Virtuelle Küsse (German Edition)
auf.
33
- Horizont
Frank war wirklich ein vollendeter Gentleman. Ich hatte gleich gewusst dass der Jaguar auf
dem Parkplatz vor dem Venezia seiner war. Wir trafen uns vor dem Café, er küsste mir
formvollendet die Hand. Er war in echt viel älter als auf dem Foto, aber total sympathisch.
Könnte eher mein Vater sein als vielleicht mein zukünftiger Liebhaber, schmunzelte ich in
mich hinein. Er trug einen Anzug von Armani, das sah ich sofort. Ich müsste mich gut mit
ihm stellen und ihn bei Gelegenheit Annie vorstellen. Als Ersatz für Dave. Mit diesem Mann
hätte Annie ausgesorgt. Zumindest finanziell.
Allerdings sah er mir nicht so aus als ob er sich in seiner Freizeit intensiv mit Dildos
beschäftigen würde, geschweige denn in deren Handhabung eingeweiht war.
Ich stellte mir Annie und Frank beim Sex von hinten auf dem Hochsitz vor. Das ging gar
nicht! Annie würde sexuell gewaltig umdenken müssen. Oder ihn mit viel Gefühl von ihren
Fähigkeiten überzeugen. Mein Gott, war ich eine Intrigantin.
War er nicht hier um mich kennenzulernen?
"Du bist sehr schön" sagte er direkt nachdem wir uns gesetzt und Kaffee bestellt hatten, und
sah mich mit braunen Bassetaugen an. "Warum ist eine so schöne Frau allein?"
In der Falle. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
Die Kellnerin brachte den Kaffee. Heute war es mir egal, wer von meinen Nachbarn noch im
Venezia saß und mich vielleicht beobachtete. Sollte ich Frank etwas vorlügen? Ich spürte,
dass er hochintelligent, freundlich und aufgeschlossen war, er hätte es nicht verdient wenn er
hier seine Zeit mit einer Lügnerin verschwendete.
"Der Mann den ich liebe ist vergeben" sagte ich ehrlich. "Ob glücklich, weiß ich nicht Ich
soll Geduld haben, ich soll warten. Er kann mir nicht wirklich sagen, auf was. Und ich treffe
mich mit anderen Männern um mir die Wartezeit zu verkürzen."
"Ich kann das verstehen, weil- mir geht es genauso. Nur eben andersherum. Ich war
einunddreißig Jahre verheiratet, das ist eine lange Zeit. Meine Frau ist bei einem Autounfall
ums Leben gekommen. Von einem Tag auf den anderen war nichts mehr so, wie es war. Ich
kann Dir nur raten, dem Mann, den Du liebst, die Wahrheit zu sagen. Das Leben ist zu kurz es
mit sinnlosen Aktivitäten zu verschwenden. Jede Minute mit einem geliebten Menschen ist
wie ein Geschenk. Das Schlimme ist, man weiß es erst wenn es vorbei ist, was man an einem
Menschen hatte."
Wir redeten zwei Stunden. Bei ihm musste ich mich nicht verstellen. Er war wie Ben, nur
dreißig Jahre älter.
"Du würdest meiner Freundin gefallen" sagte ich später. "Annie. Sie hat Dein Alter. Soll ich
euch miteinander bekannt machen?"
Auf dem Parkplatz gab er mir seine Telefonnummer.
"Wenn Du reden willst, ich bin für Dich da." "Danke. Frank?" Ich saß schon im Auto. "Wie
heißt Du mit Nachnamen?" "Angel" sagte er und warf meine Autotür zu.
Es wunderte mich nicht.
An den letzten freien Abenden beschäftigte ich mich mit meinem neuen Buch. Du liebe Güte,
das Niveau meines Lesestoffs hat sich aber auch gewaltig gewandelt, dachte ich. Von
Psychologie zur perfekten Liebhaberin. Nun ja, das ging hier wohl eher in Richtung
"Allgemeinbildung".
'Üben Sie die Techniken zuerst an einer Gurke' las ich gerade. 'Eine Banane ist dafür nicht
unbedingt geeignet. Gut waschen, sonst bekommen Sie von den Spritzmitteln einen pelzigen
Mund'.
Nein, das ging mir wirklich zu weit. Das wäre doch eher was für Annie!
Ich wusste dass ich bei Dominic intuitiv das Richtige tat, wenn wir miteinander schliefen.
Ich wollte daraus kein Programm machen.
Annie warf mich im Versand fast um vor lauter Freude, als wir uns am ersten Arbeitstag
wiedersahen. "Ich musste in der Notdienstapotheke eine Wundsalbe holen. Dave ist wirklich
zu doof. Das Thema Vibrator hat sich erledigt. Willst Du ihn haben?"
"Lieb von Dir." Ich lag fast am Boden vor lachen.
"Aber ich hab Dominic dann doch lieber live. Schau Deine Kette an mir. Ist die nicht süß?
Ich trage sie jetzt immer."
Dominic. Ich hatte außer der einen Mail an Sylvester nichts von ihm gehört.
Seit zwei Wochen nicht. War er mit Maya jetzt wieder so fest zusammen, dass er an mich gar
nicht mehr dachte?
Nach der Arbeit fuhr ich zur Post. Ich wollte Mary das Geld zurückschicken, und gab es als
Übergabebrief auf. In Stelton war die Hölle los. Alle waren unterwegs, um ihre
Weihnachtsgeschenke umzutauschen.
Vor dem Elektroladen stand Dominics Spider. Ich kannte sein Kennzeichen und ich war mir
sicher dass er
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