VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
ihr aufgeregtes Geplapper einfach aus. Die ganze Sache war ein Albtraum. Ein rosa Albtraum.
Das Fenworth House mit all seinen Fensterläden, Piazzas und schmiedeeisernen Verzierungen ist klassisches Charleston. Das altehrwürdige Anwesen befindet sich an der Queen Street nahe des Powder Magazine und des Gibbes Museum of Art. Ich hatte darauf bestanden, dass Kit mich in sicherer Entfernung an der Straßenecke absetzte. Nie im Leben würde ich mich an seinem Arm bis zum Eingang begleiten lassen.
Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch, als ich durch die mit Schnitzereien versehenen Eichentüren stöckelte. Ich kam mir wie eine große Erdbeertorte vor, während Whitneys kostbare Klunker klirrten.
Und wenn all die anderen nur Jeans tragen?
Aber meine Sorge war unbegründet. Die Debütantinnen in spe waren derart aufgebrezelt, als würde jeden Moment Brad Pitt vorbeischauen, um sich eine Begleitung für die Oscarverleihung auszusuchen.
Aber keine Einzige trug Rosa.
Auweia!
Der Ballsaal schien aus Vom Winde verweht zu stammen. Die raumhohen Fenster wurden von Brokatvorhängen eingerahmt,
riesige Kristalllüster hingen über dem glänzenden Eichenparkett. Kleine Tische mit weißen Leinendecken umstanden die Tanzfläche.
An einem Ende des Saals stand eine Bühne, auf der die Musiker bereits ihre Instrumente stimmten. Saxofone. Trompeten. Posaunen. Becken schepperten und Hörner blökten, während sie sich einspielten.
Zur Rechten zog sich ein langer Tisch an der Wand entlang, auf dem mit Lilien geschmückte Vasen, Porzellanteller, Punsch und mit Häppchen garnierte Silbertabletts standen. Krabbenküchlein. Mini-Beef-Wellingtons. Mit Speck umwickelte Jakobsmuscheln. Nicht übel.
»Tory?«
Jason stand neben dem Büfett. In seinem schwarzen Smoking mit Kummerbund sah er aus wie Daniel Craig als James Bond.
»Hi.« Ich beließ es bei einer kurzen Anrede.
»Wow! Du siehst umwerfend aus.«
Meine Wangen brannten.
Blödes Kleid! Blöde Whitney!
»Einfach fantastisch«, flötete Jason. »Du musst dich wirklich öfter in Schale werfen. Ich bin hin und weg. Hey, Chance!«, rief er quer durch den Saal. »Schau mal, wer da ist!«
»Tory! Was für eine Überraschung!« Chance trug eine weiße Smokingjacke mit Schwänzen. Bei allen anderen: lächerlich. Bei ihm: yes!
Er schnappte sich ein Krabbenküchlein, während er mich begutachtete, als wäre er ein Kunstsammler und ich ein teures Gemälde.
»Du bist echt eine mutige Frau«, sagte er. »Man muss schon Courage haben, um auf diese Art hier zu erscheinen.«
»Auf welche Art?«
»Na, ich meine, als hübschestes Mädchen im ganzen Saal. Das wird den anderen Mädels ganz und gar nicht gefallen.«
Ich wartete … Da war es! Das Zwinkern.
»Gut, dass Hannah das nicht gehört hat«, entgegnete ich, ohne nachzudenken. »Du bist doch schließlich in festen Händen.«
Mein Magen machte einen Salto rückwärts. Mit Chance flirten? Hatte ich den Verstand verloren? Da konnte ich ja gleich zum Mikro greifen und »Macarena« singen. Völlig durchgeknallt.
Chance’ Augenbrauen wanderten ein Stück nach oben. Dann kräuselten sich amüsiert seine Lippen: »Da hab ich ja wirklich Glück, dass mein Herzblatt noch nicht da ist. Ich denke, ich sollte sie draußen abholen. Entschuldigt mich bitte.«
Damit war er verschwunden.
»Ich wusste gar nicht, dass du auch Debütantin bist«, sagte Jason.
»Juniordebütantin«, verbesserte ich. »Das ist mein erster Tanzabend. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.«
»Dann, Mademoiselle, bitte ich um die Ehre, Sie durch diesen Abend führen zu dürfen.« Jason machte einen formvollendeten Diener.
Offenbar schaute ich ziemlich blöd aus der Wäsche.
»Heute Abend«, erklärte er, »werden die Tanzschritte für den Ball eingeübt, und da brauchst du einen Partner. Darf ich das sein?« Oh, wie förmlich.
»Die Ehre, werter Herr, ist ganz auf meiner Seite.«
Was redete ich da für einen Stuss? Außerdem hatte ich in meinem ganzen Leben noch keine einzige Tanzstunde gehabt. Das Ganze würde ein Desaster werden.
Plötzlich hörte ich ein Tuscheln.
»Maddy, guck mal, das Inselmädchen.«
Natürlich, Courtney Holt. Und wo eine Zicke war, waren die beiden anderen nicht weit.
»Was macht die hier mit Jason?«, flüsterte Ashley.
Ich drehte mich nicht um. Gab nicht zu erkennen, dass ich sie gehört hatte. Jason bediente sich bereits am kalten Büfett.
»Der Arme, wir sollten ihn retten!« Madisons Kichern war voller Bosheit. »Was hat
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