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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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herrje, den Blick haste von deinem Frauchen. Automatisch sank Jule in die Knie und strich Waldi durchs wuschelige Fell. Süß, der Kleine, wer hätte das gedacht. Aus der Hocke ließ sie sich auf die Bodenfliesen rutschen, pellte sich aus ihrer Jacke und lehnte sich erschöpft gegen einen Küchenschrank. Oscar schmiegte sich ohne Scheu an sie und genoss ihre kraulende Massage. Welch Harmonie, wie überwältigend. Zum Träumen schön. Hach …
    »Jule?« Von irgendwoher drang Ewas warme Stimme zu ihr. Klang nach Paradies. Seufzend blickte Jule auf und huch, gleich drei Augenpaare glotzten sie an, wie Ärzte einen besonders schweren Fall auf dem OPTisch. Sekunde. War sie etwa weggeduselt? Auf dem Küchenboden, gemeinsam mit Hasso? Sah ganz danach aus, zumindest schlummerte der noch auf ihrem Schoss. Friedlich, total ruhig, fast so, als … Oh mein Gott! Panisch rüttelte Jule am schlappen Wuffi. Atme, bitte atme! Auf mir wird nicht gestorben! In diesem Moment hob Bolle den Kopf, ziemlich verwirrt, ziemlich verpennt, aber definitiv noch nicht im Hundehimmel. Tränen vernebelten Jule den Blick, und ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Lachend grub sie ihr Gesicht in das wuschelige Fell, kraulte den kleinen Kerl, gluckste, schluchzte und …
    »Wie niedlich«, hörte sie da Alicja. »Ich glaube, Babett hat den Kleinen ins Herz geschlossen.«
    »Alles in Ordnung bei dir, Jule?« In Ewas Stimme dagegen schwang ernste Besorgnis. Stützend zog sie Jule auf die Beine.
    Jule schniefte. »Gott, Süße, er lebt. Er lebt!«
    »Na sicher. Er ist putzmunter, er … Moment.« Ewa verstummte, und legte die Stirn in Falten. »Alicja, hast du ihm irgendwas eingetrichtert, oder warum geht es dem Kleinen so gut?«
    Ewas Frage hallte nach in Jules Hirn. In der Tat, ach du lieber Himmel, dieses Detail hatten sie im Eifer glatt übersehen. Bellos Gesundheit in allen Ehren, aber waren sie nicht nach Hamburg gebrettert, weil Struppi röchelte, sein Schappi verschmähte und überhaupt ganz elendig zu Grunde ging gerade? Ein total ernster Notfall, kein Aufschub möglich? Schweigen. Alicja und Piotr warfen sich alarmierte Blicke zu. Fast so, als hörten sie Polizeisirenen und wollten die Herkunft des Autoradios in ihren Fingern noch last-minute abstimmen. Geklaut? Pah, nur im Müll gefunden, stopp, es ist vom Laster direkt in unsere Hände gefallen, ne, eigentlich ist das Radio ein Geschenk vom Onkel des Freundes des Kumpels von … Piotr schob sich hinter Ewa und legte wie zufällig den Arm um sie. Erst dann ergriff Alicja das Wort.
    »Es fehlt ihm nichts«, sagte sie mit ruhiger Stimme.
    »Aber wieso?« Ewa starrte ihre beste Freundin an. »Am Telefon hast du erzählt, dass er nicht frisst und schnauft und …«
    »Das war … nicht die Wahrheit.«
    Wie bitte? Dieses Geständnis von Alicja musste Jule erst einmal verdauen. Rex war topfit? Alles falscher Alarm, der ganze Trip für die Tonne, eine total miese Tour? Alicja hatte Ewa … angelogen? Autsch. Sofort kam Jule Ewas Ausraster von gestern in den Sinn, das Debakel rund um Snoopy und ihre deutlichen Worte: Bei Lügen ist Ende Gelände, da verstehe ich absolut keinen Spaß. Tja. Demnach brach hier gleich der Sturm los. Tornado in Hamburg. Und wenn die Bogacz fertig war mit dieser verlogenen Sippschaft, stand in der Hansestadt kein Backstein mehr auf dem anderen, jede Wette. Akut hielt dieser Bohnenstangen-Piotr Ewa zwar irgendwie perspektivisch im Schwitzkasten, und mit polnischem Gezeter mochte Frau B. bei ihren Landsleuten auch nicht viel Schaden anrichten, dennoch – sie waren zu zweit. Ewa und Jule, beide belogen und betrogen um ihr violettes Sexwochenende. Rache, ohne Reue. Jetzt sofort. Jule schob sich die Ärmel hoch. Auf sie, Süße. Du vermöbelst den Großen, ich verdresch die Kleine. Ich zähle bis drei. Dreee-Dreck.
    Ewa rührte sich nicht vom Fleck. Kein wüstes Kampfgeschrei, keine Morddrohungen, nur ein …
    »Tęsknota?«
    »Tęsknota.« Alicja nickte.
    »Tęsknota.« Piotr nickte ebenfalls.
    »Was?«, kam fassungslos von Jule und nein, sie nickte nicht. Was war das denn bitteschön für ein Scheißpolenspiel? Nur ein kryptisches Wort mit T, und das Thema war durch? Kein Tumult, keine Toten? Ey, ihr tickt doch nicht mehr ganz richtig. Komm Timmy, wir gehen. Jule drehte sich um, raffte ihre Jacke vom Boden und sah sich bereits in einem Taxi nach Berlin, da hielten sie warme Finger am Handgelenk zurück.
    »Jule …«, sagte Ewa sanft.
    »Flossen weg«, fauchte Jule und zerrte an

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