Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
der Geländekugler bewaffnet gewesen wäre, hätte er darüber nachdenken müssen, ob er auf das Ding feuern dürfe.
Aus einem der Ausleger lösten sich spinnenbeinartige, über dem Monstrum kreisende Arme, aus denen in giftiggelben Schwaden irgendwelche Flüssigkeiten auf die angreifenden Fleischsprossen versprüht wurden. Deren Rinde begann sofort zu rauchen und schlug Blasen, die zerplatzend weiteren Qualm ausstießen. Die Angreifer verloren schlagartig an Kraft und Geschwindigkeit, lösten sich noch in der Luft in saftverspritzende Klumpen auf und prasselten harmlos auf das Grau und Gelb der riesigen Maschine herab.
»Schade«, sagte Toronlukas, und ein Schatten huschte vorbei.
Rijo und Jojojo zuckten zusammen, als etwas Schwarzes, Massives in das nächste Schaufelrad hineinkrachte. Die Wucht des Aufpralls riss es teilweise aus seiner Nabe, so dass es kreischend und funkensprühend zum Stehen kam.
Rijo schlug mit der Faust auf die Konsole und stieß ein kurzes, triumphierendes »Ja!« aus, ehe sie den abgestürzten Brocken näher in Augenschein nahm. Das Gestrolch bewarf den Feind also mit Brocken.
Dieser hier kam ihr bekannt vor. Das war doch ...
»Ich glaube, das da haben wir schon einmal gesehen«, sagte sie. »Als es noch jung, klein und niedlich war.«
Jojojo signalisierte mit dem üblichen Laut ihr Einverständnis, während Toronlukas das herabgefallene Ding erstaunt betrachtete. Länglich, so um die vier Meter, schwarz, hart ...
Das gesamte Räderwerk war nun zum Stillstand gekommen, und kreischend begann sich der getroffene Sektor aufzufalten. Das defekte Schaufelrad wurde samt Aufhängung und der restlichen Mechanik ins Innere geholt, und nach einigem Hin und Her tauchte ein neues Rad auf und rastete anstelle des alten ein. Dabei war auch das Geschoss bewegt worden, vom zerbeulten Metall gerutscht und in die Tiefe des Gestrolchs gefallen. Toronlukas hatte gesehen, dass seine Oberfläche mit langen Wimpern bedeckt war, die sich sacht hin- und herbewegten.
»Ich wette, das Ding hat seinen Fall mit den Geißeln gesteuert«, murmelte er.
»Es kann eben mehr als nur Wind fächeln«, sagte Rijo. »Wirklich erstaunlich. Angriffsnüsse. Kamikazefrüchte.«
»Wir sollten daheim Bescheid geben«, meinte Toronlukas, und jemand mit etwas mehr Entschlusskraft hätte wohl einfach zum Funkgerät gegriffen.
Ein kleinwüchsiges Eingesicht sprang wie ein dunkler Blitz auf die Konsole und machte sich auf allem breit, was man für die Kommunikation in den Geländekugler eingebaut hatte. Keine gute Idee, besagte sein Gesichtsausdruck. Zugleich ließ Jojojo alle Kevins ausschwärmen, die an Bord waren, und zeichnete alles auf, was die kleinen Maschinchen registrieren konnten.
Sie umflatterten die Ausleger, schwärmten an den nun wieder mahlenden Messerleisten vorbei und kartografierten die Fabrik. Dabei wurde schnell klar, dass es sich wirklich nur um eine riesige Maschine handelte. Wenn Menschen an Bord waren, dann hatten sie es sehr ungemütlich oder lebten in eigenen Schutzräumen. Das Gift, mit dem das Ding gegen die Angriffe des Gestrolchs vorging, saß in jeder Ritze, und an vielen Stellen war das Metall heiß, so dass jedes Geniesel rasch verdunstete. Manche Kevins opferten sich dabei, den Luftraum über dem Eindringling zu erforschen. Sein bislang zurückgelegter Weg bildete eine mächtige Röhre, eine schmerzhafte vertikale Narbe, die das Gestrolch nicht zu heilen vermocht hatte. Vielleicht reichte diese Wunde ja bis ganz nach oben hinauf? War das scheppernde, vibrierende und dampfende Metallungetüm am Ende aus dem Weltraum gekommen?
Soweit hinauf reichte jedoch auch das Leben des ausdauerndsten Kevins nicht. Der tapferste von ihnen erhaschte noch einen Blick auf eine Batterie schwarzer Klumpen in der wundgeschnittenen Innenfläche des Gestrolchs. Werdende Geschosse, die auf den Tag ihrer Reife warteten, um sich dann, mit ihren Geißeln steuernd, auf den grausamen Mechanismus zu stürzen.
Ob die Riesenmaschine mit diesem bevorstehenden Bombardement zerstört werden konnte? Rijo bezweifelte es. Das Ding reparierte sich unaufhörlich selbst.
Das tat es auch mit jenen verätzten Panzerblechen, die von der Säureattacke eines Tierchens zerstört worden waren, das erschreckende Ähnlichkeit mit einer der harmlosen, lauten Schreilen hatte. Nur dass eines der beiden Mäulchen ätzenden Saft ausstieß statt Lärm. Toronlukas hatte die meisten Schreilen-Arten bisher eher als lustige Scherzlebewesen
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