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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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vereinfacht, dass es fast wehtat. Das raffinierte Konzept vernetzter quasiholografischer Programmstrukturen mit selbstorganisierenden Modulen war eins der Lieblingskinder der Zentralier. Es war ein so schönes, so kristallin reines Konzept. »Ganz grob ausgedrückt, ja«, sagte Eliza dennoch.
    »Und was soll das?«
    Eliza schaute den Fragesteller überrascht an. Eine derart dumme Frage hatte sie nicht erwartet. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie es hier mit serafimischen Siedlern zu tun hatte, nicht mit Zentraliern. Das waren nicht einmal Raumfahrer. Diese Leute waren nur aus einem Grund in ein Raumschiff gestiegen: Um den Rest ihres Lebens auf einem anderen Planeten zu verbringen. Sie waren nicht interessiert an interplanetarer Politik. Das Einzige, was sie an Politik je interessiert hatte, war die Tatsache, dass es auf Serafim immer weniger Land für immer mehr Menschen gab – und dass andere Welten dankbar waren für jede Familie, die übersiedeln wollte.
    »So ein Weltenkreuzer«, sagte Eliza, »hat das Flottenkommando einen gewaltigen Batzen Geld gekostet. Natürlich wollen sie so viel wie nur möglich davon wiedersehen, zumal ihnen das meiste von dem Geld gar nicht selbst gehört. Weiß das Papst, wessen Geld da drinsteckt. Also repariert sich das Schiff selbst und kommt zurück, nicht heute und nicht morgen, aber irgendwann bestimmt.«
    »Abschalten das Ding!«, rief jemand.
    »Dieses Programm kann man nicht abbrechen«, präzisierte Eliza das Problem; sie hatte gedacht, dass sie das bereits erwähnt hätte. »Dieses Programm ist für den Fall der Abwesenheit von Menschen gedacht, warum sollte also eine Abschaltmöglichkeit existieren?«
    »Möglicherweise kann man den Rechner zerstören?«
    »Das, du Flachkopf, glaubst du doch selber nicht!« Der Widerspruch kam von Tina, und sie erklärte, ohne um das System zu wissen, das tatsächlich dahintersteckte, dass die Rechner des Inneren Netzes eines Weltenkreuzers sich kaum einfach vernichten lassen dürften. Eliza grauste es; das klang, als ginge es darum, einen Kasten mit elektronischen Innereien zu zertrümmern, und flugs wäre das Problem aus der Welt. Die Vernichtung irgendwelcher Hardware würde nicht das Geringste ändern. Aber wie sollte sie das einer Runde von Serafimern erklären?
    »Die Sache ist noch komplizierter«, sagte Eliza in Tinas Erklärungen hinein, »die Selbst-Belebung hat sich ohne Anlass aktiviert, und viel zu schnell nach dem Absturz, also ist da etwas defekt. Und wer weiß, was außerdem ... Jedenfalls ist das Gebirge für uns eine tödliche Falle geworden. Wohl nicht überall, jetzt noch nicht, jedoch das Problem wird um sich greifen.« Alle schwiegen, dachten an den ersten Suchtrupp – Barbara Brewka, Jonathan Vliesenbrink und Claudius Dorand –, der kurze Zeit nach dem Absturz in die Trümmer gegangen war und von dem man nie wieder etwas gehört hatte; und man dachte an die zweite Gruppe, die wenige Stunden nach Elizas Trupp gegangen war. Weder die einen noch die anderen hatte man bislang wiedergesehen. Die serafimischen Siedler schätzten Karnesen sehr, die Namen von Dorand und Vliesenbrink wurden, wenn überhaupt, nur mit aller Hochachtung erwähnt.
    »Wir werden uns, alle zusammen, überlegen müssen, ob es einen Ausweg, besser eine Lösung des Problems, gibt und wie das aussehen soll«, sagte Tina, »und uns beeilen, so schnell wie nur möglich so viel Verwertbares wie nur möglich aus dem verflixten Gebirge zu holen, ehe dieser ausgeflippte Rechner oder dieses wahnsinnig gewordene IN-Netz die Kontrolle darüber übernommen hat, einverstanden?«
    »Wie sind wie Robinson«, sagte einer, »der das Wrack mit den Vorräten vor der Nase hat, und jetzt kann das Schiff jeden Tag versinken.«
    »Schön gesagt«, stellte Tina fest. Zustimmendes Gemurmel.
    »Eliza und diejenigen von uns, die etwas davon verstehen – ich hoffe, wir finden ein paar Leute –, sollten versuchen, diese Selbst-Belebung zu stoppen, aufzuhalten, umzuprogrammieren, was weiß denn ich. Es muss doch, verflixt noch mal, eine Möglichkeit geben, den Ablauf eines Programms in einem Rechner zu stören!«
    Eliza wurde nicht gefragt, ob sie mittun wollte. Das kannte sie: Die Regierung ordnete an. Sie ging, sie war entlassen. Ihre Gedanken kreisten sinnlos um das, was da in den Trümmern hauste, letzter funktionierender Rest einer Maschinerie, die kein Mensch je konstruiert hatte, die von anderen Maschinen entwickelt und gebaut worden war. Die Zeiten, in denen

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