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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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    »Na schön.« Ewa seufzte. »Brauche ohnehin neue Sneakers.«
    »Nein!« Das war zu laut, Schweitzer. »Äh, ich-ich meine, du könntest doch auch andere Schuhe … so … mit Absatz. Oder nicht?«
    »Bin ich dir zu klein?«
    »Wir finden was für dich.« Jule überspielte den heiklen Moment mit einem Grübchenlächeln, während sich in ihrem Hirn ein bezauberndes Motiv zusammenpuzzelte. Ewa in Stilettos, dazu ein tief ausgeschnittenes Kleid, feminin von unten bis oben, schnurr. Und wenn du dich wehrst, prügel ich dich da notfalls rein, Bogacz. Einträchtig spazierten sie in Richtung Hauptbahnhof. »Soll ich fahren, Süße?«
    »Kannst du wieder gucken?«, fragte Ewa, und Jule nickte. »Dann beweis es. Lies was.«
    »›Ich will keine Schokolade, ich will lieber das Papier‹.«
    »Zählt nicht. Du lehnst quasi an dieser Mülltonne, Jule.«
    »Na und? Steht trotzdem drauf. Schwarz auf Weiß auf Rot.«
    »Schweitzer, du Adlerauge.« Seufzend gab Ewa ihr ein Küsschen auf den Handrücken. »Ich fahre.«
    Soweit die Theorie. Die praktische Umsetzung verzögerte sich leider. Ewas Gesichtsfarbe wechselte von rot über weiß zu rosa gescheckt, als sie ihre Taschen nach dem Schlüssel absuchte.
    »Ich-ich …«, stammelte sie. »Ich hatte ihn vorhin noch.«
    »Vorhin heißt was, Fräulein?«
    »Als ich abgeschlossen habe.«
    Prima, ach so. Dann konnte der Zündschlüssel nur unterm Auto liegen. Oder im Taxi, bei Kai-Uwe, in der Apotheke oder in diversen anderen Läden, im Kino oder irgendwo auf den läppischen paar Metern, die sie im Laufe der letzten Stunden zurückgelegt hatten. In einer Großstadt. Am Samstag. Jule bastelte an einer Standpauke, da traf sie ein verzweifelter Bogacz-Blick. Jaul, mitten ins Herz, ein Welpe in Not. Schweitzer, rette das arme Kind. – Okay, MacGywer. Was würdest du tun? Eigentlich war es immer das gleiche Prinzip: Man schnappte sich was Kleines und vollbrachte Großes. Suchend tastete Jule in ihrer Handtasche, tada, präsentierte sie der Bogacz eine Haarklammer.
    »Oh.« Ewa nahm sie und klemmte sich paar Fransen fest. »Danke. Lieb von dir. Mit dieser beknackten Frisur komm ich echt noch nicht klar. Wie gesagt, früher hatte ich sie länger.«
    Jule verdrehte die Augen und rupfte ihrem begriffsstutzigen Zwerg den Clip wieder raus.
    »Auaha!« Ewa jaulte auf. »Spinnst du?«,
    »Stell dich nicht so an. Jetzt los. Mach.«
    »Äh … und was?«
    Ooomm, nicht durchdrehen, Schweitzer. »Bogacz, dies ist ein Auto. Dies ist eine Haarnadel und du bist Polin.«
    »Jule!« Anpfiff. »Ey, deine Drecksvorurteile gehen mir so was von auf den …«
    »Ssscht. Nicht aufregen. Aktuell finde ich dein Talent toll.«
    »Ich kann keine Autos knacken«, brüllte Ewa.
    »Oh. Ach tatsächlich?« Jule schluckte. Zu blöd aber auch. Verstohlen blickte sie sich um. Hier auf dem Parkplatz tummelte sich zwar Publikum, jedoch nicht im unmittelbaren Radius. Schweitzer, vergiss es! – Schnauze, ich bin jetzt Held. »Husch, mach Platz.« Mit ruppigem Griff schob sie eine verdatterte Frau B. von der Autotür weg. Dann ging Jule in die Knie, rückte ihre Brille in Position und friemelte los.
    »Jule, was genau treibst du da?«
    »Kann doch nicht so schwer sein«, murmelte Jule, stocherte mit der Rechten die Haarnadel ins Schloss und hielt mit der Linken drückbereit den Türgriff umklammert. Bei MacGywer klappt das immer.
    »Hast du außer Prosecco noch was getrunken?«
    »Fräulein, ich fühle mich nüchtern. Und ich schwöre dir, sollte ich den Wagen aufkriegen, reiß ich fortan Polensprüche, soviel ich will. Und mit ein bisschen Geduld … Fuck!« Jule schnellte hoch.
    »Was ist? Abgebrochen?«
    »Mein Daumennagel, verflucht!«
    »Ach so. Hast ja noch einen.«
    »Bogacz! Wie sensibel sind wir denn heute?«
    »Gib her.« Ewa umfasste den ramponierten Finger und hauchte ein Küsschen drauf. »Besser?«
    Na, wollen wir mal durchgehen lassen. Und so sank Jule wieder in die Hocke und werkelte weiter. Stocher, stocher, stocher, irgendwie so. Auf der Motorhaube der Rostlaube hockte Ewa mit baumelnden Beinen, kaute ihre Schokoriegel aus dem Kino und sah schweigend zu.
    Ein Seufzen. »Jule, geht das schneller?«
    »Sicher.« Mach ich jede Nacht. Ist mein Zweitjob.
    »Nur mal so aus Neugier …« Ewa zerknüllte das Riegelpapier. »Wenn du die Karre aufkriegst, was dann?«
    Jule hob den Kopf. »Dann bin ich ziemlich genial, oder?«
    »Aber wie willst du fahren?«
    »Tadellos.« Nicht so wie du, Miss

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