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Violette Bescherung

Violette Bescherung

Titel: Violette Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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Päckchen Wunderkerzen in die Höhe, dann ein kleines Stofftier, das an einem Schlüsselring baumelte.
    »Aha. Ein Plüschlöwe im Tütü?«
    »Ne. Engelchen.«
    »Behauptet wer?«
    »Da sind Flügel hinten dran.«
    »Könnte auch eine Ballettbiene mit Frisurproblem sein.«
    »Warte.« Ewa inspizierte das Schildchen. »Little Wingels. Engel Emily. Sag ich doch.«
    »Und irgendwer glaubt ernsthaft, ich hänge meine Schlüssel an diese kitschige Pummelfee?«
    Ewa hob die Schultern. »Ich finde deine Fans süß. Die wollen dir doch nur eine Freude machen. Die … Ja bäh.« Sie verzog das Gesicht. »Da hat dir jemand ein Foto dazugelegt. Oben ohne in einer Gartenliege und … ne, oder? Hinten drauf die Handynummer. Der Typ könnte locker dein Opa sein.«
    »Ach verdammt. Wirklich?« Jule schlug sich theatralisch eine Hand an die Stirn. »Ein Herbert mit Erfahrung und wolliger Plauze. Wie konnte ich mir den entgehen lassen?«
    »Sag mal, glaubst du, alle Fans wollen im Grunde Sex?«
    »Ich fürchte ja. Ich hoffe nein.« Sonst hätten wir echt zu tun im Bett.
    »Aber uns schreiben auch Teenies.«
    »Ewa, nimm die Zahnspangenmädels nicht persönlich. Typische Überläufer ohne Grips dahinter. Mal kringeln sie deinen Namen in den Schulordner, nächste Woche trifft es Justin. Oder Madonna und Britney, oder …«
    Ewa grinste. »Wir küssen heißer als Madonna und Britney.«
    »Aber hallo. Und gäbe es dich als BRAVO-Starschnitt, ich würde ausflippen.«
    »Oh Gott.« Ewas Augen weiteten sich beim Entfalten eines Din A 3-Blattes. »Ist das heftig. Sieh nicht hin, Jule.«
    »Lass mich raten: ein selbstgezeichnetes Porträt von mir? Explodierte Frisur, dazu Einschuss in der Wange und doppelseitige Gesichtslähmung?«
    Ewa nickte leicht. Ach herrje. Das Gemälde schien ihr zuzusetzen. Jule legte Schere und Alufolie beiseite, griff zum Schubrrr-Schädelspalter und goss ihre Schnapsgläser voll. Prost. Eine Fuhre Wodka für die Nerven. Dann kuschelte sie sich neben Ewa auf den Boden und riskierte einen Blick. Tja. Kunst war straffrei. Leider. Sollte sie es abstrakt sehen? Das mussten die Models von Picasso schließlich auch. Verzogener Quadratschädel, ein Auge am Ohr und die entblößte Brust am Bauchnabel. Das Werk eines Genies. Jule musterte den Umschlag.
    »Süße, vermutlich war dieser Bianca-Cathleen langweilig, in Winsen an der Luhe. Und Grübchen sind echt schwer zu zeichnen.« Mehr ließ sich von Verteidigungsseite aus nicht sagen.
    »Dann soll sie stricken lernen.«
    »Wäre schlauer, in der Tat. Maltechnisch ist die talentfrei.«
    »Du siehst so scheiße aus, Jule.«
    »Na besten Dank.«
    »Ich meine auf diesem Bild hier. Unfassbar. Hast du einen Bleistift?«
    »Äh …« Jule schob sich eine Strähne hinters Ohr. »Willst du mich jetzt malen?«
    »Quatsch. Ich muss nur irgendwie dieses Motiv loswerden.«
    »Zerreiß es.«
    »Zu spät. Mein Hirn hat es bereits abgespeichert.«
    Fatal. Jules Rede, seit jeher. Fanpost, Finger weg! Erotikkiller. Wie konnte sie Ewa noch lasziv anheizen, wenn in ihrem Kopf nun eine schielende Schweitzer samt Überbiss aufploppte? Eiligst besorgte Jule den Stift, zur Sicherheit auch ein Feuerzeug, und sah Ewa beim Zeichnen über die Schulter. Autsch. Ewa hatte viele Talente, keine Frage. Aber vielleicht eher passiv, so als Malermuse?
    »Habe ich Masern oder Windpocken?«
    »Eigentlich wollte ich dir Sommersprossen verpassen.« Ewa legte den Kopf schräg. »Aber du hast Recht. Sieht irgendwie krank aus. Möchtest du Locken?«
    »Gib mal her.« Jule nahm das Porträt an sich und schmierte wahrhaft expressionistisch los, bis … »So besser?«
    »Perfekt.« Ewa strahlte. »Du würdest niemals Augenklappe und Schnurrbart tragen. Ab in die Tonne damit?«
    »Gern.« Bis ich mir Fankunst aufhänge, passiert eher ein Wunder . Das Ratschen des Papiers klang wie Musik in ihren Ohren. Weg mit dem Schrott. Weg, weg, weg.
    »Puh.« Unschlüssig blickte Ewa in den Karton. »Ich sehe es ein. Als Promi brauchst du Nerven.«
    »Ein richtig dickes Fell.« Jule streichelte verspielt durch Ewas Fransen. »Du bist noch nicht so lange dabei wie ich. Mach deine eigenen Erfahrungen, Ewa, aber vergiss nicht: Die da draußen kennen uns nicht. Die fantasieren sich irgendwas zusammen und denken, wir freuen uns drüber. Nimm zum Beispiel die selbstgebastelten Fotoalben. Was soll das? Als hätte ich die Bilder nicht schon dutzendfach irgendwo rumstehen. Die fressen Platz ohne Ende und …«
    »Ui. Ein Umschlag mit

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