Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)
heraus, das größer als vier Zentimeter war.
»Schade um all die wunderbaren und teuren Services«, sagte Jonathan, und Barbara wunderte sich, sie hatte den Mann für weniger häuslich gehalten. »Schade eigentlich um alles hier«, antwortete sie.
Fünfzig Stunden nach dem unglücklichen Tod Dorands standen Barbara und Jonathan vor dem Landeschiff, und von Nahem sah es weit mitgenommener aus. Tiefe Schrammen waren in das als unzerstörbar geltende Material der Panzerung gegraben, und das Heck war zersplittert wie morsches Holz. Die Geigerzähler machten jedoch nicht mehr Aufruhr als sonst in der Trümmerwüste auch. Am wichtigsten war, dass sie keinen solchen Höllenlärm veranstalteten, wie sie es in der Nachbarschaft des anderen Landeschiffs getan hatten. Die Luke des schräg liegenden Schiffes stand offen. Als die Frau und der Karnese hindurchstiegen, verlor Jonathan in dem abschüssigen Gang sein Gleichgewicht und glitt aus. Er schlug schwer hin, schlitterte den Mittelflur hinunter und schrie auf, als er an der gegenüberliegenden Seite auftraf. Eine zerbrochene Wandtafel ließ ihre Splitter wie Krallen in den Gang ragen und hatte sich durch Jonathans Ärmel gespießt.
»Verdammt noch mal«, sagte Barbara und packte einen der wenigen Nothilfetornister aus, den die Überlebenden der VILM VAN DER OOSTERBRIJK besaßen, »kann denn nicht mal irgendetwas einfach nur funktionieren?«
Jonathan hielt die Augen geschlossen und bemühte sich, gleichmäßig zu atmen; den linken Arm hielt er vom Körper ab. Aus einem langen Riss im Stoff quoll langsam Blut. »Ich glaube, das ist mit einem Pflaster nicht erledigt«, sagte er, »aber solange ich reden kann, habe ich es besser erwischt als Claudius.«
Das ist eine andere Frage, dachte Barbara. Sie schnitt den Ärmel auf und legte einen langen hässlichen Schnitt frei, der sich über Jonathans Oberarm zog und tief ins Muskelfleisch reichte. Barbara hatte oft Gelegenheit gehabt, ihre Kenntnisse in Erster Hilfe anzuwenden. Das hier sah nicht nach Erster Hilfe aus. Das schrie nach einem Arzt oder zumindest nach einem funktionierenden Medlabor. Beides war weit entfernt, zu weit. Barbara stillte die Blutung und tackerte die Wundränder zusammen, so gut es eben ging. Jonathan zerbiss dabei den Kragen seiner Jacke. Als Barbara den Arm verband, musste sie daran denken, dass wegen dieser Wunde die dicken Muskelpakete des Karnesen wertlos geworden waren. Und sie dachte daran, dass alle möglichen Komplikationen vorprogrammiert waren, Infektionen, weitere Blutungen, Schock. Konnte der verdammte Riesenkerl sich nicht vorsehen?, dachte sie und bekam einen Schreck. Dieser Gedanke gehörte nicht in diese Situation. Er gehörte sich gar nicht.
Vorsichtig und Schritt für Schritt erkundeten sie das Landeschiff. Nach kurzer Zeit hatten sie entdeckt, dass der Landau-Modulator zu schwer beschädigt war, als dass sie ihn hätten in Betrieb setzen können. Energie war da, doch die Rechner forderten energisch, das gesamte Aggregat auszutauschen oder auf einer Werft gründlich zu reparieren.
»Können wir die dringendsten Arbeiten nicht doch selbst machen?«, fragte Jonathan. »Wir haben Zeit.«
»Du träumst, Vliesenbrink«, sagte Barbara und ließ eine detaillierte Aufstellung der wesentlichsten Schäden über den Bildschirm laufen. Es war hoffnungslos. Selbst eine voll ausgestattete Werft mit all ihrer Hochtechnologie und Hunderten von spezialisierten Technikern würde anderthalb Wochen für eine Instandsetzung benötigen.
»Und?«, fragte Jonathan, der sichtlich Schmerzen litt.
»Keine Chance«, sagte Barbara, »das Ding kriegen wir nie im Leben geregelt. Aber die Gleiter werden als weitgehend in Ordnung angezeigt. Das wäre doch was.«
»Einfach zurückfliegen? Ja, das könnte mir gefallen.«
Leider stellt sich heraus, dass die wenigen grünen Lichter auf der Konsole trogen. Die Systeme des Landeschiffes waren noch schwerer in Mitleidenschaft gezogen als vermutet. Barbara hatte den permanenten Regen im Verdacht, dafür verantwortlich zu sein. Überall sickerte Wasser durch Risse, plätscherte in Kabelschächten und gluckerte in Schränken. »Dieses Landeschiff ähnelt einem U-Boot«, sagte sie zu Jonathan, als es gelungen war, die große Lastenklappe des Hangars zu öffnen. Sturzbäche von angesammeltem Regen flossen über die lädierte Außenhaut des Schiffes. »Nur dass dies hier innen voller Wasser ist. Bei U-Booten ist es gewöhnlich außen.«
Jonathan lächelte schief. Sein
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