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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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drehe mich um und hinter mir ist weder meine Geister-Polonaise noch sonst irgendwas, nur das leere Treppenhaus. Lauter als nötig stapfe ich die Stufen hinunter, schon bin ich im ersten Stock. Taschenlampe an, Zettel raus, Arbeitsmodus. Nacheinander gehe ich alle Stockwerke durch, fülle die Kästchen mit Häkchen. Ich komme an der Tür mit den Brandzungen und an der Wohnung mit den Insekten vorbei, ebenso am plüschigen Maul des Aufzuges. Alles in Ordnung, alles wie es sein soll, alle Türen verschlossen, alles unbeschädigt, keine Spuren irgendwelcher Eindringlinge. Sogar der Aufzug hält still, lacht nicht einmal.
    Das letzte Häkchen ist gemacht, jetzt zurück in den vierten Stock, zurück in die Wohnung und zurück zu Paula … und auch zurück zu was auch immer dort vielleicht ist. Wieder bleibe ich vor der Tür stehen, die zwischen unserer und der von Frau Diehl liegt … und wieder traue ich mich nicht hinein. Das Tier mit den hundert kalten Beinen krabbelt mir über den Rücken und hinab bis in die Beine, ein plötzliches, krampfartiges Zucken geht durch meinen Körper und ich beeile mich, zu Paula zu kommen. Zum Glück treffe ich gleich das Schlüsselloch.
    „Alles okay mit dir?”
    Ich habe die Tür zu hastig aufgemacht, mich viel zu schnell in die Wohnung geschoben. Paula schaut mich über ihren Laptop hinweg an.
    „Ja, alles okay. Ist nur ein bisschen unheimlich da draußen. Nächstes Mal geh' ich früher.”
    „Hast du wieder was gesehen?”
    „Nein, hab' ich nicht.”
    „Du kannst mir das ruhig sagen, ich halte dich nicht für verrückt.”
    Ich gehe zu ihr hin, nehme ihren Kopf in beide Hände und küsse sie auf die Stirn, die Stelle fühlt sich kühl an.
    „Ich hab' wirklich nichts gesehen … diesmal keine Monster.”
    Paula dreht den Kopf zu mir und lächelt mich an. Von hier oben sieht sie ein bisschen albern aus, ein bisschen wie eine Comicfigur.
    „Ich hab' dich lieb.”
    „Ich dich auch”, antworte ich.
    Gehen wir ins Bett?”
    „So früh?”
    „Wer sagt denn, dass wir schlafen müssen.”
    Paula steht auf und jetzt ist sie wieder oben, fast einen Kopf über mir. Sie streicht mir durchs Haar, küsst mich auf den Mund und zieht mich zu unserem Wohnzimmerbett. Während wir es machen, da habe ich Angst, dass uns irgendjemand oder irgendetwas dabei beobachtet. Ich ertappe mich dabei, dass ich in die Ecken spähe, Ausschau halte nach dem schwarzen Tier … und dann, es hat ganz plötzlich die Oberhand gewonnen, nach dem Mädchen mit dem weißen Kleid und dem Verband um den Kopf. Was wäre, wenn dieses Mädchen plötzlich neben unserem Bett stünde? Würde ich schreien? Würde ich aufspringen und aus der Wohnung laufen? Oder würde ich einfach beobachten, was als nächstes passiert? …
    Oh verdammt, was immer Paula da auch macht, sie macht es gut. Ich schließe die Augen, keine Schreckgespenster sollen uns jetzt stören. Ich will nichts sehen und nichts hören, nur spüren.
    Eine halbe Stunde später. Wir liegen nebeneinander, halten Händchen und sind zufrieden mit uns und dem Rest der Welt, der in diesem Moment gar nicht so groß ist. Manchmal komme ich mir nach dem Sex so vor, als fliege ich in meinem Bett durch einen gewaltigen, völlig leeren Raum. Während um mich … okay, um uns … während um uns nur nackte Leere ist, haben wir unsere Kissen und Decken, sind warm und weich eingepackt, geborgen, sicher und-
    „Weißt du was?”, unterbricht Paula meine Bett-im-leeren-Raum-Phantasie.
    „Was denn?”, frage ich.
    „Also unheimlich ist dieses Haus ja schon ...” Paula gähnt und reibt sich die Augen. „ … ich hab vorhin im Schlafzimmer die toten Fliegen weggesaugt und da hab ich gedacht, ich seh' was. Wie so eine Bewegung aus dem Augenwinkel.”
    „Was hast du gesehen?”
    „Keine Ahnung, so wie eine Bewegung eben. Aber als ich den Kopf drehe … nichts.”
    „Aber du bist dir sicher, dass du was gesehen hast?”
    „Nee … Quatsch, da war ja nichts. Ich hab nur kurz gedacht, dass ich was gesehen habe. Wahrscheinlich weil du mir so was erzählt hast. Aber lass uns über was anderes reden … und nimm mich mal in den Arm.”
    Ich lege meinen Arm um Paula und meinen Kopf an ihre Schulter. Jetzt sehe ich nur noch ihre Haut, nichts mehr sonst. Es dauert nur wenige Minuten, dann höre ich sie leise schnarchen. Als sie mir gerade erzählt hat, dass sie glaubte, etwas gesehen zu haben, da war sie schon nicht mehr ganz da. Ich bin mir sicher: Hellwach hätte sie mir das nicht

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