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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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sagte der dreadgelockte Berg mit einer Stimme, wie man sie von einem Berg erwartete. »Du bist im K-Tel-Raum ...«
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    »Wir könnten den Emulator abschalten«, schlug das aus Fernsehbildern bestehende Ding vor, dessen Stimme sich aus dem Wasserfallrauschen herausmodulierte.
    »Laß gut sein«, sagte der Dinosaurier. »Ich glaub nicht, daß das ein langes Gespräch wird.«
    »Dein Name«, sagte der Berg.
    Rydell zögerte.
    »Deine Sozialversicherung«, sagte der Dinosaurier.
    Es klang gelangweilt, und aus irgendeinem Grund dachte Rydell an seinen Vater, der sich dauernd darüber ausgelassen hatte, was das früher mal bedeutet hatte und was es jetzt bedeutete.
    »Name und Nummer«, sagte der Berg, »oder wir
    sind weg.«
    »Rydell, Stephen Berry«, und dann die Zahlenfolge.
    Er hatte die letzte Ziffer kaum ausgesprochen, als der Dinosaurier sagte: »Ein ehemaliger Polizist, wie ich sehe.«
    »Oh je«, sagte der Berg, der Rydell beständig an
    irgendwas erinnerte.
    »Na ja«, sagte der Dinosaurier, »ziemlich dauerhaft ehemalig, wie's aussieht. War danach bei IntenSecure angestellt.«
    »Ein Stachel«, sagte der Berg und hob eine Hand, um auf Rydell zu zeigen, nur daß es eine riesige, von Flechten überwachsene Hummerschere aus Granit war.
    Sie schien den halben Himmel auszufüllen, wie die Wand 431
    eines riesigen Raumschiffs. »Das spitze Ende des Keils?«
    »Viel spitzer geht's nicht mehr, wenn ihr mich fragt«, sagte das Fernsehgewitter. »Du scheinst die ungeteilte Aufmerksamkeit unseres guten Lowell gewonnen zu haben, Rydell. Und er wollte uns nicht mal deinen Namen sagen.«
    »Er kennt ihn nicht«, sagte Rydell.
    »Der kennt nicht mal den Unterschied zwischen
    seinem Arsch und 'nem Loch im Boden, har har«, sagte der Berg und ließ die Schere sinken. Seine Stimme war eine gesampelte Parodie von Rydells Stimme. Rydell versuchte, einen genaueren Blick auf seine Augen zu werfen; ein kurzes Aufleuchten stiller blauer Teiche und wedelnder Farne, ein braunes Nagetier, das davonhüpfte, bevor das Bild unscharf wurde. »Typen wie Lowell denken, wir brauchten sie mehr als sie uns.«
    »Sag, was du von uns willst, Stephen Berry«, sagte der Dinosaurier.
    »Da ist was passiert, oben im Benedict Canyon ...«
    »Jaja«, sagte der Dinosaurier, »du warst der Fahrer.
    Was hat das mit uns zu tun?«
    In diesem Moment dämmerte es Rydell, daß der
    Dinosaurier — oder sie alle — möglicherweise genau in diesem Augenblick alle Unterlagen sehen konnte, die es irgendwo über ihn gab. Er bekam ein komisches Gefühl.
    »Ihr schaut euch meine ganzen Sachen an«, sagte er.
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    »Und es ist nicht sehr interessant«, erwiderte der Dinosaurier. »Benedict Canyon?«
    »Ihr habt das gemacht«, sagte Rydell.
    Der Berg hob die Augenbrauen. Windgepeitschtes
    Buschwerk verschob sich, Felsen polterten herab. Aber nur ganz am Rand von Rydells Blickfeld. »Wenn mich jemand fragt, das waren nicht wir, wenn man's genau nimmt. Wir hätten einen eleganteren Weg gewählt.«
    »Aber warum habt ihr's getan?«
    »Insofern es jemand getan hat oder dafür gesorgt hat, daß es getan wurde«, sagte der Dinosaurier, »denke ich, du solltest den Mann der Lady ins Visier nehmen, der inzwischen Scheidungsklage eingereicht hat, wie ich sehe. Mit einer bombensicheren Begründung, wie es scheint.«
    »Hat er die Sache arrangiert? Das mit dem Gärtner und alles?«
    »Lowell ist uns ein paar gründliche Erklärungen
    schuldig, denke ich«, sagte der Berg.
    »Sie haben uns noch nicht gesagt, was Sie wollen, Mr. Rydell.« Das kam von dem Fernsehding.
    »Genau so was. Ich möchte, daß ihr so was erledigt.
    Für mich.«
    »Lowell«, sagte der Berg und schüttelte sein
    Dreadlock-Haupt. Schieferkaskaden am Rand von
    Rydells Blickfeld. Staub stieg an einem fernen Hang auf.
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    »Solche Sachen sind gefährlich«, sagte der Dinosaurier. »Und gefährliche Sachen sind sehr teuer.
    Du hast doch gar kein Geld, Rydell.«
    »Wie wär's, wenn Lowell euch dafür bezahlen
    würde?«
    »Lowell«, kam es von dem riesigen, leeren Gesicht, das sich mit Bildern verzerrte, »schuldet uns noch was.«
    »Okay«, sagte Rydell. »Ich verstehe. Und ich glaube, ich kenne jemand anderen, der euch vielleicht bezahlt.«
    Er wußte nicht mal genau, ob das Unsinn war oder nicht.
    »Aber ihr müßt mir zuhören. Hört euch meine
    Geschichte an.«
    »Nein«, sagte der Berg, und Rydell fiel ein, wem das Ding seiner Meinung nach ähnlich sehen sollte: dem Burschen, den man manchmal in den

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