VIRALS - Nur Die Tote Kennt Die Wahrheit
ältere, tiefere Räume als diesen, konnten bis jetzt nicht bestätigt werden.
Jede Stadt braucht ein Gefängnis. Lange bevor Provost Dungeon entstanden ist, haben gefährliche Kriminelle die Gewässer und Straßen von Charles Town unsicher gemacht.«
» Piraten«, flüsterte Sallie.
» Von Anfang an wurde die Stadt von Piraten geplagt«, sagte Chris. » Blackbeard. Stede Bonnet. Schonungslose Plünderer haben Dutzende von Schiffen überfallen und die Gefangenen erst gegen ein Lösegeld wieder freigelassen.« Auf das Drängen verängstigter Kaufleute hin wurden Freibeuter vom Kolonialgouverneur beauftragt, der Herrschaft des Terrors ein Ende zu machen. Im Oktober 1718 wurde Stede Bonnet gefangen genommen.
» Und hierher gebracht.« Sallies Flamme flackerte, als sie in die Dunkelheit abtauchte. » Die Gefängniszellen von Half-Moon Battery wurden das neue Zuhause von Captain Bonnet.«
Er ist nicht der Einzige.
» Bonnet und seine Mannschaft wurden zum Tode verurteilt«, fuhr sie fort. » Am 10. Dezember 1718 wurden sie am White Point der Battery gehängt.«
Theatralische Pause, dann führten die Fletchers ihre Gruppe zur Treppe. Ich hielt mich ganz hinten. Versuchte, mit den Schatten zu verschmelzen. Die anderen Virals taten dasselbe.
Ich verbarg mein Kerzenlicht, indem ich eine Hand um die Flamme wölbte. Während die anderen die Stufen hinauftrampelten, wurde der Raum immer dunkler und lag schließlich in völliger Finsternis. Wir waren allein.
Jetzt oder nie. Wenn Anny Bonny hier gefangen gehalten wurde, dann mussten wir irgendeinen Beweis finden.
Doch ohne unsere speziellen Fähigkeiten, darin waren wir uns einig, hatte die Suche hier keinen Zweck. Wir mussten prüfen, was unsere neuen Kräfte ausrichten konnten.
» Schub«, flüsterte ich.
Nacheinander leuchteten vier Augen auf. Glühten golden in der Finsternis.
Hi war wie immer der Schnellste. Dann Shelton, der sich seine Angst vor der Dunkelheit zunutze machte.
KLICK .
Fast im selben Moment ging der Schub auch durch mich hindurch, jagte wie Feuer und Eis durch meine Eingeweide.
Wuchs aus der Tiefe empor und entfaltete sich.
Neben mir war Ben am Fluchen. » Hat keinen Zweck. Ich behalte die Treppe im Auge.«
Ich hörte Gummisohlen auf harter Erde, während er in Richtung Tür ging.
» Verteilt euch«, zischte ich. » Wir haben nur wenig Zeit.«
Hi und Shelton nickten. Ihre Gesichter zeichneten sich deutlich ab. Die Kerzen erleuchteten den Raum mit einem Mal so hell, als hätten wir ein Lagerfeuer entfacht.
Mein Blick schoss zu einer weit entfernten Mauer hinüber. Alle meine Sinne erfassten den Raum mit einem feinen sensorischen Raster.
Sheltons Stimme ließ mich innehalten. » Hört ihr das?«
Die anderen Teilnehmer der Geistertour waren verschwunden. Selbst jetzt, mit gesteigerter Wahrnehmung, hörte ich nichts als unseren eigenen Atem und unsere Bewegungen.
» Dort.« Shelton lief zur gegenüberliegenden Wand, ging in die Hocke und klopfte an die Steine. » Pst! Hört ihr das Tröpfeln?«
Ich eilte zu ihm. Ja! Meine Wolfsohren nahmen ein leises Pfeifen wahr, unterlegt von einem sanften Murmeln. » Unglaublich!«
» Ein Luftzug.« Shelton kniff die Augen zusammen. » Oder rieselndes Wasser?«
» Lass mich mal schauen«, drängte Hi.
Die Mauer bestand aus grob behauenen Steinen, die von krümeligem Mörtel zusammengehalten wurden. Alt, aber solide.
» Da unten.« Hi zeigte auf die Stelle vor meinen Füßen. » Da sieht der Mörtel anders aus.«
Ich ging in die Hocke und schaute genau hin.
» Hi hat recht«, sagte ich. » Das Material zwischen den Fugen sieht dunkler aus und hat mehr Risse. Als wäre es zu einer anderen Zeit entstanden.«
Bens Flüstern schnitt durch die Finsternis. » Beeilt euch!«
Etwas Samtiges berührte mein Gesicht. Eine hauchzarte Berührung.
Ich erstarrte.
Meine glühende Iris hatte einen winzigen Lichtreflex eingefangen. Einen silbrigen Funken, der für den Bruchteil einer Sekunde meine Wange gestreift hatte.
Gespenstergeschichten zuckten mir durch den Kopf. Mir stockte der Atem. Fast hätte ich aufgeschrien, als sich die höheren Schichten meines Bewusstseins einschalteten.
Spinnenweben. Ein einzelner Faden, der sich nach vorn und wieder zurück bewegte.
Ein Lufthauch, dessen Ursprung hinter der Mauer liegen musste. Ohne den Schub hätte ich ihn nicht wahrnehmen können.
» Hier«, sagte ich. » Hinter diesen Steinen muss sich ein Hohlraum befinden!«
» Es kommt jemand!«, zischte Ben. » Weg
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