VIRALS - Jeder Tote hütet ein Geheimnis: Band 3 (German Edition)
den Ellbogen in die Rippen. » Das ist ein AK -47«, flüsterte er.
» Du kennst dich mit Waffen aus, junger Mann.«
Marchant sah mich erwartungsvoll an. Ich begriff den Wink und holte Waffe und Kugeln vom Golfplatz aus meinem Rucksack.
Marchant schob die Lippen vor. » Na, das ist ein originelles Teil.«
» Kennen Sie so etwas?«, fragte ich.
» Nein.« Er drehte das Gewehr in den Händen. » Es gibt weder Herstellernamen noch Seriennummer. Das ist eine Spezialanfertigung, und zwar von jemandem, der genau weiß, was er wollte.«
Er sah mich an. » Erzähl mir, was passiert ist.«
Vorsichtig machte ich einen weiten Bogen um die Wahrheit und erklärte, wie das Gewehr aufgestellt gewesen war, wie es gefeuert hatte und was wir im Anschluss gefunden hatten. Dabei fügte ich auch einen neuen Schauplatz hinzu.
» Ein Gewehr mit Selbstauslöser.« Marchant knurrte. » Es feuert, wenn die Konstruktion irgendwie ausgelöst wird. Für gewöhnlich benutzt man eine Schnur am Abzug oder einen Sensor.«
» Klingt ja fies.« Hi begutachtete Marchants Arsenal.
» Ist es auch«, stimmte Marchant zu. » Solche Selbstschussanlagen werden benutzt, um Vieh vor wilden Tieren zu beschützen. Sie sind aber illegal, weil sie auf alles schießen, was sie auslöst. So etwas bekommt man nicht im Laden an der Ecke.«
Ich war enttäuscht. » Das Gewehr sagt Ihnen also nichts?«
» Das Gewehr nicht.« Marchant legte die Waffe zur Seite und nahm eine Kugel. » Das Projektil könnte uns vielleicht eine Geschichte erzählen.«
» Wir sind ganz Ohr.« Ich setzte mich auf die raue Holzbank und passte auf, keine von Marchants Waffen zu berühren. Im Wald herrschte Stille. Eine Reihe Zypressen schirmte den Parkplatz von unseren Augen ab und so fühlte man sich auf dem Schießstand wie am einsamsten Ort der Welt.
» Munition besteht aus vier Bestandteilen– Zündladung, Patrone, Treibladung und das Projektil.« Marchant reichte mir eine Patrone und hob seine Beretta 9mm. » Wenn man den Abzug betätigt, schlägt der Hahn auf die Zündladung, die daraufhin explodiert. Das wiederum zündet die größere Menge Schießpulver.«
Ich drehte die Munition in den Fingern. » Und dadurch wird die Kugel angetrieben?«
» Richtig. Die Explosion treibt das Projektil durch den Lauf. Dabei rotiert die Kugel aufgrund winziger Rillen im Lauf. Die Patrone bleibt in der Kammer, bis sie entfernt wird.«
» Es sei denn, es handelt sich um eine Halbautomatik«, warf Hi ein.
» Stimmt. Dann wird die Patrone automatisch ausgeworfen, wenn die Kugel abgefeuert wurde.« Marchant sah mich an. » Du sagst, ihr habt keine Patronen eingesammelt, ja?«
Niedergeschlagen schüttelte ich den Kopf. Wie hatten wir nur versäumen können, danach zu suchen?
» Das ist nicht so schlimm. Aussagekräftiger könnten die Rillen auf dem Projektil sein.«
» Auf die Weise kann man die passende Waffe zu einer Kugel finden«, erklärte Hi. » Aber wir haben die Waffe ja schon. Sie halten sie in der Hand.«
Marchant lächelte. » Mit ein bisschen Glück erfahre ich noch viel mehr.«
» Wie?«, fragte ich.
» Eine Kugel wird von der Waffe, mit der sie abgefeuert wird, auf einzigartige Weise markiert.« Marchant zeigte auf seine Sammlung. » Jeder Lauf ist anders, selbst bei gleichen Waffentypen, dem gleichen Hersteller, der gleichen Fabrik und dem gleichen Herstellungstag. Jede Waffe hat ihren eigenen ballistischen Fingerabdruck.«
» Wieso das?«, wollte Hi wissen.
» Das entsteht durch winzige Abweichungen bei der Herstellung. In das Metall des Laufes werden mikroskopisch kleine Splitter gedrückt und die erzeugen ein einzigartiges Muster auf der Kugel, sogenannte Riefen.«
» Alle Kugeln, die aus der gleichen Waffe abgefeuert werden, haben also die gleichen Riefen?« So weit konnte ich folgen. » Und diese Riefen kann man identifizieren?«
Er lächelte. » Wie einen Fingerabdruck.«
» Okay, aber ich verstehe immer noch nicht, wozu es gut ist.« Hi zeigte auf das Gewehr. » Wir haben die Waffe. Warum interessiert uns dann der Fingerabdruck?«
» Weil wir die Riefen verschiedener Projektile in einer Datenbank speichern.«
Marchant steckte die Waffe vorsichtig in einen Plastiksack. » Wenn die Polizei eine Waffe findet, die bei einem Verbrechen benutzt wurde, schickt sie die zur Analyse in die Ballistik. Also zu mir. Zuerst blase ich Luft durch den Lauf und schaue mir an, was herauskommt. Manchmal sind es Partikel von Haaren, Haut oder Fasern, die beim Schuss angesaugt
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