zu haben. Unter der üblichen Folter
haben sie alle, wie vorauszusehen war, alles zugegeben.
Das war natürlich starker Tobak. Der
Großmeister der Templer war nicht, so daß zu befurchten stand, daß der Papst
Clemens V. diesen Unfug nicht erlauben würde. Der war aber in dieser Zeit
praktisch ein Gefangener des französischen Königs. Nachdem der König einen Teil
der beschlagnahmten Güter der Kirche weitergab, hat schließlich auch der Papst
den Deal mitgemacht und den Orden aufgelöst. Spanier und Engländer schlossen
sich umgehend an, nahmen ihren Anteil und waren zufrieden. Du Molay und 59 der
Seinen wurden verbrannt, und weil man sich offensichtlich bewußt war, daß die
ganze Sache nicht sauber ist, hat man mit allen Mitteln versucht, jede Spur der
Templer zu vernichten. Dies ist offensichtlich gut gelungen. Heute gibt es so
gut wie keine Akte oder ein sonstiges schriftliches Dokument, welches die
Tätigkeit dieses großen Ritterordens belegen und beleuchten könnte. So ist die
Wahrscheinlichkeit, daß diese Kirche eine der Templer war, ziemlich
naheliegend.
Ich komme nach Puente la Reina und bin
froh, wieder eine wichtige Station des Jakobsweges erreicht zu haben. Die
Ortschaft entstand an der Brücke über die Arga. Hier trafen sich die drei in
Ostabat vereinigten französischen Jakobswege mit dem vierten, der aus Arles
über den Somport-Paß hier ankommt. Wie Aymeric schreibt, gibt es von hier nur
einen einzigen Weg nach Santiago.
Am Ortseingang steht die Kirche Santa
Maria de las Huertas, auch Kruzifix-Kirche genannt. Daneben der Gebäudekomplex
des Klosters, in dem heute noch, wie früher, die Herberge für die Pilger
untergebracht ist. Auch hier wurde die Betreuung der Pilger dem Templerorden
anvertraut; später haben die Johanniter das Erbe übernommen.
Die Kirche mit dem auffallend schönen
romanischen Portal zeigt diese Besitzübernahme. Der Kirchenraum besteht aus
zwei separaten, nebeneinander stehenden Kirchenschiffen: aus einem von den
Templern erbauten romanischen, und aus einem gotischen, den die Johanniter der
Kirche hinzugefügt haben. In dem linken
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