Virtuelles Licht
in der Küche und flüsterten miteinander.
Sie beobachtete eine Fliege, die um den Krimskrams auf Mrs. Subletts Borden herumsummte. Die Fliege wirkte träge, als wäre die Klimaanlage vielleicht zuviel für sie.
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Sie fragte sich, ob sie dabei war, sich in Rydell zu verknallen. Vielleicht lag es nur daran, daß er sich geduscht und rasiert und frische Klamotten aus seinem dämlichen Koffer angezogen hatte. Es waren genau die gleichen wie die, die er vorher angehabt hatte. Vielleicht trug er nie was anderes. Aber sie mußte zugeben, daß er in diesen Jeans einen süßen Hintern hatte. Subletts Mutter sagte, er sähe wie ein junger Tommy Lee Jones aus. Wer war Tommy Lee Jones? Oder vielleicht lag es daran, daß sie irgendwie das Gefühl hatte, er würde Lowell eine reinwürgen. Sie hatte geglaubt, sie wäre immer noch in Lowell verliebt, jedenfalls ein bißchen, aber jetzt glaubte sie das nicht mehr, ganz und gar nicht.
Wenn Lowell bloß nicht angefangen hätte, Dancer zu nehmen. Sie dachte daran, was aus diesem Loveless geworden war, als sie ihm das ganze Dancer in seine Cola geschüttet hatte. Sie hatte Rydell gefragt, ob es genug gewesen sei, um ihn umzubringen, und Rydell hatte das verneint. Er hatte gesagt, es würde reichen, um ihn eine Zeitlang total ausflippen zu lassen, und wenn er wieder zu sich käme, würde es ihm gar nicht gut gehen.
Dann hatte sie Rydell gefragt, warum Loveless das getan hatte, warum er sich mit seiner Knarre so in die Eier gehauen hatte. Rydell hatte sich am Kopf gekratzt und gesagt, er sei nicht sicher, er denke jedoch, es hätte was damit zu tun, wie das Zeug aufs Nervensystem wirke. Er sagte, er habe beispielsweise gehört, daß man davon Priapismus bekäme. Sie fragte ihn, was das sei. Nun, 421
hatte er erklärt, das ist, wenn der Mann — wie soll ich sagen — überstimuliert ist. Damit wußte sie nichts anzufangen, aber Lowell hatte davon immer so einen total steinharten Hammer gekriegt, der überhaupt nicht mehr weggehen wollte. Und das wäre ja auch ganz prima oder jedenfalls okay gewesen, wenn er dabei nicht gleichzeitig so gemein geworden wäre, daß sie am Schluß mit blauen Flecken übersät war, und sie dann vor diesen Typen wie Codes runtergemacht hätte, mit denen er andauernd rumhing. Wie auch immer, sie würde keine Zeit damit verschwenden, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was Rydell mit Lowell im Schilde führte, kam gar nicht in Frage. Sie machte sich jedoch Sorgen um Skinner; sie hätte gern gewußt, ob es ihm gut ging, ob sich jemand um ihn kümmerte. Sie hatte irgendwie Angst davor, Fontaine jetzt anzurufen; jedesmal, wenn Rydell telefonierte, befürchtete sie, daß der Anruf zurückverfolgt werden könnte oder so. Und der Gedanke an ihr Fahrrad machte sie traurig. Sie war sicher, daß jemand es sich mittlerweile geholt hatte. Sie gestand es sich nur ungern ein, aber das begann sie fast ebenso traurig zu machen wie die Tatsache, daß Sammy auf diese Weise umgebracht worden war. Und Rydell hatte gesagt, er glaube, Nigel sei möglicherweise auch erschossen worden.
»Und dann springt Gary Underwood durch dieses
Fenster«, sagte Subletts Mutter gerade, »und fällt auf 422
einen dieser Zäune, weißt du? Die mit den Spitzen oben drauf.«
»He, Mom«, sagte Sublett, »hör auf, Chevette
vollzuquatschen.«
»Ich erzähl ihr doch nur von der Röhre«, verteidigte sich Mrs. Sublett unter ihrem Waschlappen heraus.
»1996«, sagte Sublett. »Also, Rydell und ich
brauchen sie mal eben.« Sublett winkte ihr, ihm in die Küche zu folgen.
»Ich glaub nicht, daß es eine sonderlich gute Idee ist, wenn sie rausgeht, Berry«, sagte er zu Rydell.
»Jedenfalls nicht tagsüber.«
Rydell saß an dem kleinen Plastiktisch, an dem sie gefrühstückt hatten. »Tja, du kannst nicht raus, Sublett, wegen deiner Apostasie. Und ich will da nicht allein drin sitzen — nicht, wenn mein Kopf in einem von diesen Visaphon-Dingern steckt. Seine Eltern könnten reinkommen. Er könnte lauschen.«
»Kannst du sie nicht einfach mit 'nem normalen
Telefon anrufen, Berry?« Sublett klang unglücklich.
»Nein«, antwortete Rydell, »kann ich nicht. Das
mögen sie nun mal nicht. Er sagt, wenn ich sie über so 'n Visaphonteil anrufe, werden sie wenigstens mit mir sprechen.«
»Wo liegt das Problem?« fragte Chevette.
»Sublett hat hier 'nen Freund, der ein Visaphon hat.«
»Ja, Buddy«, sagte Sublett. »Aber dieses VR,
Visaphone und solches Zeug, das ist von der Kirche
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