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Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat

Titel: Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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packte den Griff und drückte ihn mit aller Kraft nach oben, weil er Widerstand erwartete. Doch die Tür schwang ganz leicht auf, und die Sojabohnen ergossen sich von der Ladefläche.
    Überrascht sprang Flood zum Rand des Gitters zurück und wandte sich dem Jungen zu. »Was zum Teufel …«
    Aber der Junge stand jetzt hinter Flood, mit dem Baseballschläger in der Hand. Flood sah den Schlag nicht kommen.
     
    Der Schläger traf den Hinterkopf des Farmers, und Flood ging zu Boden wie ein Sack Zement.
    »Du Wichser«, zischte Tripp und spuckte auf ihn. »Du perverses Schwein …«
    Dann sah er sich rasch um: niemand da. Er ging hinaus, schaute den Highway hinunter. Niemand. Als eine Taube zwischen den Dachsparren hervorflatterte, zuckte er zusammen, wich einen Schritt zurück und blickte erneut die Straße entlang.
    »Da ist niemand, nun mach dir mal nicht in die Hose«, versuchte Tripp, sich selbst zu beruhigen.
    Er ging zurück und beobachtete, wie sich die Sojabohnen aus dem Truck ergossen. Fast die Hälfte war durch.
    Tripp beugte sich über Flood, hob seinen Kopf an und schlug ihn gegen das Gitter, so fest er konnte. Er versuchte, genau die Stelle zu erwischen, auf der der Schläger aufgekommen war.
    Dann hob er den bewusstlosen, vielleicht sogar schon toten Flood an, drückte ihn mit dem Gesicht nach oben in die Sojabohnen und öffnete seinen Mund. Die Bohnen ergossen sich über den Farmer und füllten ihm Mund, Nase und Ohren. Sie sammelten sich in seinen Augen und Hemdtaschen und in der Kappe mit dem Aufdruck »Johannes 3,16«, rieselten in seinen Overall und in die Falten seiner Boxershorts.
    Tripp vergewisserte sich noch einmal, dass keine Trucks kamen, ging hinein, wusch den Schläger ab und schob ihn unter die Matte im Kofferraum seines Wagens. Im Büro trug er die Daten von Floods Besuch in eine Liste ein. Fünf Minuten vergingen.
    Er muss tot sein, dachte Tripp und sah sich den Mann auf dem Gitter an. Seine Augen waren offen. Tripp legte die Hand auf Floods Mund und hielt ihm mit der anderen die Nase zu. Keine Reaktion. Er war tot. Tripp hatte noch nicht viele Tote gesehen: seinen Großvater, aber der hatte in einem Sarg gelegen und wie eine Wachsfigur gewirkt. An die anderen Beerdigungen seiner Kindheit erinnerte er sich kaum noch.
    Tripp richtete sich auf. Dabei fiel sein Blick auf die Kappe, und er sagte laut: »3,16, von wegen.« Er kannte die Bibelstelle: »Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.«
    Er wusste, dass Flood nicht auf Erlösung hoffen durfte. Tripp bückte sich, packte den Farmer an den Füßen und zog ihn von dem Gitter herunter.
    Dann wählte er von dem alten Western-Electric-Wählscheibentelefon im Büro die Nummer der Polizei.
    »Hier spricht Bob Tripp. Schlimmer Unfall am Battenberg-Silo«, rief er in den Hörer. »Schicken Sie einen Krankenwagen. Oh, Mann, ich glaube, er ist tot …«
     
    Der folgende Samstag. Ende der Golfsaison.
    Lee Coakley sammelte zwölf Dollar ein, ihren höchsten Gewinn des Jahres. Sie gönnte sich ein letztes Sprite, warf einen Blick auf die graue Wolkenwand am westlichen Himmel und sagte zu den anderen: »Bis zum 1. April. Ich versuch, das Geld bis dahin zu verprassen.«
    »Lass die Finger von Victoria’s Secret«, riet ihr eine Mitspielerin.
    »Danke für den Tipp.« Grinsend und von unflätigen Kommentaren begleitet, trug sie ihr Golfbag zu ihrem Wagen und warf es ohne allzu großes Bedauern in den Kofferraum. Sie freute sich immer auf die Winterpause. Bei ihrem zweiwöchigen Florida-Urlaub blieben die Schläger zu Hause.
    Vom Fahrersitz aus öffnete sie die Mittelkonsole und warf einen Blick auf ihr Handy: zwei Anrufe, einer von Darrell Martin, ihrem Anwalt, der sie vermutlich über ihre Scheidung hinwegtrösten wollte – am liebsten im Holiday Inn in Rochester, damit seine Frau nichts davon erfuhr –, und einer von Ike Patras von der Gerichtsmedizin in Mankato. Er hatte sich vierzig Minuten zuvor gemeldet, etwa am achtzehnten Green.
    Hm, dachte Lee Coakley, er arbeitet am Samstag.
    Sie drückte auf den Schnellwahlknopf; eine Frau ging ran.
    »Lee Coakley, Warren County. Ike hat mich angerufen.«
    »Ja, Augenblick, Lee«, sagte die Frau. »Ich bin Martha. Ike ist hinten. Ich lege kurz den Hörer weg …«
    »Wieso arbeiten Sie am Samstag? Ist was passiert?«
    »Ich glaube schon«, antwortete Martha. »Ich hole Ike.«
    Oje, dachte

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