Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
demjenigen gehört, der es gefunden hat.«
Robinson kicherte. »Darüber können sich die Anwälte lange streiten.«
»Wenn Sie mir jetzt Anwälte schicken«, sagte Sergios, »dann eröffne ich das Feuer.«
Ein gequältes Grinsen war die Antwort.
»Eins noch«, sagte Len Robinson, »Sie haben nicht zufällig jemanden mit heraufgebracht, so ganz zufällig? Jemanden namens Leandro Cummino, mit Begleitung? Dieser Typ scheint verschwunden zu sein.«
»Nein«, antwortete Sergios.
»Schade.«
Der Stationschef sah enttäuscht aus und ließ seine enorm breiten Schultern hängen.
»Aus irgendeinem Grund scheint er wichtig zu sein. Jedenfalls nerven die Anfragen nach ihm allmählich. Ich komme hier ja praktisch nie weg.«
Er klang nicht, als würde ihm das wirklich etwas ausmachen.
Irgendetwas oder irgendjemand an Bord der Raumstation murmelte im Hintergrund die ganze Zeit vor sich hin. Erst jetzt fiel es Sergios auf. Es war eine Stimme, die unaufhörlich Zahlen herunterrasselte.
»In drei Stunden«, sagte er, »darf ich landen, um meine Schwebeschachteln zu holen. Danach kann ich auch mit dem Flottenkommando reden, um die Eigentumsverhältnisse zu klären.«
Der müde Mann wurde deutlich munterer.
»Ist ja interessant ... Könnten Sie mir da einen Gefallen tun, bitte?«
Sergios machte ein fragendes Gesicht.
»Es ist nämlich so«, sagte Len Robinson, der laut Namensschildchen den stolzen Titel Stationskommandant führte, »ich habe hier seit zweieinhalb Tagen jemanden an Bord, der hinunter auf den Planeten möchte, aber die nächste Gelegenheit dafür ist erst in einer Woche. Mir wäre es wirklich ein Herzensanliegen ... äh ... meinem Gast eine frühere Passage hinunter zu ermöglichen.«
Sergios wunderte sich ein bisschen über den Unterton von Verzweiflung in der netten Stimme Robinsons, aber er dachte nicht weiter darüber nach. Ein kurzer Kontakt mit der roten Linie spannte in seinem Bewusstsein ein Planetarium voller Routen und Trajektorien auf. Die Rechenkraft des kleinen Netzes hier an Bord reichte vollkommen aus, auch komplexe Bahnberechnungen in sehr kurzer Zeit zu erledigen. In diesem Fall war die Ausgangslage denkbar günstig.
»Ich kann in genau einundfünfzig Minuten bei Ihnen anlegen«, sagte Sergios und leitete in derselben Sekunde die nötigen Schritte dafür ein, ohne die Hand von der Linie zu nehmen.
Vielleicht entging ihm deswegen die Erleichterung, die das jungenhafte Gesicht des Stationskommandanten erhellte, als hätte man ihm das Ende aller seiner Qualen versprochen.
Eine Stunde später wurde Sergios Thanassatrides klar, was das Benehmen von Len Robinson zu bedeuten hatte und worin der Zusammenhang mit der monotonen Stimme im Hintergrund bestand. Da hatte er nämlich durch die Schleuse seinen Fluggast für die Passage nach Gerdastadt hereingeholt und wieder von der Station abgelegt.
Diese wenigen Minuten hatten ausgereicht, um ein tiefes Mitleid für den Stationskommandanten zu entwickeln. Der Gast nämlich ging Sergios in Rekordzeit derart auf die Nerven, dass er darüber nachdachte, wie er ihn wieder in die Schleuse zurücklocken sollte, wo er ihn schalldicht isoliert aufbewahren oder am besten gleich in den Weltraum hinauspusten konnte.
»Hochwürden Sandaragaleezi Mornastan ist mein Name«, hatte er gesagt und war, in eine leuchtendgrüne, aufwendig um seinen Leib gewickelte Toga gehüllt, an Sergios vorbei in den Restweltenkreuzer stolziert, ohne den dürren Zentralier eines Blickes zu würdigen. »Ich bin – unter anderem – Hochmeister des Allseherordens, Basileus der Gematrianten, Numerant der höchsten logarithmischen Mysterien und eines der wenigen denkenden Wesen dieses Universums, die vielleicht eines Tages die Botschaft Gottes schauen dürfen. Außerdem sitze ich im Zentralrat der luciferantischen Bekenntnisse. Angesichts Ihrer Freundlichkeit, mich von der Gegenwart dieses unsäglichen Raumstationskommandanten zu befreien – der für diesen Posten aber nun wirklich viel zu jung ist –, dürfen Sie mich Basileus Mornastan nennen. Von wo aus habe ich hier den besten Blick in das freie Weltall? Aha, dort hinten offensichtlich.«
Völlig perplex, sah Sergios die grüngewandete Gestalt auf seinen Pilotensitz zusteuern, offenbar gewillt, sich dort niederzulassen und den Blick durch die großen Bildwände zu genießen.
Die Schleuse ist viel zu weit weg, dachte Sergios. Schade.
Er kontaktierte die rote Linie und löste jene Funktion aus, die den Pilotensessel zum Zwecke
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