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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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verlängert?«, fragte Lee Coakley mit einem Blick auf das Boot.
    »Ja. Und ich würde morgen noch mal rausfahren, wenn’s nicht minus zehn Grad hätte.«
    »Morgen ist ein Werktag«, stellte Lee Coakley fest.
    »Stimmt«, sagte Virgil, der sich nicht sicher war, ob sie das ironisch meinte. »Kommen Sie rein.«
     
    Sie hatte nichts gegen löslichen Kaffee aus der Mikrowelle, wollte ihn allerdings besonders stark.
    »Ich kann kaum noch die Augen offen halten vor Müdigkeit.«
    Virgil gab ihr den Kaffee und holte sich eine Cola light aus dem Kühlschrank. Er war ein wenig größer als sie, hatte widerspenstige blonde Locken bis über die Ohren und war so schlank, dass man ihn und Lee Coakley trotz ihrer roten Haare für Geschwister hätte halten können.
    »Was ist passiert?«, erkundigte er sich.
    Sie blickte sich mit müdem Blick im Haus um – halbwegs ordentlich, gemütlich eingerichtet –, strich sich seufzend eine Haarsträhne aus der Stirn, wandte sich ihm zu und antwortete: »Ich bin jetzt seit weniger als einem Monat Sheriff, und schon taucht das größte Problem auf, das wir hier je hatten. Wenn Ike Patras’ Vermutung stimmt. Er hat mir den Weg zu Ihnen beschrieben.«
    »Ike täuscht sich selten.« Virgil kannte Patras gut. »Ich hab gehört, dass sich in Ihrem Gefängnis ein Junge aufgehängt hat.«
    »Ja, das ist Teil des Problems.«
     
    Die Schwierigkeiten, erzählte sie, hätten am vergangenen Donnerstag mit einem augenscheinlichen Unfall am Silo in Battenberg begonnen. Der junge Robert Tripp, den seine Freunde Bob oder B. J. nannten, hätte die Polizei informiert, dass ein Farmer namens Flood beim Sturz auf ein Gitter das Bewusstsein verloren habe und von Sojabohnen verschüttet worden sei.
    »Wir haben die Leiche zu Ike gebracht, und der meint, dass es sich nicht um einen Unfall handelt. Seiner Ansicht nach war es Mord, weil Flood schon tot war, als er auf dem Gitter aufkam. Wahrscheinlich wurde er durch einen Schlag auf den Kopf mit einem Rohr oder einem Baseballschläger getötet. Der Tripp-Junge hatte gesagt, außer ihm und dem Farmer wäre niemand da gewesen, also …«
    »War’s mit ziemlicher Sicherheit er«, führte Virgil den Satz zu Ende.
    Sie nickte. »Andere Szenarien sind denkbar, aber nicht plausibel. Ich habe den Jungen mit einem Deputy befragt, ihn über seine Rechte aufgeklärt und ihn in die Enge getrieben, bis er weinte. Gestanden hat er nicht, aber viel fehlte nicht mehr. Ich kannte Bob seit seiner Geburt. Seine Eltern sind wirklich nette Leute, und er war ein anständiger Junge. Wir haben ihn ins Gefängnis gesteckt, sind mit einem Durchsuchungsbefehl zu ihm nach Hause und haben uns sein Zimmer und das Gebäude angesehen. Draußen in der Garage, unter einem Haufen ziemlich verstaubtem altem Zeug, haben wir einen sauberen Baseballschläger aus Aluminium gefunden. Sauberer, als er dort hätte sein dürfen – er roch nach Benzin. Im Abfall lagen Papiertücher, die ebenfalls nach Benzin rochen, mit Haaren dran …«
    »Da hatten Sie ihn«, bemerkte Virgil.
    »Ja. Er war’s. Aber wir haben keine Ahnung, warum er’s getan hat. Er wollte nur mit einem Zeitungsreporter reden, einem schwulen Journalisten. Ich weiß nicht, ob seine sexuelle Neigung wichtig ist. Bobby war ein toller Sportler und hatte vom nächsten Herbst an ein volles Stipendium für Marshall. Er hätte jedes Mädchen haben können, wurde jedoch nie mit einer Frau gesehen. Vielleicht war er diskret, vielleicht auch schüchtern.«
    »Oder schwul.«
    »Keine Ahnung«, sagte Lee Coakley. »Jedenfalls war es eine seltsame Bitte. Sein Vater meint, Bobby hätte keine besondere Beziehung zu dem Reporter gehabt, der ihn ein paarmal für die Zeitung interviewt hatte. Doch irgendeine Beziehung muss es gegeben haben. Bobby hat mir gesagt, dass er, abgesehen von seiner Familie, mit der er nicht über die Sache reden wollte, nur dem Journalisten vertraute.«
    »Interessant«, sagte Virgil.
    »Ich wollte das arrangieren. Aber früh am nächsten Morgen bekam ich einen Anruf vom Gefängnis, dass er sich aufgehängt hatte.«
    »Hat in der Nacht niemand nach ihm gesehen?«, erkundigte sich Virgil.
    »Doch, der diensthabende Deputy. Jim, Jimmy Crocker. Er sagt, um fünf Uhr früh war noch alles in Ordnung gewesen mit Bobby, und um sechs hätte er ihn tot aufgefunden.« Lee Coakley stellte ihre Kaffeetasse hin und wandte den Blick ab. »Ich bin sofort hingefahren. Crocker hat ihn nicht angerührt; es lag auf der Hand, dass Bobby schon

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