Violett ist erst der Anfang

riss es das Quartett nacheinander quiekend in die Senkrechte. Basecap-Type Nummer Eins drehte sich um. Kettchen, kringeliger Kinnflaum, Krater im Gesicht, konnte nur ein Kevin sein.
    »Alte, spinnst du?«, pampte der Kevin sie an und inspizierte seine besudelte Mütze, während die rothaarige Ische neben ihm in ihrer ruinierten Frisur rumfingerte.
    Dauerwelle und Dumpfbackencharme, taufen wir dich Doreen.
    »Iiih, das klebt«, qietschte die Doreen im viel zu hohen Ton und in ihrem Mund blitzte eine Zahnspange auf.
    »Sorry, echt ungeschickt von mir.« Jule mimte kleinlaut die Zerknirschte und ballte verstohlen die Fäuste.
    »Alte, jetzt gibt’s Stress«, mischte sich Basecap-Type Nummer Zwei ins Geschehen und plusterte sich vor Jule auf. »Für die Schweinerei blechst du.«
    Wie drollig, du Strich in der Landschaft mit Stimmbruch und Streuselkuchengesicht, gewiss ein Steven. »Ja ne, ist klar. Mach ich natürlich«, lenkte Jule ein. »Gebt mir eure Adressen. Oder halt! Besser wir schalten die Polizei ein.«
    »Die Bullen?«, riefen der Kevin und Steven entsetzt im Duett.
    »Na sicher.« Jule rückte an ihrer Brille und seufzte. »War ja irgendwie Körperverletzung. Und ich brauche die Formulare für meine Versicherung. Haftpflicht und so, ihr wisst schon. Dauert sicher nur zwei, drei Stunden, bis die unsere Aussagen notiert haben. Und die lieben Beamten bringen euch danach garantiert mit einer Streife direkt nach Hause zu euren Eltern und …«
    »Alte, lass stecken«, entschied der Kevin, machte den Oberhäuptling und ordnete den Rückzug an.
    Und tschüss! Wie schlau vom jungen Gemüse. Noch einmal die Anrede ›Alte‹, und Jule hätte in Omimanier mit ihrer Handtasche losgeprügelt. Pfff, so taktlos redete man nicht mit einer Dreißigjährigen. Kaum war der triefende Trupp vor der Tür, ging ein erleichtertes Raunen durch den Saal, und beflügelte Jule wie Applaus. Olé, nächste Teenager-Schwangerschaft um ein paar Stunden hinausgezögert. Krieg ich den BRAVO-Otto, Dr. Sommer? Mit einem Pfeifen auf den Lippen fegte Jule das Popcorn vom Polster und ließ sich neben ihre Süße plumpsen. Die starrte sie an mit offenem Mund. Wie ein Vögelchen, das hungrig auf einen Wurm von Mutti wartete und … Verdammt, die Bogacz ohne Futter. Sofort stand Jule auf. »Dein Popcorn. Nicht aufregen. Ich hol dir neues, auch Cola und …« Zack, schwungvoll riss Ewa sie zurück und nahm Jules Gesicht in ihre Hände.
    »Jule?« In Ewas Blick lag ein fasziniertes Funkeln.
    »Äh, ja?«
    »Du bist einfach … der Hammer.«
    Was dann folgte? Ein phänomenaler Ewa-Kuss natürlich. Und die beste Kinovorstellung, die Jule jemals erlebt hat …

KAPITEL 18

    Ein schöööner Tag, die Welt steht still, ein schöööner Tag. Nie war ein Bierwerbungsong passender als in diesem Moment. Hand in Hand rannten sie wie im Rausch durch das Foyer hinaus auf den Bürgersteig, breiteten die Arme aus und reckten genießerisch die Nasen in die Luft. Grinsend, glücklich, so als würde just ein warmer Sommerregen berauschend auf sie herabprasseln. Und nicht nur Hamburg-typisches Rumgefussel. Lachend wiegten sie sich in einer engen Umarmung und drehten sich dabei übermütig im Kreis. Platz genug hatten sie, gingen doch alle Passanten kopfschüttelnd auf Abstand nach dem Motto: Klapse hat Ausgang.
    Der Zwerg fand als erstes seine Sprache wieder. »Ey, das war super.«
    »Küssen können wir einfach.« Verzückt strich Jule ihrer Süßen eine Haarsträhne hinters Ohr und verlor sich rettungslos in ihren leuchtenden Knopfaugen.
    »Jule, wir gehen gleich noch mal rein, ja? Ich zahle.« Ewa holte ihre Geldbörse hervor und plumps, dabei segelte ein kariertes Papier zu Boden. »Oh. Die Liste.«
    Das Unwort des Tages. »Lass mich mal.« Knurrend hob Jule den Zettel auf. »Also … Patryk Rudzinski. Tja. Der war wohl leider gerade Schubrrr kaufen. Und der Copyshop hier, wegen Papierstau vorübergehend geschlossen. Zu den anderen beiden Punkten, ja ne, bei den Zeilen hat Alicja wirklich geschmiert. Kann keine Sau lesen. Pech. Seite Eins hätten wir hiermit abgehandelt.«
    »Du meinst, mit dieser Methode kommen wir durch?«
    Jep. Nennen wir es das Schweitzer-streicht-Scheiß-System. Wird noch patentiert. »Was du erledigt hast, muss reichen. Wir sind frisch verknallt, wir wollen knutschen und … ui. Auf der Rückseite steht eine Boutique. Sorry Süße, aber da müssen wir hin.«
    »Wieso? Irgendwas Wichtiges?«
    »Schuhe. Hoffe ich, denke ich.« Schalala,