Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
bankrott gegangenen Star Tribune in Minneapolis.
Virgil erwartete ihn mit in die Hüften gestemmten Händen.
Ignace begrüßte ihn grinsend: »Der verdammte Flowers. Ich hab den Cops gesagt, dass ich hier bin, um mit dir zu reden.«
»Ich sollte dich rauswerfen«, entgegnete Virgil.
»So, so. Ich versuche, eine bankrotte Zeitung zu retten, und du stellst dich quer. Herzlichen Dank, alter Freund. Vergiss alles, was du mir schuldest.«
»Wie geht’s?«, erkundigte sich Virgil.
»Ich hab’s satt, im Morgengrauen zweihundertfünfzig Kilometer weit zu fahren, weil irgend so ein dreiundzwanzigjähriger Junglektor sich das einbildet«, antwortete Ignace. »Ich schreibe einen Krimi.«
»Du und so ziemlich jeder andere Reporter im Staat«, bemerkte Virgil.
»Nein, die schreiben Drehbücher. Ich sitze an einem Roman. Ich hab sogar einen Agenten.« Ignace blickte sich um. »Habt ihr jemanden festgenommen?«
»Wir überprüfen einen Jungen namens Slibe Ashbach junior, auch als der Deuce bekannt, Sohn von Slibe Ashbach senior, dem Inhaber dieses Sickergrubenunternehmens, und Bruder von Wendy Ashbach, Sängerin einer örtlichen Band. Wir haben etwas Blut an einem Kleidungsstück gefunden, und das ist unterwegs nach Bemidji.«
»Blut von Erica McDill?«
»Nein. Die wurde aus großer Entfernung erschossen … Das Blut muss von jemand anders stammen. Wir gehen davon aus, dass es sich um drei miteinander in Verbindung stehende Morde und eine nichttödliche Schussverletzung handelt …« Er erklärte ihm alles. Virgil wusste, dass Ignace sich jedes Gespräch wortgenau merken und es später exakt protokollieren konnte. Die Erinnerung, hatte Ignace ihm erklärt, beginne erst zwei oder drei Stunden nach solchen Gesprächen zu verblassen. »Ich muss dich dem Sheriff vorstellen. Keine Ahnung, ob der dich hierhaben will. Also führ dich ordentlich auf, okay? Wir suchen auch nach dem Vater, nach Slibe senior. Ich bleibe, bis er auftaucht oder bis jemand mir sagt, dass sie ihn in der Stadt geschnappt haben.«
Eine Staubwolke näherte sich. »Scheiße, da kommt er.«
»Aber der Verdächtige ist der Sohn?«
»Im Moment schon. Sieh dir die Sache an … vorausgesetzt, der Sheriff lässt dich bleiben.«
Der Polizist am Ende der Auffahrt hielt Ashbach auf.
Virgil führte Ignace zu Sanders. »Bob, ich möchte Ihnen Ruffe Ignace vorstellen, den Polizeireporter der Star Tribune. Ich habe ihn reingelassen, ihm aber gesagt, dass Sie entscheiden, ob er bleiben darf.«
Sanders nickte Ignace zu, ohne ihm die Hand zu geben. »Falls die Leute von der örtlichen Presse aufkreuzen, muss ich Sie rausschmeißen, weil ich die nicht reinlasse. Wenn Sie sich unsichtbar machen, können Sie meinetwegen erst mal bleiben.«
»Danke, Sheriff, ich weiß das zu schätzen«, sagte Ignace. »Ich halte mich im Hintergrund.«
Slibes Truck rollte an dem Polizisten vorbei und zum Zaun. Slibe stieg aus, entdeckte Virgil und den Sheriff und ging entschlossenen Schrittes auf sie zu. Zwei Deputies, die das bemerkten, bewegten sich in seine Richtung. Er wurde langsamer und rief: »Was zum Teufel ist hier los? Durchsuchen Sie mein Haus?«
»Ja«, antwortete Virgil. »Und die Wohnungen von Wendy und Ihrem Sohn. Wo steckt der Deuce? Haben Sie ihn gefunden?«
»Ich spioniere ihm nicht nach.« Slibe ließ hektisch den Blick schweifen und sagte in beinahe flehentlichem Ton zu Sanders: »Tun Sie meinen Hunden nichts, Sheriff.«
»Kommen Sie mit mir ins Haus«, forderte Virgil ihn auf. »Ich muss Sie was fragen.«
»Wir sollten ihm seine Rechte vorlesen«, sagte der Sheriff.
Das erledigte einer der Deputies.
»Ich brauch keinen Scheißanwalt«, herrschte Slibe Virgil an. »Und ich will auch nicht mit Ihnen in meinem Haus rumsitzen. Stellen Sie Ihre Frage.«
»Sie haben eine Visa-Card. Zeigen Sie sie mir.«
Slibe sah ihn fragend an, bevor er seine Brieftasche zückte und die Karte herausholte. Virgil nahm sein Notizbuch aus der Gesäßtasche und verglich die Nummer auf Slibes Karte mit seinen Aufzeichnungen: Sie unterschieden sich.
»Wie lange haben Sie diese Karte schon?«, erkundigte sich Virgil.
»Dreißig Jahre? Keine Ahnung.«
»Hat der Deuce auch eine?«
»Nein. Er hat nicht mal ein Bankkonto. Aber Wendy hat eine.«
»Mir wurde für Slibe Ashbach eine andere Kartennummer genannt.«
»Ich habe noch eine Karte fürs Geschäft. Die ist im Haus, für Lieferungen und so.«
»Holen Sie sie«, forderte Virgil ihn auf.
Slibe hatte ein ordentliches
Weitere Kostenlose Bücher