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Violette Bescherung

Violette Bescherung

Titel: Violette Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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öffentlich-rechtlichen Sender nehmen nicht jeden. Liegt nicht am Talent, bitte nicht falsch verstehen. Man muss da erst einmal den Fuß in die Tür kriegen, wenn man wie ich von der Musicalbühne in die TV-Welt wechselt und …«
    »Demnach drehen Sie das Video privat?«, wurde sie knurrig unterbrochen.
    »Äh … welches Video denn?«
    »Spaß, Spaß, Spaß.« Schultzes Augen mutierten zu Schlitzen. »Mit versteckter Kamera Jagd auf unschuldige Menschen machen und sie dann im Internet zur Schau stellen. Geschmacklos ist das. Sie sollten sich schämen und …«
    »Herr Schultz«, grätschte Jule kumpelhaft säuselnd dazwischen. »Dr. Schultz, Verzeihung. Sehen Sie hier irgendwo eine Kamera?«
    »Eine versteckte Kamera sieht man nicht, sonst hieße sie nicht versteckte Kamera.«
    Doktor im Klugscheißen, boah, ich kotz. »Gut. Der Punkt geht an Sie. Doch ich schwöre, ich möchte nur Ihren Christbaumschmuck. Ohne Show.«
    »Warum?« Schultz lachte trocken auf. »Um ihn zu verkaufen? Für Drogen?«
    »Wie bitte?«
    »Ihr Fernsehleute kokst doch alle.«
    »Aber ich doch nicht!« Jules Stimme überschlug sich schier.
    »Ach ja?« Schultzes Miene verfinsterte sich weiter. »Und was war das dann gestern auf der Toilette? Sie haben weißes Pulver geschnupft, ehe Sie in der Werbeagentur mit Ihrem Adoptivbruder sexuell intim …«
    »Stopp.« Jule hob die Hand. »Sie gucken unsere Soap? Liebes Leben ? Krass. Ich meine, warum? Also … Sie haben schließlich Grips, ein abgeschlossenes Studium! Oder ist Ihr Doktor da gekauft? Hört man ja oft. Eine Runde Cut & Paste und fertig ist der nächste Dr. Best für die CDU und …«
    Rums, knallte die Tür vor ihrer Nase ins Schloss. Schön. War ohnehin ein beknacktes Gespräch gewesen. Erkenntnis? Meide das Minenfeld Politik und zukünftig den ersten Stock, Schweitzer. Dort kennt man dich stöhnend beim geschauspielerten Quickie. Gütiger Kackmist. Damit hatte sie doch im Leben nicht rechnen können. Wenn sie alle Nachbarn mit der durchtriebenen Babett Brockhoff aus der Soap verwechselten, dann huschte sie ab jetzt besser nur noch mit Bodyguard zum Briefkasten. Diesem arroganten Drogenluder würde doch jeder mit Wonne eine Schaufel überbraten wollen. Abgesehen von allen Violett-Anhängern natürlich, aber die waren ja nicht objektiv, sondern les… Halt. Gedankenblitzkette, jippi-jajey. Violett, Dreharbeiten, Requisite. Wieso hatte sie nicht schon früher an ihren Job gedacht? Am Soap-Set musste es Weihnachtskram in Massen geben, für alle stumpfsinnigen Adventsfolgen, die sie … äh, wohl erst ab Oktober drehten? Poff. Schon war er wieder dahin, der Masterplan. Dieser Vorlauf von sieben Monaten war einfach too much. Außerdem hatten sie Feierabend und es war Freitag. Im Studio tummelte sich bestimmt nicht mal mehr der Hausmeister.
    Nächste Tür. Eine rundliche Omi mit schneeweißen Kräusellocken öffnete tattrig und zupfte die grobmaschige Strickjacke über ihrer tiefhängenden Brust zurecht. Anscheinend war Jule im Seniorenstock gelandet und … huch, ihr Blick ging zu Boden. Hoch erhobenen Schwanzes streifte eine Katze um Jules Beine. Eine schwarze Katze.
    Fuck. Bringst du von rechts jetzt Glück oder Unglück, Muschi?
    »Ja?« Omis Stimme klang brüchig.
    »Verzeihen Sie die Störung«, nuschelte Jule durch zusammengepresste Zähne, zur Eindämmung ihrer Weinfahne. »Frau … äh … Frau … egal. Ich bin Jule Schweitzer von oben und auf der Suche nach weihnachtlicher Dekoration. Kugeln und so. Einen Baum bräuchte ich auch. Künstlich, natürlich. Oder eben einen Adventskranz aus Tannenzweigen. Meinetwegen auch anderes Grünzeug, das Nadeln hat und …«
    »Wie?« Omi befummelte ihr Ohr.
    Hörgerät mit Hänger, alles klar. »Nadeln! Zweig! Baum!«, brüllte Jule und überlächelte ihren Atem hoffentlich erfolgreich, während sie Muschi mit dezentem Ausfallschritt in die Wohnung zurückstupste. »Hätten Sie irgendwas Passendes, das Sie mir borgen könnten? Bitte?« Wimperngeklimper. »Ich weiß mir wirklich nicht anders zu helfen. Es ist … ein absoluter Notfall.« Jule legte Dramatik pur in ihre Stimme, als grenzte Weihnachtskramverweigerung juristisch an unterlassene Hilfeleistung.
    Ein Lächeln umspielte Omis faltigen Mund. »Warten Sie kurz.« Sie wackelte ab.
    Oh du fröhliche, oh du selige, Gaben bringende Nach-ba-rin … Jule frohlockte. Bestimmt vermachte ihr Omi gleich den Schlüssel zum Kellerabteil, einer Fundgrube von Kitsch de Luxe.
    »Hier.« Omi

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