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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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vorausfahren wollen, ich folge Ihnen in einer halben Stunde oder so.«
    »Warum nennen alle Sie ›den verdammten Flowers‹?«, fragte sie, lehnte sich an die Küchentheke und legte die Beine übereinander. Virgil fiel auf, dass ihre Cowboystiefel hübsche türkisfarbene Verzierungen hatten.
    »So genau weiß ich das nicht«, antwortete Virgil. »Anfangs hat es mir nichts ausgemacht, aber später hat es mich genervt. Inzwischen ignorier ich’s.«
    Sie neigte den Kopf leicht zur Seite. »Das hat also nichts mit Ihrem Liebesleben zu tun?«
    »Gütiger Himmel, nein«, antwortete Virgil und schenkte ihr sein drittbestes unschuldiges Cowboygrinsen. »Ich bin der klassische Single. Warum, begreife ich zwar nicht, aber …«
    Da sah er, dass ihre hellen Augen unterschiedliche Farben hatten: eines blau, das andere grün. Sie machte das grüne zu und schielte ihn an. »Als ausgebildete Ermittlerin merke ich, dass Sie mich verarschen.«
    »Hey …«, sagte Virgil und fügte in ernstem Tonfall hinzu: »Crocker ahnt möglicherweise nicht, dass das Blut von dem Jungen an seiner Hose ist. Wenn wir schnell sind, kriegen wir sie noch, bevor er sie zur Reinigung bringt. Besorgen Sie mir einen Durchsuchungsbefehl? Den würde ich dann bei Ihnen abholen. Und ich bräuchte zwei Deputies. Sie selber sollten sich aus der Angelegenheit raushalten.«
    »Mach ich«, versprach sie und wusch ihre Tasse in der Spüle ab. »Ich habe einen Richter, der den Mund halten kann.«
    »Das ist immer gut«, sagte Virgil, der merkte, wie die Tasse in ihrer Hand zitterte. »Wenn Sie müde sind … Ich meine, die Straßen hier sind nicht sonderlich gut. Sie könnten sich ein oder zwei Stunden auf mein Sofa legen.«
    Sie streckte sich gähnend. »Danke, aber ich muss los. Wir sehen uns in Homestead. Kommen Sie so schnell wie möglich nach.«

DREI
    Tiefer Schnee, schon Anfang Dezember.
    Die Leute in Minnesota behaupteten, das sei nur gerecht nach den warmen Wintern zuvor. Was sie genau unter warmen Wintern verstanden, erklärten sie nicht, aber irgendwann hatte es im Januar mal fünf Grad plus gegeben. War bestimmt fünf Jahre her, und seitdem hatten sie sich immer den Arsch abgefroren.
    Jedenfalls war es kalt, und es lag Schnee.
     
    Da Virgil erwartete, eine Weile in Homestead bleiben zu müssen, packte er seine Winterausrüstung und legte sie mit einem Matchsack voller Winterklamotten hinten in seinen Truck. Der Nationale Wetterdienst sagte vorher, dass es nicht wärmer werden würde, was normalerweise bedeutete, dass es noch kälter wurde.
    Er trug einen Fleecepullover, Jeans und Gore-Tex-Wanderschuhe und warf seinen Parka und Skihandschuhe auf den Beifahrersitz. Eine Schrotflinte und eine Schachtel Patronen landeten hinten, eine 9-mm-Glock und zwei Reservemagazine in der Mittelkonsole. Nur zwei, weil er der Ansicht war, dass es, wenn man mehr als zweiundvierzig Schuss Munition brauchte, vernünftiger war, die Beine in die Hand zu nehmen.
    Er drehte die Heizung herunter und schaltete seinen neuen Anrufbeantworter ein. Wenn man den aktivierte und auf »9« drückte, sagte einem das Gerät die Temperatur im Haus. Falls also die Heizung ausfiel, hatte man eine Chance heimzufahren, bevor die Rohre platzten und es eine Überschwemmung gab.
    Virgil ging zu seiner Nachbarin Mrs. Wilson und teilte ihr mit, dass er ein paar Tage weg sein würde. »Falls Sie jemanden bei mir im Haus sehen sollten, erschießen Sie ihn einfach.«
    »Wird gemacht«, versprach sie. Sie war ungefähr hundert und zuverlässig. »Passen Sie auf sich auf, Virgil. Und lassen Sie die Finger von den Farmersfrauen.«
     
    Gegen Mittag lenkte er den Wagen die Auffahrt hinunter, stellte über Satellitenradio den Outlaw-Country-Sender ein – die Del-McCoury-Band mit »1952 Vincent Black Lightning« – und fuhr über den Highway 60 zum Highway 15 und zur I-90 nach Fairmont und von dort aus nach Westen in Richtung Homestead. Deutlich über hundertdreißig Kilometer, Schneehaufen zu beiden Seiten der Highways, aber nackter Asphalt unter den Rädern.
    Hier auf dem Land gab es nur Farmen: Mais und Sojabohnen und Mais und Sojabohnen und Mais und Sojabohnen, und dazwischen ein Verrückter, der, den Stoppeln nach zu urteilen, Weizen oder Hafer gepflanzt hatte. Schwarze Bäume und Unterholz, weißer Schnee und Häuser und rote Scheunen, hin und wieder braune Stellen, wo der Wind den Schnee weggefegt hatte, quadratische Felder bis zum Horizont, dazwischen aus Kaminen aufsteigender Rauch.
    Und ein

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