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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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In-and-Out-Burger-Laden
    vorbei, und sie erinnerte sich daran, wie dieser Junge namens Franklin, den sie in Oregon gekannt hatte, mit einer Schrotflinte zu einem dieser Läden gegangen war und das B und das R herausgeschossen hatte, so daß dort nur noch in-and-out urge stand*. Sie hatte Lowell davon erzählt, aber der hatte es nicht komisch gefunden.
    Jetzt dachte sie daran, was sie Rydell alles über Lowell erzählt hatte — Lowell würde wie eine Rakete hochgehen, wenn er es jemals erfuhr —, und Rydell war praktisch ein Cop. Aber es beunruhigte sie, wie Lowell sich verhalten hatte. Sonst tat er immer so cool und 354
    protzte mit seinen Connections und allem rum, und sie erzählt ihm, daß sie in Schwierigkeiten sei, daß jemand gerade Sammy Sal erschossen habe und daß sie garantiert hinter ihr her seien — und Codes und er sitzen einfach da und werfen einander solche Blicke zu, als ob ihnen die Geschichte von Minute zu Minute weniger gefiele, und dann kommt dieses große Arschloch von einem Cop im Regenmantel rein, und sie sind kurz davor, sich in die Hosen zu scheißen.
    Geschah ihr recht. Kein einziger ihrer Freunde hatte Lowell sonderlich gemocht, und Skinner hatte ihn auf Anhieb gehaßt. Er hatte gesagt, Lowell habe seinen Kopf so tief im eigenen Arsch stecken, daß er genauso gut gleich ganz hinterherkriechen und von der Bildfläche verschwinden könne. Aber sie hatte einfach noch nie einen richtigen Freund gehabt, jedenfalls nicht so, und er war am Anfang so nett zu ihr gewesen. Wenn er bloß nicht angefangen hätte, Dancer einzuwerfen, weil dieses Zeug das Arschloch in ihm rasant zum Vorschein brachte, und dann konnte Codes, der sie noch nie hatte leiden können, ihn dazu bringen, sich darüber auszulassen, daß sie ja bloß ein Landei wäre. Scheiß drauf!
     
    * In-and-Out Burgers sind Hamburger-Restaurants
    mit Mitnahmeservice; In-and-Out Urge heißt soviel wie
    ›reinstopfen und gleich wieder auskotzen müssen‹. —
    Anm. d. Übers.
    355
     
    »Hör mal«, sagte sie, »wenn ich nicht bald was zu essen kriege, geh ich ein.«
    Und Mrs. Elliott begann, ein großes Gewese zu
    machen, daß Rydell sofort anhalten und Chevette was holen sollte, und wie leid es ihr täte, daß sie nicht dran gedacht hatte, sie zu fragen, ob sie schon gefrühstückt hätten.
    »Naja«, Rydell schaute stirnrunzelnd in den
    Rückspiegel, »ich würde wirklich gern vor dem ... äh ...
    Mittagsverkehr hier wegkommen ...«
    »Oh«, sagte Mrs. Elliott. Dann leuchtete ihr Gesicht auf. »Chevette, meine Liebe, wenn Sie mal nach hinten gehen, dann finden Sie dort einen Kühlschrank. Ich bin sicher, daß die Leute von der Autovermietung da einen Korb mit Snacks reingestellt haben. Das tun sie fast immer.«
    Das klang gut, fand Chevette. Sie löste ihren Gurt und zwängte sich zwischen ihrem und dem Sitz von Mrs.
    Elliott hindurch nach hinten. Dort war eine kleine Tür, und als sie eintrat, ging das Licht an. »He«, rief sie, »das ist ja 'n richtiges kleines Haus hier hinten ...«
    »Steht ganz zu Ihrer Verfügung!« sagte Mrs. Elliott.
    Das Licht blieb an, als sie die Tür hinter sich
    zumachte. Sie hatte noch nie so ein Ding von innen gesehen, und ihr erster Gedanke war, daß hier fast genausoviel Platz war wie in Skinners Bude, nur daß es zehnmal so komfortabel war. Alles war grau, grauer 356
    Teppichboden, graues Plastik und graues Kunstleder.
    Und der Kühlschrank war eins von diesen in eine
    Küchenzeile eingebauten putzigen kleinen Dingern, wie sich herausstellte, und der Korb war drin, in Plastik verpackt und mit einem Band verschnürt. Sie machte das Plastik ab und fand etwas Wein, kleine Käseportionen, einen Apfel, eine Birne, Cracker und ein paar Schokoriegel. Im Kühlschrank waren auch Cola und ein paar Flaschen Wasser. Sie setzte sich aufs Bett, aß den Käse, einen Haufen Cracker und einen in Frankreich hergestellten Schokoriegel und trank eine Flasche Wasser. Dann probierte sie den Fernseher aus, der dreiundzwanzig Kanäle über Satellit empfing.
    Als sie fertig war, warf sie die leere Flasche und den sonstigen Abfall in einen kleinen Mülleimer, der in die Wand eingebaut war, schaltete den Fernseher aus, zog sich die Schuhe aus und legte sich hin.
    Es war seltsam, sich in einem kleinen Raum auf dem Bett auszustrecken, der sich bewegte, ohne daß sie wußte, wohin, und sie fragte sich, wo sie morgen sein würde.
    Kurz bevor sie einschlief, fiel ihr ein, daß sie immer noch Codes' Tüte mit Dancer in der Hose

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