Vilja und das Raeuberfest
Tortur.
» Immer, wenn der Gegner dran ist, versucht man an dessen Gestik abzulesen, wann dieser lügt«, erzählte Hele weiter. » Wenn man das Gefühl hat, eine Lüge erkannt zu haben, schreit man › SCHWINDEL , Schwindel-Meister!‹. Nach Möglichkeit sollte das natürlich Angst und Schrecken hervorrufen! Nach der Runde sagt der Schiedsrichter, ob du richtig geraten hast, und zählt dann die Punkte zusammen. Man gewinnt nach zwei Runden, beziehungsweise mit zwei Punkten Vorsprung.«
» Klingt einfach!«, überlegte ich laut. » Zumindest leichter als Quiche und Ringkampf.«
» Ja, diese Disziplin ist aus tiefstem Herzen durchgeknallt!«, platzte es aus Hele heraus. » Das hat sich bestimmt irgendein Backwaren-Hasser ausgedacht.«
Einen Moment lang war auf dem Sandstrand nur unser Herumgegackere zu hören. Ich merkte, dass ich immer optimistischer wurde. Vielleicht hatte Hele recht?! Vielleicht konnte ich im SCHWINDEL n richtig gut werden?! Wie toll wäre es, am SCHWINDEL -Finale teilzunehmen!
» Das SCHWINDEL n hat aber auch hinterhältige Seiten. Die Vorentscheidungskämpfe sind noch einfach«, räumte sie nun ein. » Beim Finale wird’s aber richtig ernst. Dahin schaffen es nur die drei Teilnehmer, die die ersten zwei Kämpfe gewonnen haben. An dieser Stelle ist das Finale am besten: Es wird nur ein einziger Satz erzählt, der eine möglichst große Meister- SCHWINDEL ei beinhalten muss. Die Gegner versuchen, mittels Kitzeln aus dir die Wahrheit herauszubekommen: Beide haben jeweils zwei Minuten Zeit, um dich durchzukitzeln. In der letzten Minute muss man dann sogar zwei Leute aushalten, die einen gleichzeitig kitzeln.« Ich schluckte.
» So schaut’s aus!«, sagte Hele, als sie mein langes Gesicht sah. » Aus diesem Grund ist SCHWINDEL n nicht irgendein Kindergartenspiel, sondern eine harte Prüfung, in der man seine räuberischen Fähigkeiten beweisen muss. Wenn man der SCHWINDEL -Meister wird, ist das ein Beweis dafür, dass man aus diesem Räuber niemals irgendein Geheimnis herausbekommen wird. Zumindest nicht mit Kitzeln!« Dann setzte sie sich im Schneidersitz in den Sand und befahl: » So, jetzt hören wir aber mal mit dem Quatsch auf. Lasst uns endlich trainieren! Welcher dieser drei Sätze ist eine Lüge?
1) Bandit-H’s Homepage wurde bereits von mehr als 500 000 Fans besucht.
2) A-Ka Mikkonen ist in der Räuberwelt DAS Nachwuchstalent, das irgendwann mal am gefährlichsten von allen sein wird.
3) Ich hab keine Ahnung, wo das Versteck von Helmeri Kvists Räuber-Ratgeber ist.«
Das Mädchen schloss die Augen und wartete auf die Antwort. Sie sah dabei aus wie ein alter, weiser Guru, der vor seiner Höhle in Denkerpose versunken ist.
Kalle schaute mich an und kratzte sich am Kopf. Hilfe, formte er lautlos mit seinen Lippen und schüttelte dabei den Kopf.
» Das ist …«, stammelte ich, » viel schwieriger, als ich dachte.«
» Natürlich ist das schwierig«, sagte Hele mit gurumäßiger Stimme und geschlossenen Augen. » Deshalb ist das ja auch eine offizielle Disziplin bei dem Sommerfest – eben weil es so schwierig ist! Und weil ich darin ziemlich gut bin. Äh, das wäre ein guter Satz gewesen … Na ja, verpasste Chance. Wollt ihr die Sätze noch einmal hören? Laut der Regeln darf man einmal um Wiederholung bitten. Aber nur einmal!«
Sie wiederholte die Sätze, nachdem wir sie darum gebeten hatten, aber wie um alles in der Welt sollte man denn bitte herausfinden, welcher Satz gelogen war?! An ihrer Körpersprache ließ sich rein gar nichts erkennen – einfach überhaupt nichts! Ihr Gesicht war so ausdruckslos wie Kacheln im Klo.
» Ha! Ich hab’ ja gesagt, dass ich im SCHWINDEL n ziemlich gut bin«, meinte sie und grinste – nur eine Sekunde lang.
» Okay«, begann Kalle, » dass du keine Ahnung hast, wo Kvists Räuber-Ratgeber ist, ist klar wie Kloßbrühe. Woher solltest du das auch wissen, wenn der schon seit dem Winterkrieg verschwunden ist?!«
Hele öffnete die Augen und schaute uns völlig gelassen an. » Ach ja?«, fragte sie dann. » Genau, Vilja, ich hab’ ganz vergessen zu erwähnen, dass auch das Pokerface, dass man aufsetzt, wenn man sich die Vermutungen des Gegners anhört, bewertet wird. Viele versuchen ihre Überlegungen superlang zu begründen und starren dich dabei die ganze Zeit an, um zu sehen, ob auf deinem Gesicht irgendwelche Anzeichen von Nervosität zu erkennen sind.«
» Also das ist wahr? Der letzte von den drei Sätzen fällt schon mal weg?«,
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