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VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

Titel: VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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zuvor gewesen bin.
    Vielleicht verfolgte ich ihn.
    Ich hatte gar nicht bemerkt, wie nah er sein Gesicht an meines herangeschoben hatte. Denn als er fortfuhr, berührten seine schneeweißen Augenbrauen fast die meinen.
    » Hast du ihn gefunden?«, flüsterte er. » Weißt du, wie groß er ist?«
    Erschrocken wich ich zurück. » Wovon reden Sie?«
    Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. » Tory?«
    Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Jason in den Raum marschierte, unter jeden Arm einen hölzernen Klappstuhl geklemmt.
    » Bist du gerade gekommen?« Jason verlagerte das Gewicht, auf der Suche nach einem besseren Griff um die Stühle. » Die anderen sind alle schon draußen auf dem Rasen. Ich muss hier noch mit anpacken.«
    » Bin schon unterwegs.« Ich drehte mich zu Brincefield um. » Entschuldigung, ich muss mich beeilen.«
    Damit strebte ich zur Tür nach draußen. Im Spiegel sah ich, wie Brincefield mir nachschaute.
    Im Garten unterdrückte ich ein Schaudern.
    Hatte Brincefield auf mich gewartet? Die letzten beiden Fragen hatte er mit einer fast unheimlichen Intensität gestellt, geradezu manisch. Wie hatte er sie gemeint? Vielleicht war der alte Mann doch nicht so harmlos, wie ich gedacht hatte.
    Achtung. Du könntest beobachtet werden.
    Ich suchte rasch Schutz hinter ein paar Bäumen, als Jason auftauchte. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, schleppte er seine Fracht zu einem weißen Pavillon.
    Von meinem geschützten Platz aus begutachtete ich die Szenerie.
    Die Cotillionschar war bereits fast vollzählig. Aufgeregt schnatternde Snobs stellten ihre neueste Garderobe zur Schau. Frauen in leuchtenden Sommerkleidern balancierten zierliche mit Melonenstücken, Erdbeeren und Käse beladene Teller. Künstliches Lachen erfüllte die Luft.
    Spontane Entscheidung: Keine Überraschungen mehr.
    Klick.
    Die Verwandlung ging schnell und löste, wie üblich, ein kurzes Zittern und Keuchen aus. Ich ließ mir nichts anmerken und wollte, dass das Brennen in meinen Gliedern schnellstmöglich aufhörte.
    Meine Rezeptoren schalteten auf vollen Empfang.
    Ich schob mir die Sonnenbrille auf die Nase, trat aus dem Schatten der Bäume und mischte mich unter die Partygäste.
    Die Erwachsenen hatten sich an kleinen Tischen vor dem Pavillon versammelt. Meine Mitschüler spazierten in einiger Entfernung über das Putting Green.
    Jason erblickte mich und winkte.
    Ich verdrängte meine Besorgnis und ging zu ihm.
    » Da bist du ja.« Sein Schlips war gelockert, der oberste Hemdknopf geöffnet. » Plötzlich warst du verschwunden.«
    » Hab mich nur kurz frisch gemacht. Immer noch mit dem Aufbau beschäftigt?«
    » Notgedrungen. Diese Intelligenzbestien hatten nur fünfzig Stühle rausgestellt.«
    Meine geschützten Augen blickten sich verstohlen nach der sechsbeinigen Tussi um, konnten sie aber nirgends entdecken.
    Dann rief eine tiefe Südstaatenstimme Jasons Namen.
    » Schon wieder?« Er seufzte. » Die Frau ist eine Nervensäge erster Güte. Bin sofort wieder da.«
    Jason folgte einer älteren Dame ins Clubhaus.
    Ich war allein.
    Entschlossen, das Beste aus dieser Situation zu machen, trat ich näher an eine kleine Personengruppe heran. Niemand sagte etwas zu mir, doch versuchte auch niemand, mich zu verscheuchen. Immerhin ein Fortschritt.
    Dann nahmen meine hochsensiblen Ohren genau die Stimme wahr, die sie nicht hören wollten.
    Madison. Irgendwo hinter mir.
    Ich bemühte meine akustischen Fähigkeiten, versuchte ihre Stimme aus der Kakophonie von Geschwätz und Gelächter herauszufiltern.
    » … reicht’s endgültig. Das müssen wir ihr ein für alle Mal klarmachen.«
    » Am besten jetzt gleich.« Ashley. » Jason ist reingegangen.«
    Raschelnder Stoff wandte sich in meine Richtung.
    » Inselmädchen!«
    Ich stellte meine Ohren auf Durchzug.
    » Insel! Mädchen!«
    Langsam drehte ich mich um.
    Madison stand etwa zwei Meter von mir entfernt, die Arme verschränkt, flankiert von ihren kriecherischen Hofschranzen. Sie sprachen äußerst laut und zielten offenbar auf ein großes Publikum ab.
    Mein Puls raste. Ich traute mich nicht, den Mund zu öffnen.
    Madison stellte ein gespieltes Erstaunen zur Schau. » Ich dachte, wir hätten dir sehr klargemacht, dass du hier nicht erwünscht bist.«
    Die übrigen Gespräche erstarben. Ein loser Halbkreis von Schaulustigen formierte sich. In ihren Augen leuchtete wilde Erregung. Die Meute witterte Blut.
    » Du solltest nicht hier sein«, plapperte Courtney.
    » Ganz meiner Meinung«, sekundierte

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