Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

seine Erläuterungen beendete.
    »Sie haben also ein einziges Indiz – die Visa-Karte und die Tankstelle«, fasste Phillips zusammen.
    »Nein, ich habe zwei, möglicherweise sogar drei Leichen, eine Frau, der in den Rücken geschossen wurde, und einen frei herumlaufenden Wahnsinnigen. Es könnte Slibe senior, aber auch Slibe junior gewesen sein. Es besteht sogar die entfernte Möglichkeit, dass Wendy Ashbach es aus Gründen, die wir nicht kennen, getan hat. Zoe hätte nicht genug Kraft gehabt, Constance Lifry zu strangulieren, Wendy jedoch schon. Wendy wiegt schätzungsweise dreißig Pfund mehr als Zoe.«
    »Wendy wollte den Vertrag mit diesem Windrow unterschreiben«, gab Sanders zu bedenken.
    »Ja. Und wahrscheinlich hat sie ein Alibi für den Mord an Erica McDill, abhängig davon, wann genau Erica getötet wurde. Deshalb glaube ich, dass es Slibe senior oder junior und nicht Wendy war. Aber wenn wir einen Durchsuchungsbefehl für das gesamte Grundstück kriegen könnten, sollten wir uns auch den Wohnwagen von Wendy vornehmen.«
    Phillips holte einen gelben Bleistift aus einem Einmachglas auf seinem Schreibtisch und kratzte sich mit dem Radiergummiende am Kopf.
    »Don wird sagen, dass ihr im Trüben fischt«, prophezeite Phillips Sanders.
    »Wir haben die Visa-Karte«, erwiderte Sanders.
    »Es wäre wirklich ein großer Zufall, wenn es nicht Slibe senior oder junior oder Wendy gewesen wäre, der die Karte für die Fahrt zu Constance Lifry verwendet hat«, erklärte Virgil. »Auch in den Fällen McDill, Washington und Windrow sind sie als Täter denkbar. Weder Slibe senior noch Slibe junior haben ein echtes Alibi. Außerdem steht fest, dass es eine Verbindung zwischen den Morden und der Band gibt.«
    »Und Jan Washington?«, fragte Phillips.
    »Nun ja … Trotzdem bleiben die Toten«, sagte Virgil. »Wir müssen rausfinden, wer von den dreien der Täter ist, und dem Treiben ein Ende bereiten. Wenn es uns tatsächlich gelingen sollte, einem von ihnen die Morde nachzuweisen, würde der Richter wohl auch wackelige Beweise gelten lassen. Gänzlich unvernünftig ist der Vorschlag nicht.«
    »Windrow macht mir Kopfzerbrechen«, mischte sich Sanders ein. »Wir finden ihn einfach nicht. In allen Autos von Avis ist ein Peilsender eingebaut, aber wir kriegen kein Signal. Höchstwahrscheinlich liegt der Mann auf dem Grund eines Sees oder Sumpfes.«
    »Am Ende macht er sich einen schönen Lenz mit Little Linda«, sagte Phillips.
    »Sehr witzig, John«, bemerkte Sanders.
    »Dieser Windrow ist ein Problem«, erklärte Phillips. »Solange wir keine Beweise für seinen Tod haben, können wir seinen Fall nicht vor Gericht bringen.«
    »Von wegen beweisen. Wir wissen ja nicht einmal, ob er tot ist«, sagte Sanders.
     
    Don Hope, der Richter des Bezirksgerichts, war ein älterer, weißhaariger Mann mit randloser Brille.
    »John, das letzte Mal haben wir so im Trüben gefischt, als Teddy Roosevelt den Amazonas rauf ist«, sagte Don Hope zu Phillips.
    Phillips rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Den Ausdruck hasse ich.«
    »So, so. Egal, es sind genug Menschen umgekommen, und ich bin so alt, wer will mir da noch ans Bein pinkeln? Bringt mir das Formular, ich unterschreibe es. Was nicht heißt, dass das nicht meinen Grundsätzen widerspricht.«
    Virgil lächelte.
    »Warum grinsen Sie?«, erkundigte sich Hope.
    »Das ist ein zustimmendes Grinsen«, erklärte Virgil.
    »Schlaumeier. Was ist das für ein Aufdruck auf Ihrem T-Shirt?«
    »Der Name einer Band«, antwortete Virgil. »Appleseed Cast.«
    »Nie gehört. Sicher eine Schlaumeier-Band.«
    »Ja, stimmt«, bestätigte Virgil. »Danke für den Durchsuchungsbefehl. Wir werden Ihnen alle Ehre machen.«
    »Diese Wendy ist ein tolles Mädel«, sagte der Richter. »Hoffentlich war sie es nicht.«
     
    Den Durchsuchungsbefehl in der Hand hatten sie keine Eile mehr, zu Ashbach zu fahren. Außerdem wollte Sanders korrekt vorgehen.
    »Wir werden Windrow sowieso nicht in allerletzter Sekunde retten«, sagte Sanders. »Wenn sie ihn sich schnappen wollten, ist er bereits tot.«
    »Wenn er nicht tot ist, sondern stockbesoffen in einer Bar hockt, bringe ich ihn höchstpersönlich um«, versprach Virgil. »Trommeln Sie Ihre Leute zusammen, dann fordere ich ein Team von der Spurensicherung an. Das wird hierher eine Weile brauchen.«
     
    Sanders erhielt drei Polizisten aus Grand Rapids und fünf Deputies. Mit den Leuten vom Spurensicherungsteam waren sie zu zwölft plus Virgil. Auch der