Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
wart.«
» Da gibt es ja auch Eis«, sagte Kalle mürrisch.
» Kein Problem, Schatz, wir überfallen noch einen Kiosk, dann bekommst du ein Eis«, sagte Kaija zu mir und zwinkerte mir zu.
» Ich habe eine Überraschung für euch. Aber die braucht etwas Zeit, deshalb fahren wir noch nicht sofort weiter«, sagte ich. » Erst mal bauen wir ein bisschen auf.«
Ich bat Kalle und Gold-Piet um Hilfe. Aus dem Stauraum unter der hintersten Rückbank holten wir einen kleinen tragbaren Fernseher und einen VHS -Videorekorder, die zur Beute der letzten Woche gehörten. Der Wilde Karlo hatte die Geräte wegwerfen wollen, aber ich hatte ihn zum Glück daran hindern können. Ich bat Kalle, den Halter für den Fernseher im Bus zu befestigen. Er passte perfekt an die eingebaute Hutablage bei der Rückbank.
Der Fernseher war sehr klein, ein Modell, wie man es viel auf Flohmärkten und Dachböden finden konnte, denn heutzutage mussten Fernsehgeräte ja wie große gerahmte Gemälde aussehen. Als Nächstes würden sie vielleicht als Bücher oder Briefumschläge getarnt.
» Das hier ist ein Videorekorder«, sagte ich und befestigte ihn sicher auf der Hutablage. » Und das sind Videokassetten. Alle mit dem richtigen Thema und offenbar ganz unten aus dem Lager, Buchstabe R: Der Rote Korsar, Robin Hood, Der Räuber Hotzenplotz, Der Raubzug der Wikinger.«
» Und was macht man damit?«, fragte Hele. Natürlich wollte sie sich vor allen anderen die neue Technik aneignen.
» Das erkläre ich, wenn wir da sind«, sagte ich. » Es ist so etwas wie ein Abschiedsgeschenk. Damit vergeht die Zeit besser. Es ist für die langen Abende gedacht, wenn ihr irgendwo im Hinterhalt liegt. Oder für Wintertage, an denen ihr in hohen Schneewehen festsitzt und nichts anderes habt außer Zeit.« Dann hatte ich alles angeschlossen und sagte: » Fertig. Lasst uns losfahren.«
Hilda, die nur auf das Zeichen gewartet hatte, trat das Gaspedal durch, und wir setzten uns wie in alten Zeiten mit quietschenden Reifen in Bewegung. Unterwegs aßen wir Bonbons und frotzelten herum. Manchmal vergaß ich ganz, dass ich auf dem Weg nach Hause war und bald nicht mehr mit ihnen fahren würde.
» Piet hat die Bonbontauschwette gewonnen«, sagte Hele.
» Das Spiel brauchen wir nicht mehr zu spielen. Alienkotze würde man ja niemals gegen etwas anderes eintauschen. Nichts auf der Welt kann Alienkotze schlagen!«
Ich schaute aus dem Fenster, und plötzlich erkannte ich die Gegend. Da war das Ärztezentrum, wo wir einmal meinen Finger schienen ließen, den ich mir beim Rodeln gebrochen hatte.
» Hier scharf links«, sagte ich zu Hilda. » An der Bücherei vorbei und dann an der Schule vorbei, da fängt der Paukenweg an, der zu unserem Haus führt.«
» Ist das deine Schule?«, fragte Kalle.
Ich nickte.
» Sind wir schon so nahe?«, fragte der Wilde Karlo traurig. » Bald steigst du aus. Wie werden wir nur ohne dich zurechtkommen?«
» Sehr gut!«, sagte Kaija. » Hör nicht auf mein Brüderchen, der redet im Grunde immer Unsinn.«
Der Bus bog in den Paukenweg ein, und vor uns tauchten Hochhäuser auf.
» Das zweite Haus«, sagte ich. » Halt hier auf dem Parkplatz an.«
Der Räuberbus beschrieb eine scharfe Kurve und blieb schwankend stehen. Ich machte die Seitentür auf und sprang hinaus. Da stand ich auf dem Parkplatz, unserem Parkplatz. Jetzt konnte ich mir vorstellen, wie es Hilda und Karlo Räuberberg ging, als sie nach so langer Zeit vor ihrem Haus gestanden hatten. Ich sah Vanamos Fenster, die Vorhänge waren zugezogen. Bestimmt hörte sie in ihrem Zimmer Musik und telefonierte, wie immer, wenn es acht Uhr wurde. In meinem Zimmer waren die Vorhänge offen. Von dort hätte jemand auf den Bus hinunterschauen und mich beobachten können, während ich überlegte, wie ich den Mut zusammenbekäme, meine Sachen zu nehmen und tatsächlich ins Haus und in den Fahrstuhl und in unsere Wohnung zu gehen.
» Noch kannst du dich anders entscheiden«, sagte Hele, als ich zum Bus zurückkam. Ich nahm meinen Rucksack. Sie breitete in einer großmütigen Geste die Arme aus. » Hey, wir nehmen es dir nicht übel, wenn du hier am Ziel plötzlich sagst: ›Nö, interessiert mich doch nicht.‹ Wir verstehen das alle. Uns hat es auf jeden Fall gutgetan, ein bisschen durch die Gegend zu fahren.«
» Du kommst doch klar, oder?«, fragte Kaija.
» Es ist am besten so«, sagte Hilda, aber sie sah mich nicht an, sondern starrte durch die Windschutzscheibe nach vorn. Ich sah, dass
Weitere Kostenlose Bücher