Violet - Verletzt & Versprochen & Erinnert (German Edition)
Ich bin nicht panisch, aber ich mache mir Sorgen.
„Wo ist Hope?“, frage ich Adam. Er sieht von diesem verfluchten Computer auf.
„Sie wollte zurück an den See.“
„Sollte sie nicht immer in unserer Nähe sein?“
„Hope meint, dass wir uns jetzt hinter der Sektionsgrenze befinden. Sie können uns – sie können mich hier nicht anpeilen.“
Adam spricht von dem Sender, den jeder in Sektion 0 als Implantat in sich trägt. Wir hatten auch schon darüber gesprochen, ihn einfach herauszuschneiden, aber der Sender liegt direkt unter der Schädeldecke. Unmöglich da heranzukommen, ohne die geeigneten chirurgischen Instrumente. Ohne die erforderlichen, chirurgischen Kenntnisse.
Entdeckt zu werden ist nicht die einzige Gefahr, die über uns schwebt, wenn Hope nicht da ist. Ich stehe auf und kann es nicht verhindern, dass ich mich neben Adam setze. Ich kann ihn wittern. Sein Blut.
„Hast du schon Fortschritte mit dem Ding gemacht“, frage ich ihn.
„Nicht wirklich. Die Brennstoffzelle hat einen Defekt. Glaube nicht, dass ich das wieder hinbekomme“, sagt Adam und ich hänge an seinen Lippen, höre ihm gar nicht zu, wie er über den Computer spricht, sehe nur die weichen Stellen an seinem Hals, wie sie sich verformen, wenn er spricht. Ich fühle seine Körperwärme direkt neben mir. O Gott. Ich sollte verschwinden. Auf der Stelle.
„Warum gibst du dann nicht auf?“, frage ich.
„Das wäre nicht ich. Ich bin nicht fürs Aufgeben geschaffen.“
Seelenruhig hebe ich meine Hand und führe sie hoch bis zu seinem Mund. Berühre seine Lippen. Was tue ich?
Ich glaube wirklich, mein Herz hört für ein paar Sekunden auf zu schlagen, als er sich von dem Computer abwendet und mir direkt in die Augen sieht.
Er sagt keinen Ton, als ich die Kontur seiner Lippen mit meinem Finger nachfahre. Seine einzigartigen Augen, so dunkel als, als schaue man in die bodenlose Schwärze, funkeln mich schelmisch an. Er hat keine Angst. Sollte er aber haben.
Ich fürchte mich.
Vor mir.
Weil ich nicht weiß, was als nächstes passiert. Weil ich nicht weiß, wer meine Finger, meine Handlungen gerade steuert. Wer mich kontrolliert. Mein Verstand kann es nicht sein, denn alle Vernunft in mir schreit: Tu das nicht!
„Freija ich...“
„Schscht“, hauche ich und dann streichen meine Fingernägel über sein Kinn und weiter hinunter über seinen Hals, über die Stelle, wo sich die Narbe befindet, die fast nicht mehr zu erkennen ist.
Plötzlich ändert sich Adams Ausdruck. Er schaut skeptisch, misstraut, greift nach meiner Hand.
„Wirst du jetzt gleich deine Zähne in meinen Hals schlagen?“, fragt er mich. Höre ich Nervosität in seiner Stimme?
„Es fällt mir schwer zu widerstehen“, gebe ich zu. „Aber woher weißt du, nach was ich, nach was sie verlangen?“
„Ich weiß es nicht und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich es bin, der die Veränderung bei dir bemerkt hätte.“
„Hope? Hope hat es bemerkt, weiß es und hat dich vor mir gewarnt?“
„Ja hat sie. Sie meint, du hast deinen Durst noch nicht wirklich gestillt.“
„Und trotzdem lässt sie mich mit dir allein?“
„Ja, weil sie davon überzeugt ist, dass deine Bestien dir gehorchen.“
„Dann ist sie von etwas überzeugt, an das ich selbst noch nicht glaube.“
Adam sieht mich an und ich spüre, wie sich bei seinem Blick mein Magen zusammenkrampft, meine Knie wieder zu zittern beginnen. Es ist die Schwäche die zurückkommt, die mich erschüttert, die mich zu ihm hinzieht, wenn ich mich in seiner Nähe befinde. Die Schwäche, die ich schon damals im Skygate fühlen konnte, als er mich in den Gängen aufgespürt hatte. Das ist nicht das Verlangen nach Blut, das ist das Verlangen nach ihm. Seinen Berührungen. Seiner Zuneigung.
„Wenn du Blut brauchst, dann nimm es dir. Aber töte mich nicht.“ Was sagt er da? Ist er übergeschnappt. Er bietet mir Blut an. Sein Blut. Ich soll aus ihm trinken? Niemals!
Ich bin nicht primitiv.
ICH BRAUCHE BLUT!
Ich brauche Adam.
Ich trinke niemals Blut! Niemals. Niemals. Niemals.
Mir wird ein bisschen übel. Übel, weil ich mir schon dabei zusehe, wie ich an seiner Kehle hänge.
Adam schaut sorgenvoll. „Tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen. Es ist nur... Du bedeutest mir...“
Ich will ihn nicht ausreden lassen.
SPRICH WEITER UND SAG MIR, DASS DU MICH WILLST!
Ich darf ihn nicht ausreden lassen.
Ich bin verflucht. Verrückt.
Verrückt nach ihm.
Ich muss weg hier. Jetzt! Ich
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