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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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noch zu jung.«
    »Nein, ich habe einen Freund«, platze ich heraus.
    »Ehrlich?« Grand macht große Augen.
    »Er heißt Jared Spencer.«
    »Was für ein markanter Name.« Grand schaut in die Ferneund kneift die Augen zusammen, als würde sie ihn in Leuchtschrift vor sich sehen. »Er gefällt mir.«
    »Er macht auch Filme.«
    »Wunderbar.«
    »Du würdest ihn bestimmt mögen.«
    »Ganz bestimmt. Und nun, könntest du mir bitte einen Gefallen tun? Geh und skypdingsda oder wie man das nennt mit deinen Eltern und sei dabei einfach du selbst! Sei witzig und liebevoll und sarkastisch, so wie du eben bist, damit sie nicht merken, dass wir dieses Gespräch geführt haben. Kannst du bitte an diesem Weihnachtsabend dafür sorgen, dass sie kein schlechtes Gewissen mehr haben? Kannst du das für deine gut erhaltene, jugendliche Großmutter tun?«
    Ich nicke. Ja, das kann ich. Ich umarme Grand und atme den Geruch ihres Parfüms ein. Die Augen fest geschlossen, drücke ich sie so fest, dass meine Mutter es am anderen Ende der Welt spüren müsste.
    »So. Das ist schon viel besser«, sagt sie. Und irgendwie ist es das wirklich.
     
    »Mom? Dad?«, spreche ich in die Kamera an meinem Computer.
    »Frohe Weihnachten!« Mom winkt, während Dad sich neben sie setzt. Sie beugen sich vor.
    »Oh Mann, ihr habt echt was verpasst! Es war das beste Weihnachten überhaupt. Wir waren in der Kirche …«
    »Wirklich?« Mom macht große Augen.
    »Grand hat geweint.«
    »Echt?« Dad ist beeindruckt.
    »Es war jetzt nicht so, dass ihre Seele gerettet wurde oder dasssie sich taufen ließ oder so, aber sie hatte so einen richtig erlösenden Heulanfall. Ihr Freund ist echt ein Traum.«
    »Er ist ein bisschen …«, hebt Mom an.
    » Viel jünger als sie. Aber ihr solltet die beiden zusammen erleben. Als wären sie füreinander bestimmt. Sie haben laut aus ihrem Theaterstück vorgelesen und Essen für uns gekocht. Es war total lustig. Aber natürlich wäre es noch viel besser gewesen, wenn ihr da gewesen wärt.«
    »Danke.« Ich merke, wie meine Mom sich bemüht, nicht zu weinen.
    »Bitte weine nicht. Ich liebe euch so sehr, und nächstes Jahr feiern wir wieder zusammen. Und das jetzt, na ja, das war ein sehr interessantes Weihnachten. Eine Erfahrung fürs Leben. Und dafür möchte ich euch danken.«
    »Wir sind glücklich, wenn du glücklich bist.«
    »Ich bin glücklich. Ich bin sehr glücklich.« Ich lächle.
    Meine Mutter und mein Vater schauen sich an, und zum ersten Mal, seit sie mich hier abgeliefert haben, entspannen sie sich sichtlich. So, als hätte jemand die Luft aus ihnen herausgelassen.
    Mein Vater legt den Arm um meine Mutter, und dann berühren sie beide den Bildschirm und ich berühre ihn auf meiner Seite. Und anstatt zu weinen oder mich nach ihnen zu sehnen, erkenne ich mich selbst in ihnen. Ihre Kämpfe sind auch meine und meine sind ihre. So wie es sein sollte bei Eltern und Kindern – gemeinsam, so gut sie können, an Weihnachten.

ZWÖLF
    George und Grand sitzen am Tisch im Aufenthaltsraum des Curley-Kerner-Baus und lesen mein Drehbuch für die May-McGlynn-Geschichte. George ist zuerst fertig. Er steht auf und streckt seine langen Beine, ohne einen Hinweis darauf zu geben, ob es ihm gefallen hat oder nicht.
    Grand liest langsam. Schließlich, nach gefühlten Millionen von Jahren, legt sie das Drehbuch vor sich auf den Tisch und nimmt die Brille ab.
    »George?« Sie schaut zu ihm.
    »Ich finde es sehr gut«, sagt er.
    »Ich auch. Aber es fehlt etwas.«
    »Was?«, frage ich nervös.
    »Nun, du hast das Drama ihres tragischen Todes wirklich perfekt umgesetzt. Du willst die Nase des abgestürzten Flugzeugs filmen und den Geist von May McGlynn zeigen, der den Trümmern entsteigt, all das ist sehr visuell und gut durchdacht, und offensichtlich weißt du genau, wovon dein Film handelt: von einer jungen Frau, die starb, ehe sie ihr Potenzial voll ausschöpfen konnte … richtig?«
    »Genau.« Ich bin so froh, dass mein Drehbuch verständlich ist, dass ich vor Freude platzen könnte.
    »Aber was wir nicht zu sehen bekommen, ist die Welt, in der sie arbeitet: die Welt der Schauspieler, der Filmschauspielerinnen ihrer Zeit, das Filmstudio, die Welt, die definierte, wer sie war oder für wen die Leute sie gehalten haben.«
    »Ich kann doch nicht nach Hollywood fahren und das Set eines Stummfilms nachbauen.«
    »Nein, kannst du nicht. Aber du könntest es hier tun. Eine Art Geschichte in der Geschichte. George könnte ihren männlichen

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