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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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…«, sagt Grand. Sie dreht sich zu mir um. »Er ist zu bescheiden! George ist ein wunderbarer Schauspieler. Er spielt die Hauptrolle in Arsen und Spitzenhäubchen .«
    »Und wen spielst du?«, frage ich Grand.
    »Tante Abby. Mit viel Make-up auf alt geschminkt.« Sie verzieht das Gesicht. »Die Proben beginnen Anfang Januar am Theater in Cincinnati. Demselben Theater, wo ich als Ophelia so erfolgreich war«, erklärt Grand.
    »Und wo habt ihr euch kennengelernt?«, frage ich.
    »Bei verschiedenen Vorsprechen.« George legt den Arm um Grand.
    »Ich habe die Vorstellung eines seelenverwandten Menschen ja immer lächerlich gefunden, aber als ich George begegnete, musste ich schließlich und endlich doch daran glauben. Zwei Menschen …« Grand wedelt mit der Hand herum, als würde sie eines dieser Gymnastikbänder aufrollen. »Zwei Leben, aber eine Perspektive, eine Weltsicht. Ist es nicht so, George?«
    Ich möchte Grand nicht unterbrechen, während sie ihre Liebe zu George beschreibt, und sie daran erinnern, dass sie genau das Gleiche auch über ihre beiden letzten Freunde sagte, von denen einer ein Regisseur und der andere ein bekannter Lichtdesigner war. Offenbar kann man in einem Leben viele Seelenverwandte treffen. Grand schüttelt sie jedenfalls aus dem Ärmel wie Bonbons aus einer Schachtel.
    »Du hast absolut recht, Püppchen«, sagt George und lächelt. Ich finde es so lustig, dass er Grand Püppchen nennt, wo sie vonden beiden doch eher diejenige ist, die eine neue Lieblingspuppe gefunden hat. Das war jetzt nicht sehr nett von mir – allein schon so etwas zu denken –, aber dieses Weihnachten ist sowieso so dermaßen im Eimer, dass es auch nichts mehr ausmacht, wenn ich mich wie Prinzessin Beißzange aufführe.
    »Möchtet ihr euer Zimmer sehen?«, frage ich.
    »Wir haben mit der Schulleiterin gesprochen …«
    »Mrs. Grundman?«
    »Ja, genau. So hieß sie! Und sie hat dafür gesorgt, dass man zwei Zimmer für uns reserviert.« Grand schaut George mit einem »Ich bin meiner Enkelin ein gutes Vorbild«-Blick an.
    »Prima. Gut.« Ich zucke mit den Schultern. Ich finde ja, wenn man vierundsechzig ist, kann man tun und lassen, was man will, aber wenn Grand ein Vorbild sein möchte, warum nicht? Bestimmt werden sie ihre eigene Screwball-Komödie aufführen und über den kalten Flur des Gästeflügels von einem Zimmer zum anderen rennen oder wie auch immer, aber das geht mich nichts an.
    George nimmt die Koffer. Hilfsbereit greife ich nach einer kleinen Tasche und führe sie ins Untergeschoss, vorbei an der Waschküche und dem Freizeitraum, zu den Gästezimmern, die am Ende eines langen Ganges liegen.
    Während Grand und George mir die Treppe hinunterfolgen, lachen und witzeln sie wie ein frisch verliebtes Paar. Mir fällt auf – nur um das mal festzuhalten –, dass Jared und ich uns viel zurückhaltender und würdevoller benehmen. Grand und George führen sich fast albern auf.
    »Da sind sie.« Ich zeige auf die Türen zu den möblierten Gästezimmern. »Und im Gebäude darf nicht geraucht werden«, erkläre ich noch.
    »Oh, ich habe schon seit den Sechzigern nicht mehr geraucht.« Grand lacht.
    »Und ich war da noch gar nicht auf der Welt«, neckt George sie.
    »Oh, du!«, sagt sie und lacht wieder.
    Das wird ja ein seltsames Weihnachten werden, denke ich, während ich die Treppe zu unserem Zimmer hinaufgehe.

ELF
    Also, Mädels, auch wenn wir hier in …«
    Grand verstummt und überlegt. Sie muss erst nachdenken, in welcher Stadt sie ist, weil sie bei ihren Tourneen jeden Abend woanders auftritt. »… in South Bend festsitzen, wollen wir dieses Weihnachtsfest doch so heimelig wie möglich gestalten, oder?«, sagt sie, während sie auf meiner Bettkante sitzt.
    Meine Großmutter ist kein bisschen heimelig, daher kann es eigentlich nur in einem Fiasko enden, wenn man ihr die Verantwortung für Gemütlichkeit überträgt. Sie gehört nicht zu den Omas, die alte Puppen auf ihrem Bett sitzen haben oder Häkelarbeiten im Schrank – außer vielleicht einen Bikini aus den Siebzigerjahren.
    Grand wohnt in einer ultramodern eingerichteten Wohnung an der Upper East Side von Manhattan, die unter das Mietkontrollgesetz fällt (was bedeutet, dass meine Mutter sich nicht sorgen muss, meine Großmutter könnte die Wohnung und die niedrige Miete irgendwann verlieren). Es ist eine sonnige Zweizimmer-Wohnung mit einer Terrasse, auf der wildePflanzen und eine Buddhastatue stehen (der einzige Buddha an der gesamten Upper East

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