Violett ist erst der Anfang
Stück.«
»Echt? Aber warum denn nicht?«
»Jule, mit der Brille …«
KAPITEL 12
Angespannt fixierte Ewa die Türklingel, zögerte. Auch Jule war nervös und starrte mit auf die Namensschilder. Krass, die Sippe Licht wohnt überall. Okay, war wieder mal nur der Lichtschalter. Schlechter Scherz. Denkbar unpassend in dieser heiklen Situation. Jule schickte stattdessen besser ein letztes Stoßgebet Richtung Hundehimmel. Bitte lass den Wuffi am Leben. Bitte dieses Wochenende kein Trauerfall, Amen. Ein bisschen schlappe Pfote kraulen ging natürlich in Ordnung, deshalb waren sie ja hier.
»Süße, alles wird gut. Ich bin bei dir, versprochen«, flüsterte Jule beruhigend und hielt Ewas Hand fest umklammert.
Todesmutig drückte Ewa den Knopf. Surr, und los ging’s. Gemeinsam stapften sie durchs Treppenhaus in den vierten Stock. Ewa gewann mit jeder Stufe an Speed, während Jule schnaufend an Tempo verlor. Memo an mich: Ein Koffer für zwei Personen ist eine bescheuerte Idee. Keuchend bog Jule mit ihrem Trolli auf die Zielgerade, da flog die Tür auf. Wuff! Hundilein stürzte sich wie ein Bekloppter auf seine Herrin. Okay, Jule musste es zugeben, ein bezauberndes Motiv. Ewa schäumte über vor Glück, mit dem breitesten Strahlelächeln, das Jule je an ihr gesehen hatte. Phänomenal, wie Ewa da so kraulte, gluckste, knuddelte und ihren Schatz herzte, der wie von Sinnen rumhopste, sabberte, mit dem Schwanz wedelte und ihr übermütig das Gesicht abschlabberte. Struppi, sie gehört dir. Schleck sie ab, bespring sie, ab morgen versuch ich das. Matt sank Jule gegen das Treppengeländer. Na bitte, Beten half. Pluto war noch am Leben.
Und da wurde Ewa auch schon von zwei Armen in die Wohnung gezerrt und lautstark begrüßt. Auf Polnisch. Perfekt. Jule atmete auf. Wenn sie kein Wort verstand, blieb ihr auch krampfige Konversation erspart. Schweigend konnte sie sich in eine Ecke verkriechen, weitergähnen, ungeniert und unbemerkt und … Äh, Hallo? Hallo? Nicht die Tür zuma- Bang , in allerletzter Sekunde klemmte Jule protestierend ihren Fuß in den Spalt. Jetzt schlug es aber dreizehn. Selbst einen unbekannten Gast ließ man doch nicht im Treppenhaus versauern. Nicht einen Funken Anstand, das Pack von drüben. Pfff. In diesem Moment schwang die Tür wieder auf. Jule stutzte, senkte den Blick. Das war Alicja? Sofort musste Jule an die Gutemine in den Asterix-Comics denken. Seid ihr verwandt? Blasser Teint, rosige Bäckchen, Nase und Kinn ein wenig knubbelig. Auf Höhe der enormen Oberweite endete ein blonder, seitlich geflochtener Zopf. Himmel, die war noch mickriger als der Zwerg. Sorry, falsches Wort. Kleiner nur, dafür fast doppelt so üppig. Leuchtende Augen in türkisblau blitzten Jule neugierig an.
»Ach so, ganz vergessen. Alicja, das ist Jule.« Ewas Stimme drang fröhlich aus dem Inneren der Wohnung, und Jule verschlug es schier die Sprache.
Vergessen? Kaum haste Rex und ich bin raus oder was?
Alicja kam interessiert einen Schritt näher. Nach einem verwirrten Blick fiel anscheinend der Groschen. »Natürlich, die Babett Brockhoff«, sagte sie mit überraschend dunkler Stimme, sehr warm und zweifellos herzlich.
»Genau. Äh, hallo. Freut mich.« Artig streckte Jule ihr die Hand entgegen und zack, rissen sie zwei kräftige Arme hinab ans wogende DoppelD-Körbchen im Rüschenblüschen. Dann folgte noch ein feuchtes Küsschen links, Küsschen rechts, wieder links, und weiter ging das Geknuddel, bis die Knochen knacksten.
»Wie schön! Mensch, dass ich dich mal kennenlerne, Babett.«
»Ja, äh, schön.« Höflich, aber bestimmt kämpfte Jule sich frei, und richtete sich das Haar.
»Du siehst so anders aus als im Fernsehen.«
»Liegt an der Brille«, lautete Ewas Kommentar aus dem Off.
Alicja kräuselte die Stirn. »Mich verwirren eher die Jeans. Babett trägt immer Leggins.«
»Das mache ich wirklich nur beruflich. Ich schwöre.«
»Schade.« Alicja seufzte. »Du hast so unfassbar schöne Beine.«
»Ach tatsächlich?«, horchte Jule interessiert auf.
»Und erst deine Oberarme – göttlich.«
»Oh, äh, dankeschön.« Geschmeichelt zeigte Jule Grübchen. Ewa, also ich mag deine beste Freundin.
Alicja begutachtete sie von oben bis unten. »Unfassbar. Daran sieht man mal wieder, wie die Kameras alles verfälschen.«
»Bitte?«
»In Echt bist du ja noch dünner. Nur Haut und Knochen.«
»Bitte?« Jules Augen wurden immer größer.
»Aber dich dürres Ding kriegen wir schon aufgepeppelt. Morgen mach
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