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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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ihrem Arm.
    »Jule, du verstehst nicht.«
    »Ja und ne, Fräulein. Das versteh ich tatsächlich nicht.«
    »Tęsknota, das heißt …«
    »Sehnsucht«, übersetzten Alicja und Piotr wie aus einem Mund.
    Und bei Jule fiel die Kinnlade. Ey, ein dämlicheres Argument gab es ja wohl nicht mehr. Sehnsucht, und du knickst ein? Saufnase brüllst du halb ins Grab, doch bei diesen verlogenen Psychos schmilzt du wie Softeis? Sehnsucht … Pah. Die hatte Jule schließlich auch, und wie. Nach ihrem frischbezogenen Bett, nach Erdbeeren auf der Zunge und nach dem schäumenden Champagner im Mund zum Beispiel. Sehnsucht nach sanften Ewa-Küssen. Sehnsucht nach Ewas wühlenden Händen in ihrem Haar, nach leidenschaftlichem Rumgeknabber an …
    »Jule, versteh doch.«
    Angepisst lachte Jule auf. »Hey, schon gecheckt. Polen dürfen dich anlügen. Hilfe, Hilfe, der Hund krepiert. Aber tralala, ich kenn das Zauberwort mit T und bleibe straffrei.«
    »Was hast du denn erwartet? Dass ich meine Freunde zur Sau mache? Alicja und Piotr, die sind Familie für mich.«
    »Na und?« Jule rang nach Fassung. »Die haben dich hundsgemein verscheißert?« Was braucht der Pole Feinde, wenn er Freunde hat.
    »Jule, sie meinen es nur gut«, entgegnete Ewa, und ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Seit ich in Berlin drehe, sehen wir uns kaum. Nicht nur sie haben Sehnsucht – ich doch auch, und wie. Schon allein wegen dem Kleinen. Ey, der ist mein Ein und Alles.«
    »Und was bin ich bitteschön? Die treudoofe Kuh, die dir die Klamotten wäscht? Die spießige Alte mit Eulenbrille, der du mal aus Jux die Zunge in den Mund schiebst?«
    »Unsinn, Jule. Du weißt, was ich für dich empfinde.«
    »Das weiß ich eben nicht, Bogacz!« Jules Stimme bebte vor Wut. »Denn genau das wollten wir am Wochenende herausfinden, gemeinsam in meinem Bett, verdammt nochmal! Stattdessen sind wir hier, und seit wir hier sind, bin ich Luft.«
    Ewa verdrehte die Augen. »Blödsinn. Mal ehrlich, wer macht dicht? Wer schläft, während wir anderen nett zusammen …«
    »Ach, leck mich doch!« Störrisch kämpfte Jule gegen die Umklammerung an, zerrte und zog. »Lass mich auf der Stelle los.«
    »Und dann?«
    »Und dann? Nix und dann. Das war’s!«
    »Jule!«
    »Ne. Nix mehr Jule, Bogacz. Diese ganze Hamburg-Nummer und euer T-Gelaber da, ey, für mich ist diese Tour eine komplette Verarsche, von Autobahnanfang an. Dafür hab ich kein Verständnis, dafür muss ich kein Verständnis haben, denn Ewa, ich habe Teelichter angezündet. Teelichter - für dich! Und du? Du machst lieber mit deinen Polenfreunden rum anstatt mit mir, und es kratzt dich null, und unsere Beziehung? Ein Witz! Gib es zu, du hattest nie irgendein Interesse an mir, sondern ziehst allein dein Ding durch, wie es dir passt, ohne Rücksicht auf irgendwen. Das mit uns, das war doch alles nur ein Spiel für dich – ein Scheißspiel!«
    »Nein, das war es nicht!«
    »Ey, geh weg! Ne, Quatsch, bleib – ich gehe. Und geh mir ja nicht nach.«
    »Niemand geht!«, brüllte Alicja in ohrenbetäubender Lautstärke und sie zuckten zusammen. »Auf die Eckbank, alle beide!«
    Ihr Befehlston wirkte so einschüchternd wie eine Kalaschnikow. Schweigend und mit gesenktem Haupt trollten sie sich auf Hello Kitty. Nun war Alicja am Zuge. Sie stemmt sich die Arme in die Hüften und funkelte sie an.
    »Erste Frage«, startete sie mit herrischem Ton. »Habt ihr diesen Text irgendwo geklaut? Gehört der in eure Serie?«
    Stummes, einträchtiges Kopfschütteln.
    »Gut. Das dachte ich mir. Dafür klang das alles zu vernünftig. Zweite Frage: Was hat es mit dem Wort Beziehung auf sich? Heißt das, ihr seid zusammen?«
    Stummes, einträchtiges Nicken.
    »Also seid ihr ineinander verliebt?«
    Ewa lief knallrot an, Jule biss sich auf die Unterlippe.
    »Piotr, hol den Żubrówka!«

KAPITEL 13

    Schweitzer, lauf um dein Leben. Wie von der Tarantel gestochen sprang Jule von der Eckbank auf. Leider war Piotr offenbar perfekt abgerichtet. Mit einer Hand drückte er sie an der Schulter mühelos zurück auf das Sitzkissen und hielt sie dort, mit der anderen schaffte er vier Gläser herbei. Obendrein den polnischen Schädelspalter. Routiniert schraubte er die Flasche auf und schenkte gluckernd ein. Freu dich, Schweitzer. Nur 2 cl, kein Longdrinkglas. Nach Jubelschreien war Jule dennoch nicht zumute. Mehr nach Gebrüll, mit den Worten Hilfe und Gnade in Dauerschleife. Ließ sich das drohende Unheil noch irgendwie abwenden?
    »Äh, könnte ich

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