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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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Augen sehen kannst.«
    »Sie hätten doch Geld sparen können, wenn sie mich in New York gelassen hätten – die Schule hier ist teuer!«
    »Ich komme dafür auf«, sagt Grand.
    Das trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Grand sollte ihr hart verdientes Geld nicht für mich ausgeben. Das ist doch verrückt! In einem Jahr erreicht sie das Rentenalter. (Obwohl – wenn man ihr glaubt, hat sie noch dreizehn Jahre vor sich.)
    »Und das mache ich gerne. Also, sag ihnen nicht, dass ich dir das erzählt habe – es würde sie umbringen. Sie verdienen gutes Geld mit diesem Dokumentarfilm und sie haben euer Haus für ein Jahr vermietet. Das dürfte sie wieder in die schwarzen Zahlen bringen.«
    Tränen steigen mir in die Augen. »Das wusste ich nicht.« Ich denke daran, wie ungerecht ich zu ihnen war und wie gemein und wie ich immer irgendeine blöde Bemerkung abließ, weil ich dachte, sie wollten mich nicht bei sich haben, weil ich ihnen im Weg wäre. Aber so war es gar nicht. Ich denke an meine Mutter, die sich ihre Haare selbst färbt und nicht zum Friseur geht, um Geld zu sparen. Bestimmt will sie gut aussehen für diese Geschäftstreffen, wenn sie mit meinem Vater unterwegs ist, um für ihre Projekte zu werben. Sie gehört nicht zu diesen Müttern, die gut aussehen wollen, einfach nur um gut auszusehen oder um krampfhaft ihreMadonna-Glanzzeit der Achtzigerjahre festzuhalten. Sie versucht einfach nur, im Geschäft zu bleiben, mit der Zeit zu gehen, Arbeit zu haben.
    Meine Mutter bemüht sich, mir meine Wünsche zu erfüllen. Sie geht mit mir ins Village shoppen und benutzt selbst seit den Neunzigern eine Handtasche, die sie gekauft hat, als sie noch einen Schreibtischjob in einer Produktionsfirma hatte.
    Mein Dad, der als Handwerker wirklich zwei linke Hände hat, repariert alles in unserem Haus. Er braucht Stunden dafür und muss nebenher immer wieder in einem Heimwerkerbuch blättern, aber er schafft es – und beschwert sich nicht darüber. Sie streichen unsere Zimmer selbst, aber sie lachen und reden dabei, als würde es ihnen Spass machen – sie tun kein bisschen so, als könnten sie sich keinen Maler leisten.
    Ich bin der selbstsüchtigste, schrecklichste Mensch, den ich kenne, und ich verdiene alles Schlechte, was mir widerfährt, weil ich immer nur an mich gedacht habe.
    »Jetzt weißt du es.« Grand breitet ihre Arme aus, und ich sinke hinein. »Du wirst geliebt, Viola Chesterton, und zwar tausendprozentig.«
    »Danke.« Ich vergrabe mein Gesicht am Hals meiner Großmutter, dem sichersten Ort der Welt.
    »Das Leben kann schrecklich sein. Und mal kommt Geld rein, mal geht es. Mal ist man reich, mal ist man pleite … Und bekommt man welches in die Hände und hält es fest, braucht nur eine Kleinigkeit zu passieren und es ist wieder weg. Meine Güte, heutzutage kann dich eine entzündete Zahnwurzel die Miete für sechs Monate kosten.« Grand seufzt.
    »Und als Schauspielerin hängt dein Lebensunterhalt von den Launen eines Regisseurs ab. Wenn ich für eine Rollevorspreche, bin ich häufig zu groß oder zu dünn oder zu dies oder zu das oder nicht genug oder viel, viel zu viel! Ich muss damit leben, für alles beurteilt zu werden, von den Rollen in meinem Lebenslauf bis hin zum Umfang meiner Knöchel! Aber du – du wirst nicht beurteilt und du wirst auch nicht abgeschoben. Du bist der erste Gedanke, wenn deine Mutter und dein Vater morgens aufwachen, und ihr letzter, ehe sie abends einschlafen.«
    »Haben sie dir das gesagt?«, frage ich.
    »Nein. Aber ich bin auch Mutter. Und so ist das eben. Wenn du auch mal Kinder hast, wirst du wissen, wovon ich spreche. Aber jetzt möchte ich dich nur bitten, dein Herz ein kleines bisschen zu öffnen und deinen Eltern etwas Frieden zu schenken, indem du sie wissen lässt, dass du hier glücklich bist. Weil ich es dir ansehe. Ich sehe, wie glücklich du hier bist. Und deine Eltern sollten das unbedingt wissen.«
    Grand hat recht. Ich bin wirklich ziemlich glücklich hier, aber ich beschwere mich eben gerne. Und natürlich setze ich mir ab und an auch gerne mein Prinzessin-Beißzange-Krönchen auf … einfach zum Spaß. Aber das ist jetzt vorbei. »Ich werde nicht mehr nur an mich denken, Grand«, schwöre ich.
    »Unsinn. Natürlich sollst du an dich denken. Es liegt dir im Blut – schließlich bist du meine Enkeltochter, oder nicht? Wir mögen Spiegel. Vor allem mögen wir unser Spiegelbild in den Augen von jemandem, der uns hübsch findet. Aber dafür bist du vermutlich

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