VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
bis oben zugeknöpft war. Er hatte das Licht in seinem Schlafzimmer ausgeknipst, vermutlich um dem Radar seiner Mutter auszuweichen.
Bens Gesicht war direkt unter meinem. Er saß in seinem Hobbyraum neben einem ramponierten Billardtisch.
Im letzten Kästchen, vor seiner mit Star-Wars-Postern tapezierten Schlafzimmerwand, war Shelton zu sehen. Mit nassen Haaren und müden Augen.
Ich legte sofort los. »Jemand in der Bibliothek hat uns ausspioniert. «
Sheltons Augen weiteten sich. Hi und Ben nickten.
»Gut möglich«, sagte Ben.
Hi war derselben Ansicht. »Wir haben gerade erst von der Heaton-Sache Wind bekommen, und schon klaut jemand ihre Knochen? Das kann doch kein Zufall sein.«
»Aber woher wusste der Spion, dass wir das Skelett ausgraben wollten?«, fragte Shelton. »Und wo es lag. Darüber haben wir in der Bibliothek keinen Ton gesagt.«
Gute Frage, auf die ich keine Antwort wusste.
»Vielleicht hat man unsere Recherchen nachvollzogen«, überlegte ich. »Jemand könnte uns in der Bibliothek beschattet haben.«
»Der Mörder!«, sagte Hi. »Lasst uns nicht vergessen, dass wir über einen Killer reden. Wer sonst hätte von dem Grab wissen können? Wer auch immer uns gefolgt ist, hat vielleicht auch Katherine Heaton auf dem Gewissen.«
Allgemeines Schweigen.
Bilder rauschten durch meinen Kopf. Dunkle Gestalten vor noch dunklerem Wald. Zwei laute Schüsse.
»Der Bibliothekar«, schlug Shelton vor. »Der hat sich von einem auf den anderen Moment so komisch verhalten.«
»Katherine Heaton ist 1969 verschwunden«, sagte ich. »Limestone ist zu jung. Außerdem sagt mir mein Gefühl, dass er ein Weichei ist.«
Doch Limestones Verhalten hatte auch mich verwundert. Ich wollte später darüber nachdenken und präsentierte meine zweite Theorie.
»Karsten war fuchsteufelswild heute.«
»Ist ja nichts Neues«, entgegnete Ben.
»Stimmt schon. Aber er war noch nie so außer sich wie heute. Als hätte er irgendwas zu verbergen. Außerdem schien es ihm überhaupt nicht zu passen, dass wir einen Bullen dabeihatten. «
»Karsten hat doch seit Jahren die absolute Kontrolle auf Loggerhead«, ließ sich Hi auf meine Gedanken ein.
»Und er versucht, alle von den Wäldern fernzuhalten«, ergänzte Shelton.
»Der Typ macht bestimmt geheime Experimente«, fügte Ben hinzu.
»Bingo!«, sagte ich. »Denkt nur daran, was er mit Coop angestellt hat. Außerdem kommt Karsten an Affenknochen heran.«
»Wer sonst könnte in kürzester Zeit schweres Gerät in den Wald bringen und wieder entfernen lassen?«, fragte Hi.
Eine drückende Stille machte sich breit. Shelton brach sie als Erster.
»Du glaubst also, dass Karsten der Killer ist?«
»Er ist zumindest höchst verdächtig«, antwortete ich. »Aber wir brauchen Beweise.«
»Wo sollen wir die hernehmen?« Hi entfaltete nacheinander seine Finger. »Erstens wissen wir nicht, wer uns gefolgt ist. Zweitens haben wir nichts gegen Karsten in der Hand und drittens schon genug Ärger am Hals.« Er ließ seine
Hand auf die Tischplatte fallen. »Außerdem lege ich keinen Wert darauf, selbst erschossen zu werden.«
Wir hatten den Kern der Sache erreicht.
Hi hatte mit jedem einzelnen Wort recht. Aber das schreckte mich nicht ab. Ich fühlte mich Katherine Heaton so stark verbunden, dass ich es nicht ignorieren konnte. Sie brauchte einen Anwalt. Mich.
»Ich gebe nicht auf!«, erklärte ich. »Katherine hat ihre Mutter verloren, so wie ich. Dann verlor sie auch noch ihren Vater. Ich kann sie jetzt nicht im Stich lassen.«
Sie war genau so tough wie ich. Sie hätte niemals klein beigegeben. Das spüre ich bis in meine Seele.
»Ich bin dabei«, sagte Ben. »Katherine wurde ermordet. Niemand kämpft für sie. Wir sollten das tun.«
Kurz und präzise. Anders gesagt: Ben Blue.
»Tut mir leid, dass ich immer so pragmatisch bin, aber wir können aus der Sache auch gar nicht aussteigen.« Shelton zupfte sich am Ohrläppchen. »Die Killer wissen vielleicht, wer wir sind. Wir müssen sie fertigmachen, ehe sie uns fertigmachen.«
Hi ließ seinen Kopf drei Mal auf die Tischplatte knallen. Dann, ohne aufzublicken: »Na großartig. Wer will schon ewig leben?«
»Wir sind ein Team, Jungs!« Ich empfand einen mächtigen Stolz. »Wir sind klüger als die Ratten, die das getan haben. Wir können sie besiegen.«
»Und jetzt?« Hi saß wieder aufrecht. »Wir haben keine Anhaltspunkte.«
Ich lächelte. »Haben die Gentlemen heute Nacht schon was vor?«
Dreifaches Stöhnen.
Mein Lächeln
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