Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
220-Volt-Deckenheizstrahlern und einem dickbauchigen Holzofen beheizt wurde. Es gab ein Waschbecken, eine Badewanne und eine Toilette in einem durch eine Wand abgetrennten Bereich, jedoch keine Tür.
Wie das Haus war das Loft mit militärischer Präzision organisiert. Auf den ersten Blick wirkte alles ordentlich und sauber, doch in den Schubladen lagen Kleidungsstücke, elektrische und mechanische Teile, Jagd- und Angelzubehör wild durcheinander. Als ein Polizist den freistehenden Sperrholzschrank öffnete, entdeckte er darin ein Chaos aus Bügeln mit Winterkleidung, die eine Hälfte hängend, die andere auf dem Boden. Oberflächlich betrachtet sah es im Loft aus wie im Haus von Slibe, aber wenn man genauer hinschaute, unterschied es sich deutlich davon.
Vier Militärmunitionsbehälter aus Metall standen auf dem Boden. In zweien befand sich Schrotflintenmunition, in den anderen beiden waren leere Hülsen. Ein Mann von der Spurensicherung ging die Hülsen mit Virgil durch. Sie fanden vierzig.223er-Patronen, die sie sicherstellten.
Mapes, der Leiter des Spurensicherungsteams, warf einen Blick auf ihren Fund. »Ich kann keine Auswurfspuren entdecken. Natürlich muss das Labor das noch überprüfen.«
Unter dem Bett entdeckte Virgil einen Stapel alter Hustler- Hefte, eine Plastiktüte mit fünf verblichenen Farbfotos einer Frau mit Achtziger-Jahre-Frisur und eine weitere mit knapp zehn Gramm Marihuana.
Virgil bat Mapes, den Stoff einzutüten, bevor er sich aufs Bett setzte und sich die Bilder genauer ansah. Auf einem lehnte die Frau mit einem sehr viel jüngeren Slibe senior an der Motorhaube eines Chevy aus den siebziger oder achtziger Jahren. Sie standen in der Auffahrt, die Straße hinter ihnen. Kein Garten, nur offener Raum. Die Mutter von Wendy und dem Deuce?
Virgil ging damit zu dem Fenster am anderen Ende, weil es dort heller war. Die grobknochige Frau hatte aschblonde Haare, einen großen Busen wie Wendy und war auf rustikale Weise attraktiv. Slibe war früher blond gewesen, richtig blond. Auf diesem alten Foto bedeckten Locken seine Ohren wie bei Virgil.
Ein Mann von der Spurensicherung sagte: »Das hier könnte was sein.«
Er saß neben dem Wäschekorb auf dem Boden und begutachtete einen Jeans-Overall. Sein besonderes Interesse galt dem Ende eines Ärmels.
»Was?«
»Beschwören möchte ich das nicht, aber es sieht nach Blut aus.«
»Hätte er das denn nicht bemerken müssen?«, fragte Virgil und warf einen Blick auf den Fleck, der etwa so groß war wie eine Halbdollar-Münze.
»Ist von außen auf den Stoff gekommen, also vermutlich nicht sein eigenes«, stellte der Mann von der Spurensicherung fest und hob den Overall hoch, so dass die Ärmel glatt her unterhingen. »Das Blut ist am unteren Ende des Ärmels, als ob er ihn irgendwo reingehängt hätte.«
»Bringen Sie ihn ins Labor«, wies Virgil ihn an, der sich über die Entdeckung freute. »Und lassen Sie eine DNS-Analyse machen. Vorher, am besten noch heute Nachmittag, brauchen wir die Blutgruppe. Die von Windrow müssen wir auch rausfinden. Und zwar sofort …«
»Zeigen wir den Overall zuerst Ron. Der kennt sich aus mit Blut.«
Der Mann von der Spurensicherung steckte den Overall in eine Tüte, die sie die Treppe hinunter- und zum Haus trugen.
Sanders, der sie kommen sah, fragte: »Was?«
»Möglicherweise haben wir Blut gefunden«, antwortete Virgil.
Mapes stellte fest, dass es sich tatsächlich um Blut handelte, und kurz darauf erreichte die Nachricht die Deputies.
Virgil bat Sanders, einen der Deputies mit dem Overall nach Bemidji zu schicken, und wies den Deputy an, mit Blaulicht und so schnell wie möglich zu fahren.
»Wird gemacht«, versprach der Deputy.
Virgil rief über Slibes Festnetzanschluss in Bemidji an, teilte den Kollegen dort mit, was er benötigte, und wählte dann die Nummer der Rechercheurin Sandy, die nach wie vor verstimmt war, sich jedoch bereit erklärte, Windrows Blutgruppe herauszufinden.
Wendy gesellte sich, angelockt durch das Gemurmel, zu ihnen. »Was gibt’s?«, fragte sie.
»Wo ist Ihr Bruder?«, fragte Virgil zurück.
ZWEIUNDZWANZIG
In den folgenden zehn Minuten trafen zwei Leute ein. Der Erste, ein rothaariger Mann, der eine zerknitterte schwarze Sportjacke, Jeans und spitze schwarze Stadtschuhe trug, die er Jersey Pointers nannte, bückte sich unter der Polizeiabsperrung hindurch. Er und seine Freundin hatten Virgil den Jitterbug beigebracht – Ruffe Ignace, ein Reporter der gerade
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