Violette Bescherung
…«
»Ohne und«, fiel Jule ihr ins Wort. »Wir haben eine Lichterkette. Punkt.«
»Außerdem die Dosen vom WG-Baum.«
»Nicht dein Ernst. Ey, da schneide ich lieber Alufolie zu Lametta.«
Ewa starrte sie mit großen Augen an. »Genial.«
»War ein Witz.«
»Egal. Die Idee ist top. Sag mal, hattest du nicht auch Goldpapier für Paulina gekauft? Daraus könnten wir Sterne falten.«
»Theoretisch ja. Praktisch nein. Ewa, ich tauge echt nicht zur Bastelmaus.«
»Dann helfe ich eben mit. Pferdeschloss schon eingepackt?«
»Dito. Theoretisch ja. Praktisch nein. Es mangelt an Geschenkpapier.«
»Oh.« Ewas Hochstimmung fiel zurück auf null. »Gerade wollte ich vorschlagen, dass wir noch das andere Zeug nett verschnüren. Malkasten, Glitzerstifte, Kindermagazine. Eben alles, was du gekauft hast.«
»Tja.« Jule suchte nach Argumenten für Zeitungsseiten und bunte Supermarktprospekte, mit denen sie dienen konnte. Einen festlichen Touch hatten diese Varianten allerdings nicht. »Halt. Ein bisschen Sternpapier müsste auf dem Dachboden liegen. Die Kochbücher von meiner Ex-Fast-Schwiegermutter waren immer in …«
»Sekunde«, grätschte Ewa dazwischen. »Du hast die nicht mal ausgepackt?«
»Wozu? Ich wusste doch, was drin ist.«
»Und dein Ex? Was hat er dir … ich meine …« Ewa zögerte. »Vergiss es. Nicht wichtig.«
»Was er mir geschenkt hat, zu Weihnachten?«
»Ja.«
»Puh. Unterschiedlich.« Jule hob die Schultern. »Mal eine Handtasche, mal Stiefel, mal einen Mantel, mal …«
»Der kannte sich aus mit Damenmode?«
»Ach Quatsch.« Jule lachte auf. »Alle schicken Sachen habe ich bestellt, über seinen Amazon-Account. Die Rechnung ging an ihn und ich war zufrieden.«
»Und die Überraschung?«
»Welche Überraschung?«
»Genau. Voll doof. Dann wusstest du ja immer, was du bekommst.«
»Das ist nicht doof, sondern clever, Fräulein. Sonst kauft der dir nämlich High-tech-Kopfhörer oder einen Sportsattel fürs Fahrrad, und du musst dich auch noch drüber freuen. Ne du. Diese Scheiße gibst du dir allerhöchsten zweimal, bis du automatisch umdenkst. Es war in Ordnung so, glaub mir.«
»Aber ich darf mir selbst was ausdenken für dich, Jule. Oder?«
»Natürlich.« Lächelnd stupste Jule Ewa auf die Nase. »Zwei Jahre Schrottschonfrist. Danach schreite ich ein und … auaha.« Jule rieb sich den Po nach einem ruppigen Klaps.
»Streiche Schrott aus deinem Wortschatz. Ich bin nicht dein Ex«, kam drohend von Ewa. »Ich schenke mit Grips. Ich schenke mit Liebe. Mach dich drauf gefasst.«
»Gern.« Jule musste grinsen. »Demnach haust du mich später mit einem bahnbrechenden Präsent von den Socken? Wie schön.«
»Äh …« Ewas Wangen glühten los. »Aber wir spielen doch nur Weihnachten.«
»Mit allem, was dazugehört.«
»Ich hole mal eben diese Kochbücher vom Dachboden.« Sie hechtete Richtung Tür.
»Und ich frohlocke mich parallel in Fahrt, Süße«, rief Jule ihr feixend nach. »Ich freu mich schon auf die Bescherung und dein Geschenk.«
»Und ich mich auf deines, Jule.«
Scheiße.
Samstag, 2:59 Uhr
Eigentor. Ein Geschenk für Ewa. Hurgx. An diesem harten Brocken scheiterte Jules übermüdeter Geist wie ein lascher Nussknacker. Mehr als ein Gutschein war auf die Schnelle nicht drin. Aber selbst dafür brauchte es neben Schönschrift eine zündende Idee. Tja. Für Kleider und hochhackige Schuhe konnte sie Ewa nicht begeistern. Feminines Zeug war raus, ebenso rein materieller Kram. Jemand wie Ewa jubelte eher über ein Kastanienmännchen. Windschief, aber mit guten Absichten selbstverbrochen. Verdammt. Vorhaben verschoben.
In der Küche produzierte Jule Lametta. Streifen um Streifen schnitt sie von der Rolle Alufolie ab. Eine Kackarbeit. Mit Sicherheit so stupide wie Tütenkleben im Knast. Es rumpelte im Flur, und Jule ließ die Schere sinken. Hatte Ewa nicht nur Bücher holen wollen? Das hörte sich nach Schwertransport an. Mit flauem Gefühl im Magen eilte Jule zum Ort des Geschehens, und der Anblick überraschte sie komplett. Vor sich trug Ewa einen Umzugkarton und über ihrer Schulter klemmte ein …
»Schlitten?«
»Cool, was?« Ewas Augen blitzten.
»Ist das … mein Geschenk?«
»Quatsch. Ich dachte, den könnten wir prima als Deko nehmen. Wir parken ihn vor dem Baum und stapeln Päckchen drauf.«
»Wo hast du den her?«
»Stand im Nachbarkabuff. Die Tür war angelehnt.«
»Aber …« Jule rang nach Fassung. »Du kannst doch nicht einfach einen fremden Schlitten
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