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VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit

Titel: VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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erhalten. Sie hatte die Farbe von Dijon-Senf angenommen, roch alt und muffig.
    Eine kaum mehr leserliche Schrift zog sich am oberen und unteren Ende des Dokuments entlang. In der Mitte waren mehrere, sich überschneidende Linien zu sehen, die ein undefinierbares Gebilde formten.
    » Hm.« Hi rieb sein fülliges Kinn.
    » Was zum Teufel…« Ich hatte Berge und Täler erwartet, vielleicht den Umriss einer Küste oder Felsformationen. Irgendwelche erkennbaren Strukturen. Doch stattdessen gab es nur ein unübersichtliches Durcheinander aus geraden und krummen Linien, die von einem simplen schwarzen Rand umgeben wurden.
    » Wer hat das gezeichnet?«, fragte Shelton kopfschüttelnd. » Monet? Picasso?«
    » Drei senkrechte Linien und sieben oder acht waagerechte«, stellte ich stirnrunzelnd fest. » Und dieser dicke Strich, der einmal von oben nach unten geht…«
    Es gab keine erkennbare Topografie oder überhaupt etwas, das an eine Karte denken ließ. Nicht einmal den Hinweis auf eine bestimmte Richtung. Das Bild sah aus wie eine Kinderzeichnung, auf der zudem noch jemand » Drei gewinnt« gespielt hatte.
    » Das soll eine Karte sein?« Bens Stirn legte sich in Falten. » Sieht wie sinnloses Gekritzel aus.«
    Ich nickte.
    » Konzentrieren wir uns auf die Schrift«, schlug Hi vor. » Vielleicht erklärt sie ja die Zeichnung.«
    Am oberen Rand der Karte standen zwei Zeilen, die in anmutig geschwungenen Buchstaben über das Papier liefen. Ich nahm die Lupe zur Hilfe und las laut:
    Unter Lady Peregrines Schlafstätte
    winde dich hinab zur Schleuse des dunklen Raumes.
    » Ein Rätsel?« Ich konnte es nicht glauben. » Im Ernst?«
    Der seltsame Zweizeiler erklärte das Gekritzel auch nicht.
    » Lies mal unten weiter«, sagte Hi. » Vielleicht ergibt es ja zusammen einen Sinn.«
    Ich führte die Lupe über die zweite Strophe, die in ebenso schnörkeliger Schrift geschrieben war. Eine weitere unbegreifliche Botschaft:
    Drehe den Kreis des Erlösers
    in der offenen Nische der Kluft.
    Wähle deinen getreuen Diener,
    die richtige Brücke freizugeben.
    » Nicht sehr aufschlussreich.« Eine typische Hi-Untertreibung.
    » Soll das ein Gedicht sein?« Shelton klang nicht sehr beeindruckt.
    Ich suchte die Karte ab, fand aber keine weiteren Wörter.
    Kein Wunder, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Museum so lasch waren. Ohne zusätzliche Informationen war die Karte völlig nutzlos.
    » Das hier könnten unterirdische Tunnel sein«, sagte ich und zeigte auf die Mitte des Bildes. » Vielleicht Höhlen.«
    » Oder der Verlauf einer Küste«, schlug Hi vor. » Aber es ist von keiner Insel die Rede.«
    » Das Gekritzel könnte doch alles Mögliche darstellen«, brummte Shelton. » Wie wissen ja nicht mal, ob es sich wirklich um eine Insel handelt.«
    » Aber alle Gerüchte weisen auf eine Insel hin.« Hi zerrte einen Wust von Blättern aus der Hintertasche seiner Shorts. » Ich hab Stunden im Internet verbracht. Seabrook. Johns. Fripp. Manche Seeleute glauben, dass Kiawah gemeint ist. Aber alle sind sich einig, dass Bonny ihren Schatz auf einer einsamen Insel vergraben hat.«
    » Die bis jetzt aber niemand gefunden hat«, wandte Ben ein. » Also müssen die gängigen Theorien wohl falsch sein.«
    » Diese Theorien und die Karte sind aber die einzigen Anhaltspunkte, die wir haben«, gab Hi zurück.
    Ich enthielt mich eines Kommentars und fuhr damit fort, die Karte nach weiteren Hinweisen abzusuchen.
    In der unteren linken Ecke sah ich ein Symbol. Ich beugte mich näher darüber, um es besser erkennen zu können.
    Es war ein grünlich silbernes Kreuz. Groß. Dünn. Seltsam geformt. Die Spitze knickte scharf nach rechts ab, und ein Kreis befand sich dort, wo die Waagrechte und die Senkrechte sich kreuzten.
    Das merkwürdige kleine Emblem hielt meinen Blick gefangen. Etwas Ähnliches hatte ich noch nie gesehen. Das Kreuz war wunderschön und sorgsam gezeichnet. Aber es sagte mir nichts.
    » Lasst uns ein Brainstorming machen«, schlug ich vor. » Was wissen wir über Anne Bonny?«
    » Sie war eine Draufgängerin«, sagte Shelton. » Sie verkleidete sich als Mann und suchte heimlich Charles Town auf, selbst wenn ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt war.«
    » Frauen gehen eben gern shoppen«, stellte Hi fest.
    Ich ging darauf nicht ein. » Anne hat sich also hier an die Öffentlichkeit gewagt?«
    Shelton nickte. » In meinem Piratenbuch steht, dass sie außerhalb des Hafens ein kleines Boot besaß. Damit hat sie sich hin und wieder an Land

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