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Vilja und das Raeuberfest

Vilja und das Raeuberfest

Titel: Vilja und das Raeuberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Kolu
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erzählen!«
    Dann tauschten wir die Rollen, und ich fing an, das SCHWINDEL n profimäßig zu erlernen. Wenn ich mich nur richtig in meine Rolle hineinversetzte, war ich eine ausgezeichnete Lügnerin. Im letzten Sommer hatte ich meine Eltern furchtbar angeschwindelt, als ich am Telefon so tat, als hielten mich die Räuberbergs gegen meinen Willen gefangen, aber Hele hatte trotzdem den Röntgenblick. Sie entdeckte, dass ich gerne über meine Lippen leckte und mit den Zehen zuckte, wenn ich beim Lügen streng angeschaut wurde.
    » Solche Anzeichen sucht man beim SCHWINDEL n immer: Manche Lügner lächeln zu viel, andere können ihrem Gegner nicht in die Augen schauen. Die beim SCHWINDEL n erlernten Fähigkeiten sind sehr nützlich – auch im echten Leben! Die Kunst, die Körpersprache seines Gegenübers zu durchschauen, wird dich aber auch verändern«, warnte sie mich. » Danach erkennt man Lügen für immer. Heute merk’ ich es jedes Mal, wenn der Wilde Karlo schwindelt. Mit irgendeiner Erwachsenengeschichte kommen die nicht mehr bei mir durch. Ein › das ist für dich das Beste‹ oder › so wurde es immer schon gemacht‹ funktioniert bei mir nur noch, wenn es wahr ist!«
    » Das hast du nie erwähnt«, sagte ihr Bruder bewundernd.
    » Natürlich nicht!«, fuhr Hele ihn an. » Zwischendurch könnte es ja auch mal ganz nett sein, zur Abwechslung selbst der Beschwindelte zu sein … Nee, doch nicht. Es ist schon besser so. Eltern kann man nie über den Weg trauen.«
    » Also gut …«, unterbrach ich die beiden. » Ich denke, dass ich jetzt bereit bin.« Während ich auf einen Punkt starrte, stellte ich mir vor, wie Hele zu sein – ein eiskalter Profi!
    » 1) Ich habe das Messer, das ich von Kaija bekommen hab, kein einziges Mal benutzt, seitdem ich letztes Jahr nach Hause zurückgekehrt bin.
    2) Ich glaube, dass meine Schwester Vanamo ein gefährlicherer Gegner ist als mein Vater Jouni Vainisto.
    3) Hele ist eine bessere Fahrerin als Hilda.«
    Als ich die Lüge erzählte, hatte ich das Gefühl, dass mir ein Kloß in der Kehle hochstieg, und ich verspürte das große Bedürfnis, mit den Augen zu blinzeln, aber ich wusste, dass mich das verraten hätte. Also gab ich mir Mühe, den Blicken der beiden Geschwister auszuweichen, damit sie nicht merkten, wann ich log, und versuchte mein wild pochendes Herz zu beruhigen.
    » Einfach!«, sagte Hele. » Lass mal Kalle versuchen, ich hab ja gesagt, dass ich hier drin ziemlich gut bin!« Dabei musste sie selbst schmunzeln.
    Ehrlich gesagt, war ich ein bisschen enttäuscht, schließlich hatte ich den dritten Satz, der sie selbst betraf, extra ausgewählt, um sie durcheinanderzubringen.
    » Also der Satz, dass deine Schwester gefährlicher als dein Vater ist, ist ja wohl echt mal eine seltsame Behauptung, weil es ja schließlich zum Beispiel auch dein Vater war, der im letzten Jahr die Polizei gerufen hat!«, begann Kalle. » Und was könnte diese Vanamo denn schon großartig machen? Die ist zwar eine fiese Ratte, aber könnte die irgendetwas richtig Gefährliches machen? Zum Beispiel Kontakt zu den anderen Räubersippen aufnehmen, etwa zu einem bis an die Zähne bewaffneten Pärnänen, mit dem sie sich dann verbünden würde? Wäre Vanamo zu so etwas fähig? Vielleicht will sie ja nur dich allein ärgern? Ja, ich sag’, dass diese Gegner-Geschichte Quatsch ist. Dein Vater ist immerhin ein Erwachsener, er ist sowieso schon sauer und kennt wer weiß ich wen!«
    Ich freute mich heimlich über Kalles Tipp und drehte mich zu Hele um, die angefangen hatte, mit absoluter Zielgenauigkeit ihr Messer in einen ziemlich weit entfernten Baumstamm zu werfen. Für diesen Sommer hatte sie extra eine neue Zielscheibe gebastelt, deren Fläche so klein wie eine Streichholzschachtel war. Sie war unglaublich gut geworden!
    » Nummer eins war gelogen«, sagte sie und machte sich auf, um das Messer aus dem Stamm zu ziehen. Als sie den vom Messer gemachten Schlitz in der klitzekleinen Zielscheibe begutachtete, fügte sie grinsend hinzu: » Du würdest dich niemals trauen, mit den Wurf-Übungen aufzuhören. Du wüsstest, dass du dich sonst am Sommeranfang total blamieren würdest.« Sie hielt mir das Messer hin, so als wollte sie meine Fähigkeiten testen. Ich nahm es und warf. Das Messer blieb nur eine Handbreit neben der Zielscheibe stecken. Hele holte es zurück und nickte zufrieden. » Ja, und dieses › ich glaube‹ oder › ich hoffe‹ muss man komplett aus den Sätzen raus lassen«,

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