Vietnam
Kasten) fielen auch die etwas weniger giftigen Dioxine auf Wälder und Küsten nieder. Am stärksten betroffen waren der Süden und hier vor allem das Mekong-Delta, das Gebiet des Ho-Chi-Minh-Pfads im zentralen Hochland und die entmilitarisierte Zone um den 17. Breitengrad. Nahezu ein Viertel des vietnamesischen Waldbestands, schätzungsweise über 2,5 Mio. Hektar, wurde vernichtet. Ein Drittel des Landes gilt seither als Brachland, auf dem kaum mehr etwas gedeiht. Wiederaufforstungsprogramme laufen bis heute, und es ist glücklicherweise gelungen, den Anteil der gesunden Wälder wieder zu erhöhen. Doch noch immer sind die ausgelaugten Böden und der noch niedrige Bewuchs in Gefahr, denn bei kräftigem Regen werden die Bepflanzungen einfach weggespült.
Neben den Wäldern litten vor allem die Mangrovensümpfe unter dem Gift â fast die Hälfte des Bestands wurde vernichtet. Da diese Pflanzen sich nicht selbst regenerieren, sondern neu gepflanzt werden müssen, spürt das Land vor allem in den Feuchtgebieten an der Küste die Folgen der Giftattacken bis heute.
Neben den Giften waren natürlich auch Bomben am Ãkozid beteiligt: Etwa 13 Mill. Tonnen Sprengstoff wurden abgeworfen und hinterlieÃen Millionen Einschlagkrater. Zudem komprimierten die Bomben die Böden durch ihre Explosionskraft derart stark, dass keine Pflanze mehr wachsen konnte. Und wenn sie Napalm enthielten, was oft der Fall war, führte dies oft zu verheerenden Waldbränden. Bekannt wurde vor allem der Brand im U Minh-Wald im Süden des Landes 1968. Sieben Wochen brannte er, lediglich 15 % der Bäume überlebten dieses Inferno.
Nicht giftig, aber dennoch vernichtend war der Einsatz von Planierraupen , die auch ârömische Pflügeâ genannt wurden. Sie waren fähig, bis zu 3 m dicke Bäume zur Strecke zu bringen. Mit ihrer Hilfe wurden breite Schneisen in die Wälder geschlagen, u. a. um nach den Gifteinsätzen auch die letzten Unterschlupfmöglichkeiten platt zu walzen. Erfolg hatten diese Unternehmungen nicht: Die Nachschubwege des Pfads konnten nie unterbrochen werden (s. S. 159 , Kasten).
Abholzung und Brandrodung
Vor Jahrzehnten war Vietnam zu 75 % von Wald bedeckt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es nur noch 43 %. 1980 war der Tiefpunkt erreicht: Lediglich 24 % des Landes bestanden aus Bäumen. Heute sind immerhin wieder etwa 40 % desLandes bewaldet. Leider werden meist schnell wachsender Bambus, Kiefern und Eukalyptus angepflanzt â der artenreiche Regenwald bleibt also für immer verloren. Es ist davon auszugehen, dass nur noch etwa ein Drittel des Waldbestands Primärwälder sind.
Agent Orange
Der Tod kam in Fässern mit orangenen Streifen nach Vietnam: Agent Orange, ein Entlaubungsmittel mit der giftigsten Dioxin-Variante. Um FNL-Kämpfer und die regulären Truppen des Nordens auch aus der Luft sehen zu können, versprühten die Amerikaner und ihre Verbündeten zwischen 1962 und 1975 über 80 Mio. Liter Gift (meist Agent Orange). Die Folge ist eine unsichtbare Verseuchung bis heute, denn die Halbwertszeit dieses Gifts beträgt mehr als zehn Jahre. Dem Staat fehlt das Geld für die Versiegelung des Bodens, sodass das Gift in den Bächen und im Boden weiterhin für Tote und Verseuchte sorgt. Nach Angaben der vietnamesischen Regierung wurden nach dem Krieg eine halbe Million missgebildete Kinder geboren. Zwei Millionen leiden an Krebs oder anderen Krankheiten. Lange Jahre war es verboten, über die Opfer zu berichten. 2006 konnte ein deutsches Fernsehteam erstmals Bilder der Betroffenen aufnehmen.
Hilfe für die Opfer
Hilfe bekommen Betroffene vom Roten Kreuz. Noch heute, in der dritten Generation, werden Kinder mit starken Missbildungen geboren. Es sind körperliche und geistige Behinderungen, Gehörlosigkeit, Krebs, Hautkrankheiten und psychische Erkrankungen, unter denen die Menschen leiden. Und es gibt eine hohe Kindersterblichkeit aufgrund nachhaltiger Gendefekte. Viele Krankheitsbilder sind nicht aufzuschlüsseln, zu viele Symptome aus unterschiedlichen Krankheitsbildern machen eine Analyse unmöglich. Heilung gibt es nicht, und meist fehlt sogar zur Linderung der Schmerzen das Geld. Viele haben keine Ãberlebenschance und werden die Klinik nie verlassen. Die Ãrzte haben das Blut der Eltern getestet und Dioxin gefunden. Beweise, die Amerika nicht gelten lässt.
Obwohl Vietnam heute einen
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